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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 03.09.2019

Mit hoher Intensität erzählt

Tage in Weiß
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Tage in weiß ist kein Roman, wie man denken könnte. Es sind Schilderungen der Erfahrungen aus Fällen, die der Icherzähler als Hals-Nasen-Ohren-Arzt gemacht hat. Es sind größtenteils äußerst schwere Erkrankungen ...

Tage in weiß ist kein Roman, wie man denken könnte. Es sind Schilderungen der Erfahrungen aus Fällen, die der Icherzähler als Hals-Nasen-Ohren-Arzt gemacht hat. Es sind größtenteils äußerst schwere Erkrankungen und auch wenn der Arzt empathisch mitfühlt, ist das in der Dichte und Masse schwer zu ertragen. Man benötigt als Leser Nerven. Man kann sich aber den Schicksalen der Patienten nicht entziehen.
Vielleicht wäre das anders, wenn es mehr romanhaft verarbeitet worden wäre, aber das hätte dem Buch sicher auch die Intensität genommen.

Rainer Jund blendet auch nicht das Versagen von Ärzten aus. Das entzaubert die Götter in weiß.
Glaubhaft auch die Momente, in denen der Erzähler darunter leidet, den Leidenden nicht helfen zu können. Doch damit muss ein Arzt irgendwie umgehen.
Überraschenderweise lässt Rainer Jund sein Buch am Ende doch versöhnlich ausklingen.

Veröffentlicht am 03.09.2019

Witz und Selbstironie

Es wird Zeit
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Ildiko von Kürthy ist eine bekannte Autorin von Frauenromanen. Ihr neuer Roman Es wird Zeit hat aber auch ein ernstes Thema: die schwere Krebserkrankung einer Freundin.
Das wurde in der Leseprobe stark ...

Ildiko von Kürthy ist eine bekannte Autorin von Frauenromanen. Ihr neuer Roman Es wird Zeit hat aber auch ein ernstes Thema: die schwere Krebserkrankung einer Freundin.
Das wurde in der Leseprobe stark rausgestellt. Es gibt aber noch mehr Themen im Roman, z.B. der Tod der Mutter von Judith.Das wirft bei ihr eine Sinnfrage auf, aber auch der Zustand ihres Lebens mit ihrem Mann.

Ansonsten bleibt der bewährte (Chick-Lit)-Stil mit Witz und Selbstironie über eigene Unzulänglichkeiten und Unsicherheiten zu schreiben. Das empfand ich am Anfang als ziemlich amüsant, auf Dauer wirkt es aber auch ermüdend und das Buch ist vielleicht etwas zu lang. Die andauernde Selbstbetrachtung mündet irgendwie doch in ein Jammern einer Frau in einer Midlife-Krise. Zudem wird noch leicht konstruiert ein Vorfall aus der Vergangenheit aufgebauscht.
Es bleiben aber natürlich noch genügend gute Passagen. Insbesondere überzeugt es, wie die Protagonistin und ein weiterer Freund die an Krebs erkrankte Anne durch ihre Freundschaft unterstützen.
Der Roman ist insgesamt in Ordnung! Es bleibt aber ein Frauenroman, der aber für Fans dieses Genres ein Highlight sein dürfte.

Veröffentlicht am 30.08.2019

Nach der Zerstörung

Die Zerstörung
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Der Hamburger Kultursenator Carsten Brosda bezieht sich mit seinem Buch auf eins der auffälligsten Ereignise dieses Jahres, bei dem es um die Wirkung der sozialen Medien ging.
Dass sich rund um das Rezo-Video ...

Der Hamburger Kultursenator Carsten Brosda bezieht sich mit seinem Buch auf eins der auffälligsten Ereignise dieses Jahres, bei dem es um die Wirkung der sozialen Medien ging.
Dass sich rund um das Rezo-Video viel Wirbel bildete, mündet jetzt sogar in einem recht gewitzten politischen Sachbuch. Dabei betrachtet er den Zustand der Demokratie, die Wirkungen der Fridays-for-Future-Bewegung wie die fragwürdigen populistischen Angebote der Afd.

Zerstörung war ein zentrales Wort von Rezo und Carsten Brosda, setzt sich damit auseinander. Natürlich immer im Zusammenhang mit seiner Partei, der SPD. Denn auch sie gehören zu den Volksparteien die mit ihrer Zerstörung zu kämpfen haben. Die Reaktion darauf war von den Volksparteien mehr als kläglich.

Carsteb Brosdas Buch kann sicher das eine oder andere als Möglichkeit anbieten und letztlich ist das Buch in erster Linie mehr ein Essay als ein Sachbuch.
Es gibt einiges kluges, was gesagt wird und ich schätze die Wertehaltung, die Brosda ausstrahlt, dennoch bleibt man am Ende doch etwas ratlos, was man daraus machen soll.

Veröffentlicht am 28.08.2019

Sensible Trennungsgeschichte

Kintsugi
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Kintsugi ist ein gediegener Roman mit einigen bemerkenswerten Eigenschaften. Im Mittelpunkt steht ein schwules Paar, dass schon lange zusammen ist. Max und Reik, Sie bekommen Besuch von ihrem alten Freund ...

Kintsugi ist ein gediegener Roman mit einigen bemerkenswerten Eigenschaften. Im Mittelpunkt steht ein schwules Paar, dass schon lange zusammen ist. Max und Reik, Sie bekommen Besuch von ihrem alten Freund Tonio und dessen erwachsenen Tochter Pega. Gemeinsam verbringen sie ein Wochenende, nachdem sich de sie Beziehungen zueinander entscheidend ändern werden.

Die Dialoge werden gesondert herausgestellt und haben einige amüsante Stellen.

Kintsugi ist dieses Jahr nominiert auf der Longlist des deutschen Buchpreises, was vielleicht ein wenig übertrieben ist.

Es überzeugt zwar die sensible Erzählweise, doch es bleibt inhaltlich doch sehr verhalten. Dass das Buch nicht mehr will, als es letztlich bietet, ist Stärke und Schwäche zugleich.

Veröffentlicht am 27.08.2019

Innenwelten eines Fußballers

Nicht wie ihr
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Das Buch „Nicht wie ihr“ ist der Überraschungstitel auf der Longlist zum Deutschen Buchpreis 2019, da es die erste Veröffentlichung des Autors Tonio Schachinger ist, zudem noch bei einem kleinen Verlag.
Der ...

Das Buch „Nicht wie ihr“ ist der Überraschungstitel auf der Longlist zum Deutschen Buchpreis 2019, da es die erste Veröffentlichung des Autors Tonio Schachinger ist, zudem noch bei einem kleinen Verlag.
Der Roman ist ungewöhnlich, denn er gibt den Lesern einen Einblick in die Gedankenwelt eines erfolgreichen Fußballspielers. Dadurch wird das Buch auch sprachlich stark bestimmt.

Es ist teilweise unangenehm, Ivos Gedanken zu folgen. Er agiert und spricht überwiegend sehr prollmäßig. Fußball steht bei ihm an erster Stelle und er hatte auch Erfolge. Doch auch da gibt es Zweifel. Zwar wurde er schon als junger Spieler Champions League-Sieger, aber da war er überwiegend nur auf der Bank oder Tribüne, d.h. an dem großen Erfolg hat er relativ wenig beigetragen. Inzwischen ist er kein ganz so junger Spieler mehr und gelegentlich in der Kritik. Als österreichischer Nationalspieler, der jetzt offenbar in der Bundesliga spielt, sind weitere große sportliche Erfolge unwahrscheinlich. Das macht ihm durchaus zu schaffen, denn nur durch den Fußball definiert er sich.
Dann gibt es auch noch sein Problem mit den Frauen, den obwohl er verheiratet ist, gibt es auch noch eine starke Anziehung zu Mirna.

Der Roman hat seine nervigen wie amüsanten Momente, nicht zuletzt durch den Einsatz von Wiener Dialekt. Und obwohl mir Ivo als Charakter alles andere als sympathisch ist, bleibt man von ihm und den geschickt gemachten Text gefesselt.
Für ein realistisches Portrait des Profisports halte ich den Roman aber nicht, da es ganz verschiedene Spielertypen gibt, von bescheiden bis arrogant, von ehrgeizig bis anpassungsfähig, Einzelkämpfer und Teamplayer. Ivo ist letztlich nur ein Beispiel für einen Typ, der zum Glück nicht für alle steht.