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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 04.09.2018

Abwechslungsreich

Der Untertan
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Manns Epochenroman um Diederich Heßling dürfte sich genug Bekanntheit erfreuen, als dass es nicht allzu notwendig ist, auf den Inhalt einzugehen. Zweifellos ist es ein bemerkenswertes Werk, das einem passagenweise ...

Manns Epochenroman um Diederich Heßling dürfte sich genug Bekanntheit erfreuen, als dass es nicht allzu notwendig ist, auf den Inhalt einzugehen. Zweifellos ist es ein bemerkenswertes Werk, das einem passagenweise einiges abverlangt.

Hier wurde "Der Untertan" von Heinz Drache, Helga Zeckra, Guste Daimchen und weiteren Sprechern vertont. Einerseits sorgt dies für reichlich Abwechslung, andererseits empfand ich es gerade anfangs als verwirrend. Während der 350 Minuten Laufzeit musste ich regelmäßig Pausen einlegen, da das Zuhören durchaus anstrengend wird. Dies liegt allerdings sicherlich zu großen Teilen an dem vertonten Werk selber, sodass ich dieses Hörbuch jedem, der die Erzählung abwechslungsreich vorgetragen bekommen möchte, empfehlen kann.

Veröffentlicht am 20.08.2018

Wichtiges Thema!

Die Geschichte des Wassers
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In diesem Werk werden zwei unterschiedliche Erzählungen miteinander verwoben. Die eine Handlung spielt sich in Norwegen im Jahr 2017 ab, als die beinahe 70jährige Signe versucht – Umweltaktivistin, die ...

In diesem Werk werden zwei unterschiedliche Erzählungen miteinander verwoben. Die eine Handlung spielt sich in Norwegen im Jahr 2017 ab, als die beinahe 70jährige Signe versucht – Umweltaktivistin, die sie ist – versucht, das Klima zu retten. Kurz zuvor ist sie in ihre Heimat zurückgekehrt und musste erschrocken feststellen, dass ein nahe gelegener Gletscher abgebaut wird um das Eis für perfekte Cocktails feiner reicher Leute zu verkaufen.
Der zweite Handlungsstrang beschäftigt sich mit David und seiner Tochter Lou, die sich beide auf der Flucht befinden. Denn ihr Zuhause in Südfrankreich ist im Jahre 2041 nicht mehr bewohnbar – jahrelang fiel kein Regen mehr; es herrscht große Wassernot. Ihre restliche Familie haben sie während ihrer Flucht verloren und hoffen, sie bald wiederzufinden.

Die beiden Geschichten werden mit kurzer und prägnanter Sprache erzählt und wechseln sich ab. Manchmal waren diese Wechsel es für mich etwas schwierig, da ich mich gerade in den anderen Erzählstrang eingelesen hatte. Allerdings verleiht diese Verknüpfung an mancher Stelle auch Spannung. Leider konnte ich mit den Charakteren nur schwer warm werden, was meinen Lesefluss stark beeinflusst hat. Sehr gut haben mir auf der anderen Seite jedoch die Beschreibungen der Umweltkatastrophen gefallen: Welche verheerenden Auswirkungen kann unser Konsumverhalten haben? Gerade bei der in der Zukunft spielenden Geschichte, ist die Tragik der Familie stets spürbar und rüttelt einen wach. Außerdem wird sehr einleuchtend wie auch alarmierend beschrieben, wie der Wassermangel zu Kriegen und weiteren Katastrophen führt.

Alles in allem kann ich dieses Buch weiterempfehlen. Manchmal hat mir etwas Spannung gefehlt und die Charaktere konnten nicht alle meine Sympathie gewinnen, doch halte ich die Botschaft des Buches für außerordentlich wichtig und ich denke, dass sich ein jeder mit den Auswirkungen unseres Verhaltens auf die Umwelt auseinandersetzen sollte. Da es sich bei „Die Geschichte des Wassers“ um den zweiten Teil des „Klima-Quartetts“ handelt, bin ich gespannt auf die anderen Bücher, die ich sicherlich noch lesen werde.

Veröffentlicht am 14.08.2018

Nicht zu unterschätzen!

Terror
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Grob dürfte mittlerweile ein jeder die Handlung kennen, da das Theaterstück viel diskutiert worden ist: Als ein Terrorist ein Flugzeug der Lufthansa kapert und die Piloten zwingt, auf die menschengefüllte ...

Grob dürfte mittlerweile ein jeder die Handlung kennen, da das Theaterstück viel diskutiert worden ist: Als ein Terrorist ein Flugzeug der Lufthansa kapert und die Piloten zwingt, auf die menschengefüllte Allianz-Arena in München zuzusteuern, stellt sich die Frage, ob und wenn ja, wie man eingreifen darf oder sogar muss. Gegen den Befehl seiner Vorgesetzten schießt ein Kampfpilot der Luftwaffe - Lars Koch - das Flugzeug ab. Alle 164 Passagiere sterben, jedoch bleiben die 70.000 Besucher des Stadions am Leben. Dass von seinen Vorgesetzten kein Kommando erteilt wurde, hatte allerdings seine Gründe... Und so muss sich der Pilot vor Gericht verantworten - sowohl für seine Schuld als auch für seine Freisprechung gibt es zahlreiche Argumente und Regelungen. Ob er letztendlich verurteilt wird, liegt am Publikum, welches die Rolle der Schöffen einnimmt, oder am Leser.

Ich war sehr gespannt auf das Buch, da ich von dem Theaterstück nur gehört hatte und mir nun gerne ein eigenes Bild machen wollte. Tatsächlich lohnt es sich ausgesprochen, das Buch zu lesen - auch wenn man meint, die Dilemma-Situation ja bereits zu kennen. Die vielen Details, gesetzlichen Vorgaben und Alternativmöglichkeiten kann man unmöglich anders erfahren. Im Buch finden sich beide Enden - die Verurteilung und die Freisprechung -, während im Theaterstück das von der Mehrheit gewählte Ende aufgeführt wird. Sehr interessant finde ich hier, dass eine Internetseite betrieben wird, auf der man die weltweit gewählten Enden auf einer Karte sehen kann. So wird in Europa fast ausschließlich die Freisprechung und in asiatischen Ländern die Verurteilung gewählt.
Das Buch endet mit einer Rede von Schirachs zu Charlie Hepdo, die mich ebenfalls fesseln konnte. Generell hat der Autor mich mit diesem Werk wieder vollkommen in seinen Bann ziehen können. Das Buch hatte ich in kürzester Zeit beendet ohne eine Pause eingelegt zu haben. Dabei ist es wahrlich keine leichte Kost: Kann man ein Leben gegen ein anderes aufwiegen? Sollte man nicht zunächst alle Möglichkeiten ausprobieren, bei denen niemand zu Tode kommt? Wie bindend ist das Gesetz und macht man die Menschen, über die man in solchen Situationen entscheidet nicht zum Objekt? Was ist mit ihrer, im Grundgesetz festgehaltenen, unantastbaren Würde?

In meinen Augen ist dies kein überschätztes Werk. Ganz im Gegenteil halte ich es für äußerst wichtig, es gelesen und sich mit dem Thema ausführlich befasst zu haben. Es vermittelt nicht nur eine Sensibilität für (politisches) Handeln in schwierigen (Terror-)Situationen, sondern zeigt auch auf, welche Grundsätze unseren Staat zusammenhalten. Auch macht es bewusst, wie fatal vorschnelle Beurteilungen offenscheinig simpler Situationen sind. Ich kann "Terror" nur weiterempfehlen!

Veröffentlicht am 04.08.2018

Famoser Humor!

Beim Morden bitte langsam vorgehen
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„Die Ehe ist ein Krieg. Ist es da nicht logisch, dass sie auch so endet wie alle Kriege? Einer stirbt!“
39 Jahre Ehe mit Horst – nun reicht es Irene. Als die Bibliothekarin auf die Vorhang-Bleibänder ihrer ...

„Die Ehe ist ein Krieg. Ist es da nicht logisch, dass sie auch so endet wie alle Kriege? Einer stirbt!“
39 Jahre Ehe mit Horst – nun reicht es Irene. Als die Bibliothekarin auf die Vorhang-Bleibänder ihrer Mutter stößt, kommt ihr eine geradezu revolutionäre Idee: Wie wäre es wohl, wenn sie endlich wieder die Kontrolle über die Fernbedienung erhielte, sich nicht mehr mit gefühlskalten Sticheleien rumschlagen oder mit ihren Büchern vor Horsts Musikleidenschaft in den Keller fliehen müsste? Als sie in einem alten Buch ein Rezept für giftigen Bleizucker entdeckt, ist ihr Interesse mehr als geweckt.
In einem Notizbuch ihrer Mutter dokumentiert sie akribisch ihre Experimente und erzählt von Erinnerungen aus der Zeit vor und während der Ehe. Von weniger aufmerksamen Geburtstagsgeschenken, den alltäglichen Sticheleien und was ihr in dieser Zeit des Umbruches noch ins Gedächtnis kommt.

Für mich absolut beeindruckend ist die unglaublich sympathische Protagonistin: Als Bibliothekarin liebt sie es, zu lesen, sie mag die Ruhe und pflanzt gerne eigenes Obst und Gemüse an. Sie träumt nicht nur von einem eigenen Gewächshaus sondern auch vom Leben auf dem Land.
Während der Lektüre ist mir Irene sehr ans Herz gewachsen und sie tat mir mit ihrem Ekelpaket von Mann wirklich leid. Sehr spannend war es auch, ihre Gedanken und vielen Fragen zu verfolgen: Wie werden ihre beiden erwachsenen Kinder damit umgehen, wenn der Vater verstorben sein sollte? Wird Irene auffliegen? Funktioniert ihre Methode überhaupt? Und wird sie ihren Plan durchsetzen oder fallen lassen?

Praktische Geburtstagsgeschenke (wie seniorengerechte Messer) oder Gefühlsausbrüche wie „Ich mag dich doch“ – wer kennt sie nicht? Horst scheint mit dem Fernsehsessel verwachsen zu sein, genauso wie mit der Fernbedienung. Von seinem früheren Aussehen ist auch nicht mehr viel geblieben, er ist geradezu konturenlos. Gefühlsduselei ist nichts für ihn, er hält sich eher an Fakten oder an das, was logisch ist. Außerdem verdrängt er Irene mitsamt ihren Büchern immer weiter aus dem gemeinsamen Haus (in den Keller). Mehr Wertschätzung geht ja kaum… Wer könnte mit Irene nicht mitfühlen oder keine Tränen lachen angesichts der köstlichen Beschreibungen?
Häufig sind letztere herrlich sarkastisch – Freunde des schwarzen Humors werden an diesem Werk ihre Freude haben. Die Kapitel werden durch Zitate eingeleitet – wie einer Definition der Ehe – welche beendet wird, wenn einer der Partner verstirbt; geradezu eine Aufforderung für Irene!

Für mich war dies ein Lesehighlight – innerhalb weniger Stunden hatte ich dieses bezaubernde Werk verschlungen und ins Herz geschlossen. Von mir gibt es daher eine ganz eindeutige Leseempfehlung – egal ob man selbst auch einen Horst Zuhause hat oder nicht! ?

Veröffentlicht am 14.06.2018

Konnte meine Erwatungen nicht erfüllen...

Tabu
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Als Sebastian von Eschburg noch ein Kind war, beging sein Vater Selbstmord. Von dem Moment als er seinen toten Vater auffand an, ist nichts mehr wie es war. Eschburg flüchtet sich zunehmend in die Kunst ...

Als Sebastian von Eschburg noch ein Kind war, beging sein Vater Selbstmord. Von dem Moment als er seinen toten Vater auffand an, ist nichts mehr wie es war. Eschburg flüchtet sich zunehmend in die Kunst - von einem Fotografen lernt er das Kunstwerk, er saugt geradzu alles Wissen auf, und macht sich selbstständig. In seinen Bildern versucht er, die Wirklichkeit abzubilden: Einsamkeit, die Jahre, die an Körpern nagen, Sex, Makel, Schönheit - unverblümt. Mit der Zeit macht sich der Künstler einen Ruf, seine Installationen schockieren und faszinieren gleichermaßen.
Doch dann wird er des Mordes an einer jungen Frau angeklagt. Alles wirkt bizzar, unzusammenhängend und undurchdringbar. Auch die Leiche der Frau ist spurlos verschwunden... Nichtsdestotrotz schreiten die Ermittlungen immer weiter voran und schon bald zeigen sich erste Anhaltspunkte.

Der Anfang der Erzählung vermochte mich sehr zu fesseln, da mir das Schicksal Sebastian von Eschburgs äußerst nahe ging. Schon alleine was er von seiner Mutter und deren neuen Freund erleiden musste, ist schlimm genug. Zudem haben mir die Beschreibungen seiner Tätigkeit als Anfänger im Bereich der Fotografie gefallen, da sein Herumexperimentieren mit verschiedenen Blenden, Belichtungszeiten und so weiter nicht nur ihn, sondern auch den Leser fasziniert. Allerdings war die Lösung des Falles sehr offensichtlich und für mich absolut keine Überraschung. Diese Vorhersehbarkeit sorgte auch dafür, dass mir Eschbach bereits recht schnell unsympathisch wurde und mein Mitgefühl schwand.

Insgesamt handelt es sich um ein interessantes Werk mit vielversprechendem Beginn, vorhersehbarem Ende und schönem Schreibstil. Da die Lösung des Falles allerdings wenig überzeugend war, vergebe ich 2,5 von 5 Sternen!