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Veröffentlicht am 13.09.2019

Im Krieg

Nachts ist unser Blut schwarz
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David Diops preisgekrönter Roman besitzt eine beeindruckende Sprache mit hoher Intensität, die auch aufgrund der gewählten Erzählform entsteht.
Der Autor thematisiert Ereignisse der französischen Armee ...

David Diops preisgekrönter Roman besitzt eine beeindruckende Sprache mit hoher Intensität, die auch aufgrund der gewählten Erzählform entsteht.
Der Autor thematisiert Ereignisse der französischen Armee aus dem ersten Weltkrieg, Frankreich setzt da Soldaten ein, die aus Senegal oder anderen kolonisierten Ländern stammen und die als Kanonenfutter verheizt wurde. Der Icherzähler ist so ein Soldat aus Senegal, der nicht mal französisch spricht und von den Kriegserlebnisse, in erster Linie durch den Tod seines Freundes und Waffenbruder, den er hautnah miterleben musste. Das treibt ihn selbst dazu, mit Grausamkeit gegen den Feind vorzugehen. Er verliert sich selbst und sogar nach dem Kriegseinsatz kann er nicht wieder zu sich finden.
Das Buch besitzt wegen der Umsetzung eine erschütternde Härte, die Sprache hat aber sogar etwas poetisches und zeigt, was Literatur vermag!

Veröffentlicht am 10.09.2019

Ein Dorf in der DDR

Kastanienjahre
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Der Roman deckt einen großen zeitlichen Abschnitt ab und stellt das Leben in Peleroich, einem Dorf in der DDR, in den Mittelpunkt. Es geht ab 1950 durch die Zeit der DDR bis zur Wende und Nachwendezeit. ...


Der Roman deckt einen großen zeitlichen Abschnitt ab und stellt das Leben in Peleroich, einem Dorf in der DDR, in den Mittelpunkt. Es geht ab 1950 durch die Zeit der DDR bis zur Wende und Nachwendezeit. Es wechselt zwischen Gegenwart und Vergangenheitspassagen und erzeugt damit verschiedene Blickwinkel auf das Geschehen.

Man erreicht leicht Zugang zu den Hauptfiguren Elise und Jakob, Karl und Christa sowie Friedrich. Eigentlich sind alle nicht ganz angepasst in der DDR, aber auch keine Widerständler. Sie fühlen sich dort zu Hause! Nur Friedrich engagiert sich und arbeitet heimlich als Fluchthelfer. Jakob stellt immer wieder Ausreiseanträge, die nicht bewilligt werden. Als Negativfigur wird der 100%zig überzeugte Sozialist, der Genosse und Bürgermeister Ludwig eingesetzt.

Dadurch, dass entscheidende Ereignisse sich hauptsächlich auf das eine Dorf beschränken und das noch über Jahrzehnte hinweg, wird es zu einem universalen Ort, der stellvertretend steht. Das ist geschickt gemacht.

Der Roman ist geschmeidig geschrieben. Anja Baumheier hat ihren eigenen Ton!

Veröffentlicht am 10.09.2019

emotional aufgeladen und mit sprachlicher Wucht

Viga-Ljot und Vigdis
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Die Frankfurter Buchmesse naht und Norwegen ist Partnerland. Dringend Zeit, etwas von der norwegischen Literaturnobelpreisträgerin Sigrid Undset zu lesen. Viga-Ljot und Vigdis, ein Frühwerk der Autorin ...

Die Frankfurter Buchmesse naht und Norwegen ist Partnerland. Dringend Zeit, etwas von der norwegischen Literaturnobelpreisträgerin Sigrid Undset zu lesen. Viga-Ljot und Vigdis, ein Frühwerk der Autorin und doch sprachlich sehr reif, ist eine gute Wahl.
Es ist die verunglückte Liebesgeschichte zwischen dem Isländer Viga-Ljot und der jungen Norwegerin Vigdis zu der Spätzeit der Wikinger.
Die Charakterisierung der Figuren ist außerordentlich. Obwohl Ljot barbarisch handelte, hat er eigentlich einen sensiblen Charakter und Vigdis ist eine starke Persönlichkeit, willensstark und entschlossen.
Ihr Leben verbringen sie getrennt, aber es gibt einen Sohn, der sie verbindet.
Es ist eine tragische, emotional aufgeladene Geschichte, von der man sich beim Lesen kaum losreißen kann.

Das Buch hat ein hohes Niveau und eine nur leicht verhaltene Wucht, die mich sehr beeindruckte.

Veröffentlicht am 09.09.2019

Ein Haus, 2 Autos, 1 Kind

Jesolo
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Der Roman Jesolo von Tanja Raich ist nominiert für das Shortlist-Debüt 2019 des Österreichischen Buchpreises. Der Roman erzählt von der schwierigen Beziehung eines Paares, die nach einem gemeinsamen Urlaub ...

Der Roman Jesolo von Tanja Raich ist nominiert für das Shortlist-Debüt 2019 des Österreichischen Buchpreises. Der Roman erzählt von der schwierigen Beziehung eines Paares, die nach einem gemeinsamen Urlaub in Jesolo in eine Krise geraten.
Andrea und Georg sind langjährig zusammen. Er möchte, dass sie zusammenziehen, sie beharrt auf ihrer Unabhängigkeit. Erst als sie Schwanger wird, fühlt sie sich gezwungen, die Konventionen zu erfüllen, begleitet von einem Gefühl der Ohnmacht.

Die Handlung wird konsequent aus der Sicht von Andrea erzählt, die sich von den Erwartungen wie erdrückt fühlt.

Sprachlich bleibt der Roman für mich zwiespältig. Die Sätze sind kurz, auf Dauer war dieser Stil nicht nach meinem Geschmack. Aber es gelingt ein Einblick in das Innenleben und den Emotionen einer Frau, die zwischen inneren Ansprüchen und äußeren Anforderungen resigniert.

Veröffentlicht am 08.09.2019

bleibt hinter den Erwartungen zurück

Bis ihr sie findet
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Eine weitere junge Autorin legt mit „Bis ihr sie findet“ ein Krimidebüt vor. Man hat das Gefühl, die Anzahl an Debüts steigt drastisch und von so einigen, die mit Beifall begleitet gestartet haben, verschwinden ...

Eine weitere junge Autorin legt mit „Bis ihr sie findet“ ein Krimidebüt vor. Man hat das Gefühl, die Anzahl an Debüts steigt drastisch und von so einigen, die mit Beifall begleitet gestartet haben, verschwinden wieder in der Versenkung.

Stilistisch wird konventionell erzählt.

Zur Handlung: Ein Kind findet eine 30 Jahre alte Leiche. Es sind die Überreste eines 14jährigen Mädchens namens Aurora, die damals verschwunden war. Es wird ermittelt.
Die Abschnitte wechseln dann zwischen dem Zeitpunkt der Ermittlungen und dem Ereignis vor 30 Jahren, als eine Gruppe Jugendliche campen waren. Connor, Jojo, Topaz, Coralie, Benners, Brett. Unter ihnen auch Aurora, die jüngste unter ihnen.
Ein junger Englischlehrer campte auch in der Nähe.

Stückchenweise erfährt man mehr davon, was damals vorgefallen war.
Eine bewährte Erzählmethode, die es schon oft gab. Kennt man auch aus creative-writing-Kursen. Nicht sehr originell, aber es funktioniert ein weiteres mal.

Was mir aber fehlte war, dass die Figuren mehr entwickelt werden. Durch die Verhöre erfährt man ein wenig über sie, über Aurora ganz gut in dem Rückblick-Passagen, aber viele Details über die emotionale Lage der Beteiligten gibt es anfangs nicht. Es bleibt das Gefühl, dass die damals Jugendlichen und auch der Inspektor mehr Potential gehabt hätten.