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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 10.10.2018

Geboren als Trump

Mein Name ist Trump – Hinter den Kulissen von Amerikas First Family
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Donald Trump polarisiert, aber das ist auch der Grund, warum ich kein weiteres Anti-Trump-Buch brauche, das sich nur hähmisch ausdrückt. Wem nützt das schon? Also bin ich sehr froh über dieses relativ ...

Donald Trump polarisiert, aber das ist auch der Grund, warum ich kein weiteres Anti-Trump-Buch brauche, das sich nur hähmisch ausdrückt. Wem nützt das schon? Also bin ich sehr froh über dieses relativ sachliche, aber keineswegs trocken erzählte Buch über wichtige Abschnitte über Trump und seine Familie.
Es beginnt zielgerichtet nach Trumps Wahlerfolg, um dann kurze Zeit später auf die Wahlkampfzeit zu blicken und schließlich komplett die Familiengeschichte Trump zu zeigen, mit all den Scheidungsskandalen.
Man erfährt auch, wie die Kinder aufwachsen. Ivanka nimmt viel Raum ein. Auch ihre Geschwister werden zum Ende hin noch ausführlich vorgestellt.
Erstaunlich ist, dass Trump eigentlich nicht nur im Leben seiner Kinder häufig abwesend ist sondern auch hier im Buch.

Prägend für das Buch ist, dass die junge Autorin Emily Jane Fox keine Politexpertin ist sondern für Vanity Fair schreibt und dass sich ihr Wissen über Trumps Family auf viele Interviews stützt.
Mir kommt beim Lesen diese Kombination entgegen. Wer ein politisches Sachbuch sucht, dem fehlt hier sicherlich einiges. Für mich war das Buch 3,5 Sterne wert.

Veröffentlicht am 09.10.2018

Ein Stück deutsche Geschichte, gefasst in Literatur

Eifel-Trilogie / Die Stille im Dorf
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Momentan gibt es wieder vermehrt hochkarätige, lesenswerte Romane, die sich mit dem deutschen Alltag im zweiten Weltkrieg auseinandersetzen. Prominent zu nennen sind da Ralf Rothmanns letzte Bücher und ...

Momentan gibt es wieder vermehrt hochkarätige, lesenswerte Romane, die sich mit dem deutschen Alltag im zweiten Weltkrieg auseinandersetzen. Prominent zu nennen sind da Ralf Rothmanns letzte Bücher und Arno Geiger mit Unter der Drachenwand, der sogar für den deutschen Buchpreis nominiert war.
Karl Blaser stößt mit Die Stille im Dorf auch hinzu. Er wählt für die sein komplex angelegte Buch ein Eifeldorf bzw. zentral einen Bauernhof im Winter 1944/1945. Hier lebt der Bauer Johann Gross mit seiner Frau Anna und den schon erwachsenen Kindern Margarethe und Micha. Der Klappentext stellt Margarethe in den Vordergrund, aber tatsächlich wird die Handlung gut auf die Figuren verteilt. Während Margarethe ihren Verlobten an der Front verliert, kommt Micha verletzt und verzweifelt davon zurück.
Bei der Figurengestaltung gibt es immer wieder Augenblicke, in denen man ihnen nahekommt, dann entsteht auch wieder Distanz. Die Familie ist zeitgemäß konform zur Partei, sie sind Mitläufer. Eine mehr als ambivalente Figur ist Johann. Er ist als Ortsbauernführer ein hundertprozentiger und führt sowohl die Bauern als auch die eigene Familie mit eiserner Hand. Er beutet polnische Zwangsarbeiter aus, schreckt auch nicht vor Vergewaltigung zurück. Dann gibt es aber auch Momente, wo es eine Einsicht zu geben scheint. Er gibt z.B. seine Ideale sofort auf, als die Alliierten anrücken. Das Hin und Her ist wohl auch ganz realistisch, aber mir ging es da manchmal zu schnell.
Davon abgesehen, gelingt es Blaser hervorragend Stimmungen und besondere Momente zu verdeutlichen. Ich denke, a z.B. an die Szene, als der amerikanische Soldat die Kirche im Dorf stürmt, und die Statue der heiligen Appolonia köpft.
Karl Blaser erzählt die Familiengeschichte auch nach dem Krieg weiter. Da spielen zunächst Johanns Schwester Mathilde und ihre Familie eine große Rolle, ebenso wie Marie, die Verlobte von Micha. Bis Anfang der neunziger Jahre entwirft Blaser die Familiengeschichte.
Insgesamt bekommt der Leser einen guten und vor allen sehr glaubhaften Einblick in die Zeit und den Ort.

Karl Blaser, der selbst auf einem Bauernhof geboren wurde, schöpft aus Erzählungen z.B. von seiner Mutter und schuf daraus ein glaubwürdiges Stück Literatur um deutsche Geschichte.

Veröffentlicht am 09.10.2018

unterhaltsam, aber leicht überzogen

Auf falschen Fährten
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Auf falschen Fährten ist ein ganz guter Thriller, den ich gerne gelesen habe, auch wenn er nicht unbedingt neue Maßstäbe setzt. Ein mal mehr ist es die Jagd nach einem Serienkiller.
Das besondere ist die ...

Auf falschen Fährten ist ein ganz guter Thriller, den ich gerne gelesen habe, auch wenn er nicht unbedingt neue Maßstäbe setzt. Ein mal mehr ist es die Jagd nach einem Serienkiller.
Das besondere ist die Hauptfigur, aus dessen Sicht auch erzählt wird. Der introvertierte Professor Theo Cray ist Bioinformatiker, er hat stets einen wissenschaftlichen, unvoreingenommenen und kühlen Blick. Dazu kommt aber, dass er einen sanften Charakter hat. Dadurch entsteht ein Erzählton, der ein wenig anders ist.

Theo Cray gerät für kurze Zeit in Verdacht, eine junge Frau getötet zu haben, doch dann vermutet die Polizei doch, dass es ein Grizzley-Bär war. Sie erschießen sogar einen Bären. Doch Cray glaubt nicht daran und untersucht Blut/DNA des Opfer. Er findet auch eine Verbindung zu weiteren Opfern. Er glaubt an einen Serienkiller, der seit Jahrzehnten tötet, doch die Polizei und das FBI schätzen keine Einmischung von einem Amateur. So muss theo alleine weitermachen und es wird immer gefährlicher.
Ich schätze an dem Roman neben der außergewöhnlichen Hauptfigur, dass die Handlung nie langweilig wird. Trotz fehlender Glaubwürdigkeit ist es unterhaltend. Warum aber die Polizei und FBI so verbohrt und unfähig sein soll, leuchtet mir nicht ein. Ich meine, beim Lesen über ein paar Plotlöcher gestolpert zu sein, aber mich persönlich hat das nicht gestört. Kritischere Leser könnten die fehlende Logik jedoch bemängeln. Das Finale ist spektakulär, aber vollkommen überzogen.

Band 2 der The Naturalist-Reihe wird auch noch kommen und ich werde bei Gelegenheit die Serie weiterlesen.

Veröffentlicht am 07.10.2018

Prachtvolles Mittelalterspektakel

Der Spielmann (Faustus-Serie 1)
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Der Spielmann ist ein umfangreicher Roman, der sich abgesehen von ein paar Längen, gut lesen lässt. Im Mittelpunkt ist Faust, der Ende des 15 Jahrhunderts in Knittlingen geboren wurde.

Oliver Pötzsch ...

Der Spielmann ist ein umfangreicher Roman, der sich abgesehen von ein paar Längen, gut lesen lässt. Im Mittelpunkt ist Faust, der Ende des 15 Jahrhunderts in Knittlingen geboren wurde.

Oliver Pötzsch überträgt seine Faszination für die Hauptfigur auf den Leser. Wie bei ihm das Interesse entstand erzählt er ausführlich im lesenswerten Nachwort.
Pötzsch legt viel Wert auf Kindheit und Jugend von Johann Georg, um dessen Werdegang und Entwicklung deutlich zu machen. Schon als 8jähriger ist er begeistert von den Gauklern, die in die Stadt kommen. Von seiner Mutter wird Johann liebevoll Faustus genannt.
Von diesen Abschnitten der Kindheit halte ich viel. Johann ist teilweise privilegiert, kann zum Beispiel Lateinunterricht nehmen, solange seine Mutter noch lebte. Aber oft ist er auch in der Opferrolle, von einem Schläger drangsaliert und vom Vater ungeliebt. Schließlich muss er als 16jähriger seine Heimat verlassen. Er begleitet den Magier Tonio del Moravia, der sein Meister wird und zu dem ein ambivalentes Verhältnis zwischen Abhängigkeit und Abgründigen entsteht. Diesen Konflikt deutet Pötzsch geschickt an. Es resultiert aber Johanns Weg zum Faust und zur Persönlichkeit.
Alchemie, Astrologie und Aberglauben spielen eine Rolle.

Teilweise ist Der Spielmann ein Pageturner, dann gibt es aber auch etwas zu lange Passagen.
Oliver Pötzsch hat mit diesem ersten Faust-Teil ein ähnlich mächtiges Werk hingelegt wie mit seinen Henkerstochter-Bänden, deren Figuren mir jedoch näher standen. Johann ist nicht durchgehend ein Sympathieträger, der Mephisto-ähnliche Tonio erst recht nicht. Im Finale kann Johann jedoch einiges wieder gut machen.

Für Der Spielmann spricht auch die hohe Anzahl an interessanten Schauplätzen. Johann und die Gaukler, mit denen er weiterzieht, schaffen es neben einigen deutschen Städten sogar bis nach Venedig. Ganz wichtig wird dann schließlich die Stadt Heidelberg, später auch Köln und Nürnberg. Atmosphäre hat das Buch durchgehend viel zu bieten.

Veröffentlicht am 07.10.2018

Familien- und Gesellschaftsportrait

Das Geheimnis der Grays
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Das Buch stammt aus dem Jahr 1932 und ist in meinen Augen weniger ein Krimi als ein Familien- und Gesellschaftsportrait.
Die Grays sind eine wohlhabende, aber auch leicht exzentrische und offenbar nicht ...

Das Buch stammt aus dem Jahr 1932 und ist in meinen Augen weniger ein Krimi als ein Familien- und Gesellschaftsportrait.
Die Grays sind eine wohlhabende, aber auch leicht exzentrische und offenbar nicht sehr glückliche Familie, wobei das Familienoberhaupt Adrian Gray schon im ersten Satz des Buches ermordet ist.

Seine vielen erwachsenen Kinder werden dann in den folgenden Kapiteln abwechselnd vorgestellt.Ob Richard, Olivia, Amy, Ruth oder Brand, so richtig sympathisch ist mir keine Figur. Bei den Angeheirateten ist es auch nicht viel besser.
Die Handlung spielt sich in einem Landhaus zur Weihnachtszeit ab, aber besinnlich wird es nicht.

Im zweiten Teil gibt es einen Stilwechsel, indem es in Tagebuch wechselt. Man taucht ein in die Gedanken des Mörders. Ab dem dritten Teil wird es ein erzählerischer Stil.

Der Roman ist mehr interessant als wirklich spannend, mit Ausnahme vielleicht der Gerichtsverhandlung. Überzeugend ist der psychologische Ansatz.

Den Originaltitel „Portrait of a Murderer“ finde ich besser als den einfallslosen deutschen.
Die Autorin hat unter mehreren Pseudonymen geschrieben und galt als Vielschreiberin. Daher ist es doch beeindruckend, dass sie den Roman sorgfältig und genau geschrieben hat.