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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 06.12.2017

Sympathische Figuren

Mike
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Zwar ist Mike in erster Linie ein Liebesroman, der die Regeln dieses Genres vollständig erfüllt, aber es gibt ein paar ungewöhnliche Ansätze, durch den sich das Buch abhebt. Die Handlung ist in den USA ...

Zwar ist Mike in erster Linie ein Liebesroman, der die Regeln dieses Genres vollständig erfüllt, aber es gibt ein paar ungewöhnliche Ansätze, durch den sich das Buch abhebt. Die Handlung ist in den USA angesiedelt. Die Gestaltung der Figuren trägt dazu bei, dass es ein origineller Roman wird.
Mike, eigentlich Michaela, ist eine junge Frau, die als Mechanikerin in der Werkstatt ihres Vaters arbeite und sich burschikos gibt. Sie trägt meist Männerkleidung und hatte bisher in der Liebe kein Glück. Das ändert sich als Damian in der Werkstatt anfängt. Anfangs hat er Mike für einen Mann gehalten, als er sie später privat trifft, erkennt er sie zunächst nicht wieder, weil sie so attraktiv ist. Nach anfänglichen Zögern beginnen die beiden eine Beziehung.
Doch es gibt nicht unbewältigtes aus der Vergangenheit. Damian muss eine zerbrochene Beziehung mit einer egoistischen Frau verarbeiten und Mike erkennt ein Familiengeheimnis. Gemeinsam machen Damian und Mike sich mit ihren Bikes auf die Route 66, auf die Suche nach Mikes verschollener Mutter.
Der Autorin Sylvia Pranga gelingt es bekannte Versatzstücke neu zusammenzufügen und ihre Stärke sind ihre sympathischen Figuren. Dazu kommt der warme Ton ihrer Sprache und die Atmosphäre Arizonas.
Zu viele Liebesszenen verhindern einen Ausbau der Handlung zu einer noch komplexeren Story. So werden einige Potential der Geschichte auch wieder verschenkt. Ich war aber dennoch zufrieden mit dem Roman.

Veröffentlicht am 01.12.2017

Weder Hymne noch Verriss

Sieben Nächte
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Der Debütroman des Sohnes des bekannten, aber auch umstrittenen Schriftstellers Botho Strauss, behandelt ein Thema, das in letzter Zeit relativ selten in der deutschen, zeitgenössischen Literatur vorkommt. ...

Der Debütroman des Sohnes des bekannten, aber auch umstrittenen Schriftstellers Botho Strauss, behandelt ein Thema, das in letzter Zeit relativ selten in der deutschen, zeitgenössischen Literatur vorkommt. Der Identitätsfindung der Menschen der heutigen Generation!
Dabei ist gerade das ein wichtiges Thema.
Um sich auszuloten beginnt der Icherzähler ein ungewöhnliches Projekt um die 7 Todsünden.
Superbia - Hochmut; Gula - Völlerei; Acedia - Trägheit; Avaritia - Geiz; Invidia - Neid; Luxuria - Wollust, Genussucht; Ira - Zorn
In sieben Nächten begegnet er jeweils einer Todsünde. Das wirkt leicht altmodisch.

Simon Strauss versucht sprachlich einiges, muss sich da aber an einen hohen Maßstab messen. Das ging schon anderen Autoren so, die berühmte Väter haben. Doch auch Simon Strauss Prosa ist trotz Rätselhaftigkeit an einigen Stellen wirklich interessant!

Das Problem am Roman ist dann doch, dass Simon Strauss’ Ich-Figur zu wenig wagt und keine der durchexerzierten Todsünden wirklich genießen kann. Meiner Auffassung nach gibt er nur vor, sich die Sinnfragen des Lebens zu stellen, bewegt sich aber doch immer in den sicheren Gefilden. Nicht umsonst werden immer wieder kulturelle Topics (James Dean in Giganten, Bunuel, Visconti …) und bekannte Autoren erwähnt (Karl Kraus, Beckett, Rilke etc). Das überintellektuelle Gebahren kann auch nerven und wirkt banal!

Der Ausbruch gelingt nicht. Wenigstens im Roman könnte man doch mehr riskieren.
Dennoch halte ich das Buch für lesenswert und nicht komplett misslungen. Der Autor streift auch wesentliches, leider zu thesenhaft! Ein zweites Lesen ist denkbar!

Veröffentlicht am 11.11.2017

Aufzeichnungen eines Spielers mit besonderer Gabe

Million Dollar Boy
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Der Roman hat eine ungewöhnliche Idee und das reicht für eine bemerkenswerte Handlung über einen Mann, der durch das richtungweisende Jucken in der Kniekehle weiß, wie er beim Spiel, z.B. Roulette, gewinnt. ...

Der Roman hat eine ungewöhnliche Idee und das reicht für eine bemerkenswerte Handlung über einen Mann, der durch das richtungweisende Jucken in der Kniekehle weiß, wie er beim Spiel, z.B. Roulette, gewinnt.
Ich spiele nicht mal Lotto und war noch nie in einem Casino, doch die beschriebenen Schilderungen der Spiel- und Gewinnabläufe sind interessant.
Auch die Gefühle des Icherzählers Ede über seine Existenz zwischen seinem Spiel-Talent und dem Alltagsleben mit Job und seine ganze Lebenseinstellung, sind nachvollziehbar. Er ist “in the middle”.
Unauffällig spielt er in Casinos und lebt doch überwiegend bescheiden um nicht aufzufallen. Es bedeutet dann ein abrupter Bruch in seinem ruhigen Leben, als er von russischen Gangstern entführt wird. Sie reisen mit ihm durch die Welt und zwingen ihn, für sie in den Casinos vieler Städte zu spielen und zu gewinnen. Dann begegnet er einer Chinesin, die das gleiche ungewöhnliche Talent hat wie er.

Der Protagonist reist viel. Mal ist er in Israel, dann in Brüssel, Tunesien, Liberia, London, Kapstadt und anderen Städten in diversen Ländern. Distanzen von 6000 Kilometer legt er mit wenigen Zwischenlanden am Stück zurück. Die vielen Schauplätze erzeugen eine Internationalität des Romans, doch schließlich wird er nach Deutschland ausgeliefert, in Untersuchungshaft.

Trotz seiner Schwierigkeiten ist Ede ein Überlebenskünstler und überwindet Hindernisse. Er hat die Fähigkeit, sich zu arrangieren. Die Beziehung zu seiner Freundin Tasha jedoch ist nicht unproblematisch.

An dem Roman gefällt mir die Form der Aufzeichnung und die uneitle Erzählart des Icherzählers. Er hält sich für durchschnittlich, mit Ausnahme seiner Begabung. Man ist als Leser nah an seinen Gefühlen dran.

Das Finale der Handlung mit außergewöhnlichen Auswirkungen ist ganz schön abgedreht. Ich war ganz zufrieden mit dem Buch, auch wenn es stilistisch nicht so literarisch gestaltet ist.

Veröffentlicht am 04.11.2017

Blick ins Schulmilieu

Der Fall Kallmann
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Ich bin kein großer Kenner der Werke von Hakan Nesser, doch „Der Fall Kalman“ hat mir ausgesprochen gut gefallen. Das liegt vielleicht auch daran, der der Roman, der auch nicht direkt als Kriminalroman ...

Ich bin kein großer Kenner der Werke von Hakan Nesser, doch „Der Fall Kalman“ hat mir ausgesprochen gut gefallen. Das liegt vielleicht auch daran, der der Roman, der auch nicht direkt als Kriminalroman tituliert ist, nicht nur auf die Auflösung eines Mordfalls legt. Mehr wird das Leben an einer Schule in einer schwedischen Kleinstadt gezeigt. Dabei liegt der Schwerpunkt auf den Blickwinkel der Lehrer. Das gilt auch für Leon, die Hauptfigur, ein trauernder Großstädter, der nach dem Verlust seiner Familie Stockholm verlässt und als Lehrer in diese Kleinstadt kommt. Durch den Fund von Tagebüchern seines Vorgängers, die über viele Jahre gehen, kommt ihm der Verdacht, dass der Verfasser der Tagebücher, Eugen Kallmann, einem Geheimnis auf der Spur war und ermordet worden sein könnte.

Clou des Buches ist der ständige Perspektivwechsel. In jedem Kapitel spricht eine andere Figur, die sich dann nach einer Zeit natürlich wiederholen. Andrea, Igor und Ludmilla machen Eindruck auf mich Meine Lieblingsfigur blieb aber Leon.
Es gibt sogar Rückblicke bis ins Jahr 1980.
Durch diese Stilmittel soll ein Gesamtbild erzeugt werden. Tatsächlich entsteht ein Eindruck vom Leben im Schulmilieu in einer schwedischen Kleinstadt.

Das Buch ist dick, lässt sich zwar gut und schnell lesen, aber eigentlich trägt die Handlung diesen Umfang nicht vollständig. Davon abgesehen ist der Roman gut konzipiert. Man liest einen mehr als ordentlichen Roman mit gut entworfenen Figuren und einem geschickt gemachten Finale.

Veröffentlicht am 31.10.2017

Das Leben der Jugendlichen in Mill Valley

Der gefährlichste Ort der Welt
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Der Roman erzählt die Geschichte einer Kleinstadt nahe San Francisco: Mill Valley.
Im Zentrum der Handlung stehen einige Jugendliche und ihr Leben, dazu gehören auch diverse Probleme. Die kalifornische ...

Der Roman erzählt die Geschichte einer Kleinstadt nahe San Francisco: Mill Valley.
Im Zentrum der Handlung stehen einige Jugendliche und ihr Leben, dazu gehören auch diverse Probleme. Die kalifornische Autorin Lindsey Lee Johnson schreibt da sehr sensibel und auf angemessene Art. Sie wählt eine episoden-artige Erzählweise.Damit kann man anfangs auch Schwierigkeiten haben, da man so einer Figur zunächst nur kurz näher kommt, die dann erst einmal wieder abtaucht. Besonders im Blickfeld sind Cally, Trsitan, Abigal, Ryan, Nick, Emma, Elisabeth, Damon und noch ein paar.
Doch immerhin, in diesen Momentaufnahmen sind einige bemerkenswerte Passagen enthalten, die die Emotionen zeigen. Daraus ergibt sich ein Gesamtbild vom Leben der amerikanischen Teenager, die in einer Welt der sozialen Medien aufwachsen, aus dem sich auch ein gewisser Druck aufbaut. Urteile werde da schnell gefällt. Nicht selten werden die Kids mit der Realität konfrontiert und einige Vorfälle ziehen Konsequenzen nach sich. Auch Veränderungen, das sieht man deutlichsten bei Calisat (Cally), die sich durch den Selbstmord eines Mitschülers schuldig fühlt.
Durch Lindsey Lee Johnsons Roman ist es leichter möglich, die Gefühle der Jugendlichen nachzuvollziehen.