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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 30.07.2018

Ernstes Thema leicht, aber angemessen dargestellt

Solange wir uns haben
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Die Autorin Andrea Ulmer schafft es, ein ernstes Thema wie Burnout und Panikattacken angemessen in einem Unterhaltungsroman darzustellen.
Das Cover des Buches ist eigentlich zu blumig für diesen Stoff, ...

Die Autorin Andrea Ulmer schafft es, ein ernstes Thema wie Burnout und Panikattacken angemessen in einem Unterhaltungsroman darzustellen.
Das Cover des Buches ist eigentlich zu blumig für diesen Stoff, obwohl es auch humorvolle Momente gibt.
Die alleinerziehende Jessica hat es so schwer erwischt, dass sie weder arbeiten noch Autofahren kann. Sie ist krankgeschrieben, doch ihr fordernder Chef hat wenig Verständnis. Dazu kommt Ärger, als Miriam, ihre Teenagertochter eigenmächtig zu Jessicas geschiedenen Mann nach Brasilien reist.
Trotz ihres Handicaps will Jessica hinterher, um Miriam zu überzeugen, zurückzukommen.
Die Strapazen der Reise schafft sie nur, weil einen Nachbarin sie begleitet. Dadurch wird der Roman auch ein Buch über Freundschaft.
Die Nachbarin ist Hildegard, die als Katzenfrau in dem Städtchen nicht gut angesehen ist dabei ist sie doch die einzige, die Jessica in ihrer Not beisteht.

Mir hat der Roman gut gefallen, da er ein interessantes Thema behandelt und nicht gerade langweilig ist. Die Figuren sind durchweg lebhaft und realitätsnah entworfen und man reist gerne mit ihnen durch diesen Roman.

Veröffentlicht am 25.07.2018

Süchtig nach gefahr

Der Kriegstourist
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Niels ist Gymnasiallehrer in Dänemark, verheiratet, 2 Kinder und ganz schön gelangweilt von seinem mittelmäßigen Leben. Sein alter Freund Michael hingegen ist ein bekannter Kriegsfotograf, der schon in ...

Niels ist Gymnasiallehrer in Dänemark, verheiratet, 2 Kinder und ganz schön gelangweilt von seinem mittelmäßigen Leben. Sein alter Freund Michael hingegen ist ein bekannter Kriegsfotograf, der schon in 80 Ländern war. Er lädt Niels ein, ihn nach Beirut zu begleiten. Ein Erlebnis für Niels.
Zurück in Kopenhagen verspürt er schnell wieder die Langeweile des Alltags und folgt auch Michaels nächster Einladung nach Lybien und weitere Kriegsgebiete. Das hat auch Auswirkungen auf Niels Familienleben.
Niels ist auch nicht der einzige Kriegstourist. Mehrere Leute sind ähnlich Getriebene. Arnaud, Nenad, Tara und David. Immer wieder treffen sie an gefährliche Orten wieder auf einander.

Man muss nicht selbst das Verlangen nach dem Kick verspüren, um sich für diesen Roman zu interessieren. Über dieses Thema hatte ich bisher noch nichts gelesen.
Die Besuche der verschiedenen Ländern sind spannend geschildert. Die Gefühle von Niels kann man auch verstehen, wenn man selbst keine Drang nach Kriegsgebieten hat. Ich persönlich urteile nicht darüber.
Aber es ist absehbar, dass das seinen Preis hat und Niels irgendwann an seine persönliche Grenze stossen wird. Das passiert auch, als ein Freund getötet wird.

Auch der Fotograf Michael hat mich als Figur interessiert. Krieg zu fotografieren ist sein Beruf, aber auch seine Leidenschaft, der Mittelpunkt seines Lebens. Er könnte wohl keinen alltäglichen Zeitungsjob mehr aushalten. Jesper Bugge Kold schafft authentische Beschreibungen eines nicht alltäglichen Berufs, der sehr auszehrend sein kann.

Der Kriegstourist ist ein gut geschriebenes Buch, das mich aufgrund des Themas und der Art, wie der Leser an die Figuren herangeführt wird, überzeugen konnte.

Veröffentlicht am 25.07.2018

Intensives Jugendbuch

Die Wahrheit über Dinge, die einfach passieren
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Die New Yorker Autorin Ali Benjamin hat ein intensives Jugendbuch geschrieben, dass den Leser schnell gefangen nimmt und dank der Erzählform mit der Protagonistin empathisch mitfühlen läßt.

Die 12jährigen ...

Die New Yorker Autorin Ali Benjamin hat ein intensives Jugendbuch geschrieben, dass den Leser schnell gefangen nimmt und dank der Erzählform mit der Protagonistin empathisch mitfühlen läßt.

Die 12jährigen Suzy und Franny waren beste Freundin. Als Franny rätselhafterweise beim Schwimmen ertrinkt, bleibt die sensible Suzy erschüttert und sprachlos zurück. Sie spricht tatsächlich nicht mehr, macht sich aber viele Gedanken über Quallen. Ihre Theorie ist, dass Franny an einem giftigen Quallenstich starb, da sie schließlich eine gute Schwimmerin war, die nicht ohne weiteres einfach ertrinkt.
In Rückblicken erfährt man von Suzy und Frannys Freundschaft, aber auch wie sie langsam endete und Suzy in der Schule isoliert wurde und in eine Außenseitersituation geraten war.
In der Gegenwarts-Handlung recherchiert Suzy nach Quallenexperten. Sie steigert sich richtig hinein und will einen von Ihnen in Australien aufsuchen.

Wegen dem Thema Verlust besitzt der Text eine nicht unerhebliche Melancholie, dennoch überwiegt dann doch die Hoffnung auf eine gute Zukunft für Suzy, da sie ein begabtes, intelligentes Mädchen ist.

Veröffentlicht am 22.07.2018

Fest der Wörter

Der Duft des Lebens
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Dieser Roman ist wirklich anders als die meisten. Er ist wie aus der Zeit gefallen, das es einem als Leser schwer fällt, Zeit oder Ort exakt zu bestimmen. Das ist so, weil die Autorin auf universelles ...

Dieser Roman ist wirklich anders als die meisten. Er ist wie aus der Zeit gefallen, das es einem als Leser schwer fällt, Zeit oder Ort exakt zu bestimmen. Das ist so, weil die Autorin auf universelles wie Menschlichkeit und Weisheit hinaus will. Clara Maria Bagus hält ihren Roman lange in der Schwebe und scheut kein Pathos.

Ein ruhiger Text der leisen Töne, der auf Stimmungen setzt. Manche Passagen wirken leicht prätenziös. Insbesondere in den beschreibenden Momenten. "Der See lag da wie eine Glasscheibe." "Wie Tinte breitete sich das Wasser im Fluss aus." "Der Nebel schleppte sich tief über die Dächer." "Das Morgenlicht fiel durch das Laub der Bäume". etc. das kann man mögen! Mir war es etwas zu viel und zu bildlich, wobei man zugeben muss, das fast alle Sätze sorgfältig gemacht und die Bilder nur selten schief sind.

Aviv ist eine helle, positive Figur. Der Arzt Kaminiki hingegen ist eine finstere, seltsame Figur. Schon als Kind grausam, als Erwachsener sogar ein Mörder. Durch ihn werden seelenlosigkeit, weiße und schwarze Seelen oder das Böse auf eine abstrakte Weise diskutiert.
Zwischen Kaminski und Aviv beginnt ein Zweikampf, hell vs dunkel, der von Bedeutung für die ganze Umgebung ist.
Ich fand den Roman interessant, aber manchmal schwer fassbar! Doch am Ende ist es ein Fest der Wörter!

Veröffentlicht am 22.07.2018

Marie und Melih

Für immer sein Mond
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Für immer sein Mond von Marie Enters erzählt eine eindringliche Liebesgeschichte zwischen Melih und Marie. Er ein Flüchtling aus Syrien und sie 53jährigen Frau, die ehrenamtlich mit Deutschkursen Flüchtlingen ...

Für immer sein Mond von Marie Enters erzählt eine eindringliche Liebesgeschichte zwischen Melih und Marie. Er ein Flüchtling aus Syrien und sie 53jährigen Frau, die ehrenamtlich mit Deutschkursen Flüchtlingen helfen will.
Es ist eine heimliche Liebe, die sie leben, denn Marie ist gebunden an Jan und hat mit ihm ein Kind.

Es ist ein Roman in zwei Teilen, der erste zeigt den Beginn der Affäre und wie sie sich entwickelt, der zweite Teil erzählt davon, wie sie sich langsam von sich lösen. Man sieht als Leser so einen gesamten Prozess einer Liebesbeziehung.

Auffälligstes Merkmal ist der Erzählstil von Marie, der sehr persönlich ist und ihre Emotionen wie Leidenschaft, aber auch Zweifel deutlich zeigen.
Es ist außerdem ein Bild von Deutschland in einer schwierigen Zeit, die von gewissenlosen Parteien wie AFD und ihren jämmerlichen Wählern sowie den Medien aufgeladen ist. Marie erzählt aber auch Melihs Sicht auf die Situation, die realistisch und trotz allen positiv ist.
Mir gefallen beide Figuren sehr, auch wenn Marie sich nicht aus ihren Zweifeln lösen kann und ihre große Liebe nicht öffentlich leben kann. Doch mich beeindruckt ihr Engagement.

Sprachlich dominiert ein poetischer Ton, der von Melancholie durchzogen ist. Ein lesenswertes Buch.