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Veröffentlicht am 16.07.2019

Autobiografie eines US-Politikers

Shortest Way Home
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Trotz des Titels ist Shortest way home von Pete Buttigieg auf Deutsch und es ist die Autobiografie des 37 Jahre jungen demokratischen Präsidentschaftskandidaten.
Eigentlich erstaunlich, dass ein so junger ...

Trotz des Titels ist Shortest way home von Pete Buttigieg auf Deutsch und es ist die Autobiografie des 37 Jahre jungen demokratischen Präsidentschaftskandidaten.
Eigentlich erstaunlich, dass ein so junger Politiker schon seine Autobiografie veröffentlicht, aber es ist natürlich ein geeignetes Mittel, sich den Wähler besser vorzustellen.
Das funktioniert auch, da Kindheit und Jugend sowie erste politische Erfolge als Bürgermeister auf persönliche Art dargestellt sind, die auch glaubhaft sind.
Der Untertitel des Buches lautet Meine Vision für die Zukunft Amerikas.
Diese Vision ist nicht genauer spezifiziert, er legt sich nicht fest, verweist mehr auf seine Erfahrungen als Soldat und Erfolge als Bürgermeister von South Bend in Indiana.
Ein politisches Sachbuch bekommt man nicht, aber die Innensichten eines repräsentativen US-Politikers sind interessant genug.

Veröffentlicht am 10.07.2019

Portrait der syrischen Gesellschaft

Die geheime Mission des Kardinals
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Ungewöhnlich für Rafik Schami, dass er den Plot seines Buches in Form eines Kriminalromans fasst. Es ist natürlich doch in erster Linie ein Roman über das Leben in Damaskus
Es ist 2010, eine Zeit in Syrien ...

Ungewöhnlich für Rafik Schami, dass er den Plot seines Buches in Form eines Kriminalromans fasst. Es ist natürlich doch in erster Linie ein Roman über das Leben in Damaskus
Es ist 2010, eine Zeit in Syrien vor dem Krieg.
Der 65jährige Kommissar Barudi übernimmt mit seinem Team den Mordfall an einen Kardinal. Barudi ist ein melancholischer, unangepasster Typ, der nie in die Partei der Machthaber eingetreten war und daher nie aufstieg, aber er ist damit zufrieden. Er mischt sich politisch nie ein, das würde bedeuten, entweder das Lied der herrschenden zu singen oder im Gefängnis zu verfaulen. So kann er wenigstens gute Polizeiarbeit leisten. Zu seinen engsten Mitarbeitern gehört Hauptmann Schukri, der ebenfalls eine Persönlichkeit ist. Weiter im Team sind Ali und Babil. Interessanterweise bekommen sie noch Verstärkung durch einen italienischen Commissario namens Mancini.

Ein Teil des Textes ist in Tagebuchform gehalten. Kommissar Barudis Tagebucheintragungen erlauben es, die Figur gut kennenzulernen.
Darin geht er mit seinen Erinnerungen sogar bis in die ärmliche Kindheit und an seine beruflichen Anfänge zurück, die erste unangenehme Berührungspunkte mit dem skrupellosen Geheimdienst beinhalten.

Der Rest des Textes ist in der dritten Person.

Rafik Schami lässt es sich nicht nehmen, Syriens Kultur und Lebensweise einfließen zu lassen. Dem Gewürzmarkt, der beim Lesen den Geruch von Koriander und Kardamon entwickelt. Der Geschmack der Nachtigallennester, ein Pistaziengebäck, das Leben der verschiedenen Religionen zueinander und die christliche Religion als Minderheit im Land, die ärmlichen Marktgassen, wo keine Touristen hinkommen usw.

Teilweise ist der Roman ganz schön verplaudert, aber Rafik Schami-Fans werden damit kein Problem haben.

Veröffentlicht am 07.07.2019

einfühlsam geschrieben

Find mich da, wo Liebe ist
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Romane, die in der Welt der Musik und der Instrumente angesiedelt sind, mag ich sehr.
Die Cellistin Grace, die aber nicht mehr spielt, ist eine sensible Persönlichkeit. Sie repariert und stimmt Instrumente ...

Romane, die in der Welt der Musik und der Instrumente angesiedelt sind, mag ich sehr.
Die Cellistin Grace, die aber nicht mehr spielt, ist eine sensible Persönlichkeit. Sie repariert und stimmt Instrumente und das mit einer besonderen Begabung.
Seit 8 Jahren hat sie eine Beziehung zu einem verheirateten Mann. David ist alles für sie, ihre große Liebe. Dabei gibt es für diese Beziehung keine Hoffnung und keine Perspektive. Als es endlich endet, ist das für Grace ein Einschnitt in ihrem Leben, es kann aber auch eine Chance sein.
Als Nebenfiguren sind ein alter schwuler Mann und ein Teenager da, die Grace unterstützen.
Gleichzeitig gilt es aber auch noch, die Vergangenheit aufzuarbeiten. Schließlich wird der wahre Grund klar,warum Grace ihre Karriere damals aufgeben musste.

Die englische Autorin Anstey Harris schreibt die Geschichte von Grace einfühlsam.

Von dem deutschen Titel „Find mich da, wo Liebe ist“ halte ich nichts, er widerspricht sogar der Message des Buches, neu anzufangen und für sich selbst einzustehen. Besser ist der englische Titel: The truths and triumphs of Grace Atherton

Veröffentlicht am 07.07.2019

Krimi aus dem Baskenland mit viel Atmosphäre

Die Stille des Todes
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Der Beginn einer spanischen Krimiserie mit Serienfigur Ayala, der Profiler, der in seiner Jugend Kraken genannt wurde und dieser Spitzname scheint jetzt wieder in Aktion zu treten, genau wie die Fortsetzung ...

Der Beginn einer spanischen Krimiserie mit Serienfigur Ayala, der Profiler, der in seiner Jugend Kraken genannt wurde und dieser Spitzname scheint jetzt wieder in Aktion zu treten, genau wie die Fortsetzung einer 20 Jahre andauernden bizarre Mordserie.
Der damalige Täter Tasio Ortiz de Zarate sitzt seit zwanzig Jahren im Gefängnis. Die neuen Morde stellen alles in Frage.

Kritisch muss man sich fragen, warum die Morde so grausam sind. Ich könnte auf solche Extreme verzichten. Es ist jedoch ein Krimi durch und durch. Der Spannungsbogen bleibt aber verhalten.

Wichtig ist die Persönlichkeit der Hauptfigur, Inspektor Unai Lopez de Ayala.
Er will alles tun, um die Morde zu stoppen. Von ihm zehrt der Roman.
Aber eigentlich mehr durch seine Gedanken und Gespräche, weniger durch die Ermittlungen, die eher lahm sind.

Angereichert wird der Plot um einen Handlungsstrang der Vergangenheit, um 1970, mit Dona Blanca, ihrem gewalttätigen Ehemann und dem Arzt, mit dem sie eine Affäre hat. Dieser Teil des Buches hat seine eigene Spannung und ist doch so elementar für den Hauptplot. Das ist sehr geschickt von der Autorin gemacht.

Prägend ist der Schauplatz Vitoria im Baskenland, eine alte Stadt mit historischen Gebäuden, zum Beispiel die gotische Kathedrale Santa María. Dort findet auch mal eine Prozession während einer Fiesta statt. Auch außerhalb der Stadt in den Bergen der Sierra geht es mal weiter. Die Autorin Eva García Sáenz wendet einen stark visuellen Schreibstil an.
Das verleiht dem Roman eine ganz starke Atmosphäre.
Das Finale ist auch sehr imponierend!

Mit dem Titel Das Ritual des Wassers wird Ende des Jahres der zweite Teil der Reihe erscheinen, 2020 dann der dritte Teil.

Veröffentlicht am 06.07.2019

Wechselbälger oder Psychose?

Kalte Wasser
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Kalte Wasser beginnt gleich spannend und bleibt es auch.
Man taucht in die Psyche einer Frau ein, die stark unter Anspannung steht. Lauren hat gerade Zwillinge bekommen und glaubt noch im Krankenhaus, ...

Kalte Wasser beginnt gleich spannend und bleibt es auch.
Man taucht in die Psyche einer Frau ein, die stark unter Anspannung steht. Lauren hat gerade Zwillinge bekommen und glaubt noch im Krankenhaus, dass eine Frau ihre Kinder tauschen will
Das ganze Buch hindurch wird die märchenhafte, mythologischen Idee des Wechselbalgs thematisiert.
Schließlich werden die Babys wirklich entführt, jedoch schnell wieder gefunden. Wer der oder die Täterin ist, bleibt unklar, obwohl eine junge Frau verhaftet wird.
Lauren wirkt labil, als Leser ist man sich nicht sicher, ob es an ihr oder den Ereignissen liegt.
Ihr Ehemann ist auch nicht gerade ein Sympathieträger.
Ein Trumpf des Buches ist die Polizistin Jo Harper, die in dem Fall ermittelt. Sie ist eigenwillig und macht auch weiter, als ihr Chef den Fall längst abgeschlossen hat. Sie ist aber auch kein einfacher Typ.
Der Roman entwickelt sich langsam und wird zu einem fast klassischen Psychothriller.
Melanie Golding ist eine neue Autorin, die auf den Spuren einer jungen Joy Fielding wandelt.