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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 17.02.2019

Der brennende Hund

Die Leben danach
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Das Buch beginnt dramatisch. Nachdem der Protagonist nach einem Herzstillstand fast gestorben wäre, beschäftigt er sich verständlicherweise mit der Frage, was nach dem Tod kommt. Anscheinend gibt es mehrere ...

Das Buch beginnt dramatisch. Nachdem der Protagonist nach einem Herzstillstand fast gestorben wäre, beschäftigt er sich verständlicherweise mit der Frage, was nach dem Tod kommt. Anscheinend gibt es mehrere Möglichkeiten, die sich aus Spiritualität und Religion speist, sogar Wiedergeburt, Hologramme oder Geister sind möglich.
Bei all dem bedient der Autor dennoch keine esoterischen Ansätze.

Man muss sich auf den Stoff einlassen, das ist nicht leicht, denn der amerikanische Autor Thomas Pierce schreibt eigenwillig. Schwer zu lesen ist der Stil aber nicht. Dennoch weiß man oft nicht, worauf es hinauslaufen soll. Es gibt einiges rätselhaftes, wie zum Beispiel den brennenden Hund.

Mich störte ein wenig, dass auf die Durchschnittlichkeit von Jim Byrd beharrt wurde.
Eine berührende Liebesgeschichte, wie vom Klappentext versprochen, habe ich nicht gesehen. Die Beziehung zwischen Jim und Annie strahlt leider auch Durchschnittlichkeit aus.

Das Buch erweckt durch Klappentext und Cover den Eindruck, etwas anderes zu sein, als es ist. Es würde mich nicht wundern, wenn viele Leser daher eine Weile brauchen, mit dem Roman warm zu werden. Hinzu kommt, dass der Roman in meinen Augen zu lang ist.
Es ist immerhin ein außergewöhnliches Buch und ich würde gerne noch etwas anderes von Thomas Pierce lesen, vielleicht eine seiner vielen Kurzgeschichten, die in verschiedenen Magazines erschienen sind.

Veröffentlicht am 15.02.2019

wild

Der wilde Detektiv
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Eine Frau engagiert einen ungewöhnlichen Detektiv, um die verschwundene Tochter einer Freundin zu finden. Sie begleitet ihn auf der Suche.

Sprachlich ist das Buch originell gemacht. Aufgrund einer postmoderner ...

Eine Frau engagiert einen ungewöhnlichen Detektiv, um die verschwundene Tochter einer Freundin zu finden. Sie begleitet ihn auf der Suche.

Sprachlich ist das Buch originell gemacht. Aufgrund einer postmoderner Anklänge erinnert es darin an Thomas Pynchon bzw. eine Lightversion von ihm.

Es ist ein gesellschaftspolitisch aktuelles, sehr amerikanisches Buch. Donald Trump ist gerade als Präsident gewählt. Die Erzählerin des Romans empfindet das als Katastrophe.

Ein Roman voller Merkwürdigkeiten und Sprachwitz.

Veröffentlicht am 15.02.2019

Roman aus Südkorea

Deine kalten Hände
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Deine kalten Hände von Han Kang ist ein Roman, geschrieben 2002. Es ist dem Erfolg von Die Vegetarerin geschildet, dass er glücklicherweise auch auf Deutsch erscheint.
Eingeschlossen in einem Prolog und ...

Deine kalten Hände von Han Kang ist ein Roman, geschrieben 2002. Es ist dem Erfolg von Die Vegetarerin geschildet, dass er glücklicherweise auch auf Deutsch erscheint.
Eingeschlossen in einem Prolog und Epilog, erzählt von einer Schriftstellerin, umfasst der Text die Tagebuchauffassungen eines Bildhauers, der Abdrücke aus Gips erstellt. Dabei sind ihm 2 Frauen wichtig. Die übergewichtige L., die schöne Hände hat, die der Künstler mehrfach abbildet, und die schöne Innenarchitektin E., die anscheinend immer wieder kleine Aussetzer hat, sich sonst aber unnahbar und ohne Gefühlsregungen zeigt.
Während L.in ihrem Kampf ums Abnehmen in die Bulemie gerät, entsteht zwischen E. und dem Künstler eine widerspenstige Beziehung. Ihn treibt es an, hinter der undurchdringlichen Maske der Frau zu blicken und ihr Geheimnis zu erfahren.
 
Han Kang erzählt geschickt auf einer Ebene, die essentiell ist, sich aber nicht einfach in Worte fassen lässt, ohne dass es banal klingt. Der Leser erfasst es aber sofort. Auf jeden fFall unktioniert die Erzählmethode und man hat wirklich ein literarisches Werk vor sich. Geprägt ist es auch von der südkoreanischen Kultur, einer Lebensweise, in der es anscheinend üblich ist, seine Gefühle aus Höflichkeit lieber zu verbergen, dabei aber einen schwer fassbaren Weltschmerz zu pflegen.
Dem Roman gelingt es mit der Zeit, den Leser in seinen Bann zu ziehen. Es wird aber darauf verzichtet, alle Rätsel aufzulösen.

Veröffentlicht am 14.02.2019

Ahnenchronik

Wo wir zu Hause sind
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Man geht mit falschen Erwartungen an das Buch heran, wenn man es für erzählerisch gestaltet hält. Es ist ein sorgfältig gemachtes Sachbuch über die Familie des Autors Maxim Leo. Dabei geht er in die Vergangenheit ...

Man geht mit falschen Erwartungen an das Buch heran, wenn man es für erzählerisch gestaltet hält. Es ist ein sorgfältig gemachtes Sachbuch über die Familie des Autors Maxim Leo. Dabei geht er in die Vergangenheit weit zurück bis in die Zeit vor dem Krieg. Schon früh musste die Familie aus Deutschland fliehen und verstreute sich weit: Israel, England, Chicago.

Die Geschichte der einzelnen Familienmitglieder wird durch Fotos unterstützt, z.B. Irmgard und Hans,1932 in Berlin. Hilde 1929. Fritz und sein Sohn Andre 1935. Ilse in Rheinsberg, Andre 1950 im Kibbuz etc.
Fränkel wurde von der SA verhaftet. Das war der Ausgangspunkt für die Flucht der ganzen Familie. 1935 kamen sie in Frankreich am Jardin de Luxembourg noch einmal kurz zusammen, bevor sie sich in alle Winde zerstreuen.
Maxim Leo nutzt die Fotos als Ausgangspunkt, er schätzt sie aufgrund ihres Aussehens und Ausdrucks gut ein, glaube ich. Man erfährt so einiges über sie.
Maxim Leos Reflexionen wechseln von Erkenntnissen heute und Geschehnisse damals.

Eine ausgiebig gestaltete Ahnenchronik, kein Roman. Manches war mir im Detail zu ausführlich, aber vieles war auch interessant.

Veröffentlicht am 10.02.2019

Eine Zukunftsvision, die nicht unrealistisch ist

Die Mauer
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Nicht der erwartete Brexit-Roman sondern ein überhaupt pessimistisches Gesellschaftsbild in Zeiten des Klimawandels, in der ein Land wie Großbritanien exemplarisch in seiner Abschottung ist. Auch andere ...

Nicht der erwartete Brexit-Roman sondern ein überhaupt pessimistisches Gesellschaftsbild in Zeiten des Klimawandels, in der ein Land wie Großbritanien exemplarisch in seiner Abschottung ist. Auch andere Ländern wollen Mauern aufbauen und kennen keine Gnade gegen jeden, der nicht direkt dazugehört. Das ist der auf die Spitze getriebene Egoismus.
John Lanchesters dystopischer Roman ist auch entsprechend düster. In einem Interview auf Deutschlandfunk Kultur hat der Autor begründet, warum er jeden Humor aus dem Roman raus genommen hat. Das würde nicht funktionieren und das ist glaubhaft. Doch angenehm zu lesen ist das Buch daher nicht immer. Der Protagonist Joseph Kavanagh, ein junger Mann, der einen 2jährigen Dienst auf der Mauer antritt, ist ein Durchschnittstyp. Kein Held, im Prinzip bereit seine Pflicht zu tun und die ankommenden Flüchtlinge auch zu töten, wenn sie kommen.
Die Gesellschaftsform ist restriktiv geworden und da ist es sicher nicht einfach, sich so zu entwickeln wie es möglich ist. Erst durch eigenen Erfahrungen stellt er das System in Frage.
Für mich bleibt er aber leider durchgängig eine schwache Hauptfigur, da einfach zu wenig Profil hat. Das schadet dem gesamten Roman, da Joseph immerhin der Icherzähler ist.
Die Stimmung, vor allem im dritten Teil, der die Zeit der Verbannung erzählt, ähnelt streckenweise der TV-Serie The Lost, was auch nicht ganz überzeugt.

Die Mauer ist ein Roman mit guten Ansätzen, der durch Schwächen in Plot und Figurenführung, zu wenig aus dem Stoff macht und jedenfalls teilweise daher in seiner Wirkung verpufft.