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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 04.07.2019

Beschreibungen voller Atmosphäre

Das Haus am Kanal
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Ein interessantes Buch des Maigret-Autors, ganz ohne Maigret und ohne direkte Krimielemente. Die psychologische Figurenführung ist im Vordergrund.
Nach dem Tod des Vaters muss die 16jährige Edmée von Brüssel ...

Ein interessantes Buch des Maigret-Autors, ganz ohne Maigret und ohne direkte Krimielemente. Die psychologische Figurenführung ist im Vordergrund.
Nach dem Tod des Vaters muss die 16jährige Edmée von Brüssel zur ihrer Tante und ihrer Familie ziehen. Es ist ein ländlicher Raum, die Menschen dort bäurisch geprägt. Das Stadtmädchen wirkt wie ein Fremdkörper in dieser Umgebung.
Zu ihren Verwandten hat sie kaum Bezug und sie will sich ihre Eigenschaften bewahren. Anstatt zu nähen und Hausarbeit interessiert sie sich für medizinische Bücher und hat den Wunsch Medizin zu studieren, was sich wohl kaum realisieren lässt.
Mit ihrer Tante kann sie sich nicht verständigen. Die spricht nur Flämisch und sie nur Französisch. Bezugspunkt werden daher ihre Cousins. Eine unterschwellige Anspannung und latente Bedrohung stehen im Raum.
Es gibt von Georges Simenon unglaublich starke Beschreibungen der Umgebung. Eine starke Atmosphäre entsteht.

Der Roman ist von 1933, hat aber nichts Altmodisches an sich. Der Text hat in seiner Gesamtheit Gültigkeit.
Ich persönlich bin bisher kein Simenon-Fan gewesen und war daher erstaunt, was für eine mächtige Wirkung das Buch auf mich hatte.

Veröffentlicht am 03.07.2019

stimmungsvolle Fotos

Elfie Semotan
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Elfie Semotan, die österreichische Fotografin (die auch in New York lebt) legt den Blick auf Details und zeigt in schwarzweißaufnahmen Ausschnitte aus einem großen Ganzen.

Die Fotografin war früher selbst ...

Elfie Semotan, die österreichische Fotografin (die auch in New York lebt) legt den Blick auf Details und zeigt in schwarzweißaufnahmen Ausschnitte aus einem großen Ganzen.

Die Fotografin war früher selbst Modell und weiß ihre Modells einzusetzen. Da sind zahlreiche eindrucksvolle und stimmungsvolle Fotos dabei und wieder dominiert der Blick auf Details.
Die Mimik der Modells ist teilweise außergewöhnlich. Streckenweise kommen Masken zum Einsatz.
Schließlich folgen auch auffällige Farbfotos. Dabei ist der Abschnitt Wanted motivisch etwas besonderes.
Erwartungen werden nicht erfüllt sondern gebrochen. Heraus kommt etwas überraschendes und das macht die Fotos zu großer Kunst.
Die Texte sind deutsch- und englischsprachig gehalten.
Auffällig die Lyrik von Rosa Pock, die an einer Stelle auftaucht.

Es gibt auch Fotos von Prominenten wie Benicio del Toro oder Willem Dafoe sowie Selbstportraits.

Ein reichhaltiges Buch, bei dem man aus dem Betrachten nicht einen Moment herauskommt, soviel gibt es zu bestaunen.

Veröffentlicht am 02.07.2019

Manchmal träumte er er könnte …

Armin Mueller-Stahl
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Was der bekannte Schauspieler Armin Müller-Stahl hier macht ist einerseits originell, beeindruckt aber auch durch eine Kontinuität. Die hier entstandenen Zeichnungen basieren auf eines seiner Gedichte ...

Was der bekannte Schauspieler Armin Müller-Stahl hier macht ist einerseits originell, beeindruckt aber auch durch eine Kontinuität. Die hier entstandenen Zeichnungen basieren auf eines seiner Gedichte von 1968, das er jetzt erweitert hat.
Man kann es textlich wie bildlich bewundern, am Besten natürlich in der Kombination.

Manchmal träumte er er könnte …
geht es los und zu jedem Satz des Gedichtes gibt es eine farbintensive Zeichnung, teils mit expressiven Einflüssen.

Vielleicht würde den Zeichnungen wenig Beachtung geschenkt, wenn es nicht von einem berühmten Schauspieler stammen würde, aber man muss anerkennen, dass Armin Müller-Stahl auch ein Risiko eingeht. Es ist zudem ein mutiges Gedicht als Plädoyer für Freiheit.

Veröffentlicht am 30.06.2019

Psycho-Thriller

Something in the Water – Im Sog des Verbrechens
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Mich überzeugt die Erzählform, beginnend im Prolog, bei der eine Frau in einer Berichtsform sich an den imaginären Zuhörer wendet.
Anschließend kommt der lange Rückblick, in der die Protagonistin Erin ...

Mich überzeugt die Erzählform, beginnend im Prolog, bei der eine Frau in einer Berichtsform sich an den imaginären Zuhörer wendet.
Anschließend kommt der lange Rückblick, in der die Protagonistin Erin von ihrem Leben und ihrem Mann Mark erzählt und wie es zu der prekären Situation kommt, die den Prolog bildete.

Mark hat eine harte Zeit seit er seinen Job verloren hat. Als Leser hat man aber auch den Verdacht, dass er nicht ganz ehrlich zu ihr ist.

Erin ist Dokumentarfilmerin und macht Interviews mit Leuten im Gefängnis.Das sind interessante Passagen, weil man das Leben und Schicksal der Gefangenen nachvollziehen kann.

Dann sind sie auf Hochzeitsreise in Bora Bora und es gibt ein paar schöne Passagen im Ozean, wo die beiden tauchen.
Bis dahin ist das Buch relativ un-Thrillermäßig, aber als sie eine Tasche mit viel Geld finden, die offenbar russischen Kriminellen gehört, ändert sich das.
In der zweiten Hälfte ist das Paar dann wieder in London.

Durch die Art des Erzählens im Präsens ist man nahe an der Figur dran und teilt den Stress und der Anspannung, der Erin ausgesetzt ist.
Als Hörbuch, mit zu Erin passender Stimme gelesen von Tanja Fornaro, funktioniert das verstärkt.

Veröffentlicht am 25.06.2019

Das Gegenteil von Noir

Weiße Fracht
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Der dritte Band der Reihe um Leander Lost ist sehr entspannt. Neben ein paar Morden ist es besonders die Gefühlslage Leanders zu Soraia Rosado, die im Vordergrund steht und die Frage, ob Leander nach ...

Der dritte Band der Reihe um Leander Lost ist sehr entspannt. Neben ein paar Morden ist es besonders die Gefühlslage Leanders zu Soraia Rosado, die im Vordergrund steht und die Frage, ob Leander nach Deutschland zurückkehren muss oder in Portugal bleiben kann.
Seine Kollegen Graciana Rosado und Carlos Esteves würden ihn gerne behalten.
Es kommen aber auch 2 Kollegen aus Hamburg, Manz und Mohrmann, die einen unangenehmen Gegenpart zu der Freundlichkeit der Portugiesen bilden. Zum Glück wirken sie nur relativ wenig mit.

Dann kommen schließlich doch noch viele actionreiche Passagen, die sich mit Drogenschmuggel (Kokain, die wei0e Fracht) und Morden auseinandersetzen und Krimifans zufriedenstellen dürfte.
Für mich waren nur die Leander-Szenen wichtig. Die Abschnitte mit Zara Pinto, um die sich Leander kümmert, sind ebenfalls gut gemacht, da sie sich die Frage stellen, was sie vom Leben erwarten. Doch dann wird Zara entführt.

Den Erzählton empfinde ich wieder als angenehm, es ist alles andere als Noir. Helligkeit und Hitze bestimmen die Atmosphäre.
Es würde mich nicht wundern, wenn ein weitere Teil der Reihe folgen wird.