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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 05.09.2019

Vergangenheit, die nicht bewältigt werden kann

Schotter
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Der 1937 geborene Florjan Lipus ist ein auf slowenisch schreibender Österreicher.
Wenn man liest, dass der Autor als sechsjähriges Kind miterleben musste, wie seine Mutter verhaftet wurde, und dann ins ...

Der 1937 geborene Florjan Lipus ist ein auf slowenisch schreibender Österreicher.
Wenn man liest, dass der Autor als sechsjähriges Kind miterleben musste, wie seine Mutter verhaftet wurde, und dann ins Konzentrationslager Ravenbrück kam, wo sie ermordet wurde, kann man sich vorstellen, dass es ein bestimmtes Thema ist, das den Autor beschäftigt.
Aus seiner Geschichte Schotter wird deutlich, dass die Verarbeitung auch nach langer Zeit nicht abgeschlossen ist. Stattdessen herrscht Verdrängung vor.

Eine Gruppe aus einem Dorf besuchen das KZ, auf den Spuren ihrer lange Zeit toter Angehörigen. Auch das Zusammenleben von den Nachfahren der Opfer und Täter im Dorf, ist auch unbewältigt.
Florjan Lipus entwickelt ein ganz eigenen, schwebenden Ton. Auffällig auch, dass die Zeiten verschwimmen. Die Kinder, die das KZ wegen ihrer Großmutter besuchten, sind wenige Seiten später erwachsen, dann wieder werden die Gefangenen und ihr Schicksal wie gegenwärtig betrachtet.

Teilweise fehlen einen die Worte für dieses Buch. Sprachlich ist das Buch, das ohne Dialoge auskommt, nicht zu unterschätzen. Dank der Nominierung zum Österreichischen Buchpreis konnte ich den Autoren entdecken und habe das Gefühl, das ich weitere Bücher von ihm lesen muss.

Veröffentlicht am 04.09.2019

Norwegische Literatur vom Feinsten

Meine Gedanken stehen unter einem Baum und sehen in die Krone
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Die norwegische Literatur bekommt momentan zum Glück mehr Veröffentlichungen in Deutsch, da Norwegen dieses Jahr Partnerland bei der Frankfurter Buchmesse ist. Kjersti Annesdatter Skomsvold gehört klar ...

Die norwegische Literatur bekommt momentan zum Glück mehr Veröffentlichungen in Deutsch, da Norwegen dieses Jahr Partnerland bei der Frankfurter Buchmesse ist. Kjersti Annesdatter Skomsvold gehört klar zu den Autorinnen, denen man mehr Aufmerksamkeit wünscht und mit „Meine Gedanken stehen unter einem Baum und sehen in die Krone“ hat sie einen beachtenswerten aktuellen Roman. Das Buch ist kurz, aber dicht. Es sind Reflektionen einer Frau, die Schriftstellerin ist und gerade ihr zweites Kind bekommen hat. Es ist aber nicht so, dass das Buch in erster Linie eine Baby-Idylle zeichnet. Sie sieht auch ganz realistisch die negativen Seiten der Umgebung. Genauso wichtig sind auch Erinnerungen an die Vergangenheit, z.B. an ihren früheren Freund, der Alkoholiker war und Suizid beging.
Ihr jetziges Leben mit Bo und den Kindern kann man als glücklich bezeichnen. Und auch das wird literarisch verarbeitet.

Jetzt hoffe ich nur noch, dass die Autorin auch zur Frankfurter Buchmesse kommt!

Veröffentlicht am 04.09.2019

Happy Valley-Clique

Kenia Valley
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In Kenia Valley erzählt die britische Schriftstellerin Kat Gordon von authentischen Begebenheiten um die Happy Valley-Clique in Kenia in den zwanziger Jahren.

Der junge, unerfahrene 15jährige Theo kommt ...

In Kenia Valley erzählt die britische Schriftstellerin Kat Gordon von authentischen Begebenheiten um die Happy Valley-Clique in Kenia in den zwanziger Jahren.

Der junge, unerfahrene 15jährige Theo kommt aus Schottland mit seiner Familie nach Kenia und lernt Freddie und Sylvie kennen, die einen elitären, kolonisierten Lebensstilführen. Sie beeinflussen Theo stark und er taucht in ihre oberflächliche Welt ein.
Nach einigen Jahren hat sich aber viel geändert, auch die politische Stimmung von einigen politisch irregeführten. Ein Niedergang setzt ein, zum Verderben aller Beteiligten.

Meiner Meinung nach wird die Handlung mit der zweiten Hälfte, als Theo schon erwachsen ist, spannender und die Figuren gewinnen an Tiefe z.B. Maura, die engagierte Schwester.

Interessant, auch ganz gut geschrieben, aber fasziniert hat mich das Buch nicht.

Veröffentlicht am 04.09.2019

Ein unschlagbares Team: Poirot und Mrs.Oliver

Vier Frauen und ein Mord
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Hercule Poirot habe ich Miss Marple immer vorgezogen, weil er die witzigere Figur ist. Die Ironie besteht in seinem manchmal etwas lächerlich manirierten Auftreten und seiner Menschenkenntnis. Ich glaube, ...

Hercule Poirot habe ich Miss Marple immer vorgezogen, weil er die witzigere Figur ist. Die Ironie besteht in seinem manchmal etwas lächerlich manirierten Auftreten und seiner Menschenkenntnis. Ich glaube, dass die noch wichtiger ist als sein scharfer Verstand.
In diesem Buch bekommt Poirot am Anfang Besuch von einem alten Kommissar, der von der Unschuld eines zum Tode verurteilten Mannes ist, dafür aber keine beweise hat. So bezieht Kommissar Spence den berühmten Hercule Poirot mit ein. Eine originellere Art, Poirot persönlich zu motivieren.

In diesem Buch stört mich manchmal, dass einige Figuren zu sehr den englischen Klischee entsprechen, aber das ist auch ein Teil der Ironie von Agatha Christie. Ohne diese Ironie wäre das Buch nahe an Trivialliteratur.

Einfach ist der Fall nicht. Poirot spricht mit den Beteiligten, aber erst ein kleines Detail lässt ihn stutzen. Eine Flasche Tinte!

Clou des Buchres ist schließlich der Auftritt einer Mrs.Oliver, eine erfolgreiche Schriftstellerin und somit ein selbstironisches Selbstportrait der Autorin herself!

Da auch Kommissar Spence weiter mitwirkt, ist dieser Fall tatsächlich ausnahmsweise mal echte Teamarbeit.

Das Buch wurde 2 mal verfilmt. Ich empfehle die Langfolge aus der Fernsehserie Agatha Christie´s Poirot mit David Suchet als Hercule Poirot, da sie näher am Original ist.

Veröffentlicht am 04.09.2019

Klassiker der amerikanischen Literatur

Ein anderer Takt
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Hier hat der Verlag eine gute Arbeit abgeliefert, denn die Buchausgabe ist hervorragend aufgemacht, mit eindrucksvollem Cover, kenntnisreichen Vorwort über das Werk des fast vergessenen Autors sowie ein ...

Hier hat der Verlag eine gute Arbeit abgeliefert, denn die Buchausgabe ist hervorragend aufgemacht, mit eindrucksvollem Cover, kenntnisreichen Vorwort über das Werk des fast vergessenen Autors sowie ein Nachwort von der Tochter des Autors. Das ist eindrucksvoll, dafür hat mich der eigentliche Text lange Zeit zunächst nicht sehr überzeugt. Aufgrund des Autorenportraits und des Entstehungszeitraums (1962) lag die Vermutung nahe, dass der Roman in die Nähe von James Baldwin reicht. Dem ist aber nicht so, die Stile beider Autoren sind sehr unterschiedlich und bei James Baldwin brannte der Funke deutlich mehr.
Dennoch hat Ein anderer Takt (Originaltitel: A different drummer) einiges zu bieten. Das Buch hat eine außergewöhnliche Idee und ein paar stilistische Feinheiten. Am besten gefielen mir die Tagebucheintragungen im letzten Drittel des Romans, die den Zeitraum 1931 bis 1938 und sogar noch darüber hinaus abdecken und ein klares Bild der rassistischen Stimmung der Zeit zeigen. Auch die pessimistischen Schlußpassagen sind eindrucksvoll.