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Veröffentlicht am 11.08.2018

FBI-Thriller mit starker Hauptfigur

Todeskäfig (Ein Sayer-Altair-Thriller 1)
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Todeskäfig ist ein FBI-Thriller, bei dem ein Team nach einem Serienmörder sucht und nach einem Mädchen, dass sich vermutlich in seinen Händen befindet.
Amerikanische Serienkiller-Thriller gibt es viele. ...

Todeskäfig ist ein FBI-Thriller, bei dem ein Team nach einem Serienmörder sucht und nach einem Mädchen, dass sich vermutlich in seinen Händen befindet.
Amerikanische Serienkiller-Thriller gibt es viele. Todeskäfig sticht aus der Masse hervor, in dem der Fokus auf einen wissenschaftlichen Gehalt bei der Ermittlung gelegt wird.

Hautfigur und Leiterin des Teams ist Sayer Altair. Sie ist Wissenschaftlerin und FBI-Agentin. Sie forscht über Serienmörder und setzt ihre Fähigkeiten bei der Ermittlung ein. Auch die anderen im Team nutzen wissenschaftliche Methoden. Das ist ganz interessant. Andere Thriller setzen da mehr auf Action. Hier stehen die Ermittlungen an sich im Mittelpunkt.

Sayer Altair funktioniert als Figur, sie ist interessant genug, auch als Persönlichkeit zu faszinieren. Insbesondere wenn sie auf ihrem Motor die Straßen entlang braust, mit ihrer Großmutter im Beiwagen (Kein Witz!). Oder wie sie sich um ein Hundewelpe kümmert, das auf dem Tatschauplatz zurückgeblieben war. Putzig! Bei der Ermittlung gibt sie alles. Ihre mitfühlende Art verhindert auch, dass die Leiden der Opfer verharmlost oder voyeuristisch ausgeschlachtet werden wie bei vielen Hardcore-Thriller. Ein klein wenig erinnert mich Mayers Art an V.I.Warshawski (von Sara Paretzky), aber die war Privatdetektivin und nicht beim FBI.
Sayers Wissenschaft kommt zum Einsatz als es um gefälschte DNA und gefälschte Fingerabdrücke gibt.
Ellison Cooper beherrscht die Dialoge gut. Die meisten Gespräche befinden sich auf gutem Niveau, übliche Klisch
eesprüche werden weggelassen. Das gilt aber nicht für das große Finale am Schluß, das Klischees dann eher erfüllt.

Der Roman erfüllt ansonsten die üblichen Regeln des Thrillergenres und fällt nicht groß aus dem Rahmen. Gut finde ich, dass nicht aus der Sicht des Täters beschrieben wird. Ich vergebe 3,5 Sterne! Für mich heißt das, kann man lesen, muss aber nicht. Wenn ein weiterer Sayer Altair-Teil erscheint, werde ich das spontan entscheiden, ob ich weiterlese.

Noch eine Anmerkung zum Hörbuch und dessen Sprecher Peter Lontzek. Seien Erzählstimme passt sehr gut zur handlung, kann auch Sayers Gedanken und Überlegungen gut ausdrücken. Bei den Dialogen legt ers sich ins Zeug und gibt den Gesprächen entsprechend Ausdruck. Ich habe seiner Stimme stundenlang am Stück gut zuhören können und es ist natürlich auch ein Qualitätsmerkmal für den Roman, wenn das möglich ist.

Veröffentlicht am 11.08.2018

Anspruchsvoller Beziehungsroman

Uns gehört die Nacht
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Ein Roman, der das Leben und die Beziehung eines jungen, ungleichen Paares in den USA der späten Achtziger Jahre zeigt. Jamey ist Student in Yale und Sohn reicher Eltern. Elise stammt aus dem Ghetto, hat ...

Ein Roman, der das Leben und die Beziehung eines jungen, ungleichen Paares in den USA der späten Achtziger Jahre zeigt. Jamey ist Student in Yale und Sohn reicher Eltern. Elise stammt aus dem Ghetto, hat nicht einmal einen High School-Abschluß, doch sie ist selbstbewusst und mutig. Das die beiden ein Paar werden, ergibt sich mehr aus Zufall, aber es ist keine einfache Beziehung, denn die sozialen Unterschiede müssen überwunden werden.
Als Leser ist man weniger dicht an den Figuren dran als erwartet. Zwar werden mal die Perspektive von  Elise, mal von Jamey gezeigt, aber eine Distanz bleibt.
 Mir persönlich waren es auf den ersten Hundert Seiten zu viele und zu explizit beschriebene Liebesszenen. Andererseits liest man selten eine so ausdauernde und intensive Beschreibung einer Beziehung, die mit der Zeit mehr und mehr an Tiefe gewinnt. Und das obwohl sie gegen erhebliche Widerstände aus Jameys Familie und der gesellschaftlichen Umgebung kämpfen müssen.
Das Ende ist etwas konstruiert und vielelicht nicht ganz glaubwürdig, aber in seinem Einfallsreichtum und in der Unangepasstheit hebt es sich wohltuend vom Mainstream ab.

Der Roman wurde aus dem Amerikanischen von Sophie Zeitz übersetzt und auf mich macht die Sprache durchgängig einen eleganten und guten Eindruck, mit Dichte und Genauigkeit. Sophie Zeits ist bekannt als die Übersetzerin von Das Schicksal ist ein mieser Verräter.

Jardine Libaire ist für mich eine der interessantesten Neuentdeckungen der zeitgenössischen Literatur dieses Jahr!

Veröffentlicht am 10.08.2018

Geschichte eines Lebens im Exil

Selbstbild mit russischem Klavier
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Als Leser kann man sich glücklich schätzen, diesen Roman lesen zu dürfen. Den letzten Roman hatte Wondratschek als Manuskript an einen Mäzen verkauft und das Buch blieb der Öffentlichkeit vorenthalten. ...

Als Leser kann man sich glücklich schätzen, diesen Roman lesen zu dürfen. Den letzten Roman hatte Wondratschek als Manuskript an einen Mäzen verkauft und das Buch blieb der Öffentlichkeit vorenthalten. Diesmal erscheint das Buch, bei Ullstein! Und man wirklich von Glück sprechen, denn das Buch ist es Wert!

Der Roman besteht hauptsächlich aus den Gesprächen des Erzählers, ein Schriftsteller, mit dem russischen Pianisten Suvorin in Wien und den Reflektionen des Schriftstellers über das Gehörte. Somit ist es ein fast klassischer Künstlerroman. Es ist wohl kein Zufall, dass Wondratscheks Sympathie einer widerspenstigen Figur gehört, der auf Eigenständigkeit besteht, zur Not auch Rebellion nicht scheut. Das geschieht meistens mit einer humorigen Note. Suvorin hat Charme, aber auch seine Schwächen, z.B. seine Trinkerei, aber er steht dazu, wie er ist und lässt sich nicht verbiegen. Es ist die Geschichte eines Lebens, auch die des Alterns.
Die Gespräche in dieser Umgebung entwickeln einen eigenen Sound und als Leser kann man in dieser Sprache schwelgen.

Veröffentlicht am 10.08.2018

Endzeit

Anna
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In regelmäßigen Abständen von meist einigen Jahren erscheinen Endzeitromane oder -Filme, die meist viel Action und damit Unterhaltung bieten. Anna, im Original 2015 erschienen, geht in diese Richtung. ...

In regelmäßigen Abständen von meist einigen Jahren erscheinen Endzeitromane oder -Filme, die meist viel Action und damit Unterhaltung bieten. Anna, im Original 2015 erschienen, geht in diese Richtung. Die Seuche hat alle Erwachsenen getötet, nur einige Kinder leben noch, die aber ebenfalls den Ausbruch des Virus zu erwarten haben, sobald sie erste Anzeichen zeigen, erwachsen zu werden. Und das führt unvermeidbar zum Tod. Im Mittelpunkt des Romans steht Anna, die um ihr Überleben kämpft, da gibt es z.B. Passagen mit viel Action beim Kampf gegen wildgewordene Hunde.
Ansonsten kümmert sich Anna in erster Linie um ihren kleinen Bruder. Zeitweiliger Begleiter ist dann noch Pietro, ein schon älterer Junge.
Die Beschreibungen der zusammengebrochenen Gesellschaft und Umgebung wird effektvoll beschrieben. Plünderungen, Verwüstungen und Brände. Niccolo Ammaniti kann schreiben, eine Melancholie begleitet seine Sprache.

Der zweite Teil des Buches konzentriert sich auf die Suche Annas nach ihrem verschwundenen Bruders Astor, den sie dann tatsächlich bei einer Gruppe Kindern findet. Interessant ist die Frage, ob sich in dieser kleinen Gruppe Kinder eine neue Gesellschaftsform bildet, die wenigstens ein paar Jahre Bestand haben kann.
Aber Anna misstraut dem, besteht auf ihre Unabhängigkeit. Das bedeutet aber auch, kämpfen zu müssen.

Der dritte Teil “Die Meeresenge” zeugt dann einen kurzen Moment der Ruhe. Es entsteht zwischen Anna, Astor und Pietro eine kleine Gemeinschaft, fast wie eine Familie.

Ich bewundere den Roman für seine bildreiche Sprache und Ausdruck, aber seine thematische Wichtigkeit bezweifle ich. Dennoch halte ich das Buch für lesenswert!

Veröffentlicht am 10.08.2018

Die Entscheidung

Die Polizisten
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In der Kriminalliteratur beschäftigen sich Polizisten ausschließlich mit dem Aufklären von Mordfällen.
Aber der preisgekrönte Roman Die Polizisten des französischen Schriftstellers Hugo Boris ist kein ...

In der Kriminalliteratur beschäftigen sich Polizisten ausschließlich mit dem Aufklären von Mordfällen.
Aber der preisgekrönte Roman Die Polizisten des französischen Schriftstellers Hugo Boris ist kein Krimi. Er zeigt die realistische Arbeit von Polizisten, das können z.B. Einsätze bei Demonstrationen sein oder die Überführung von Personen, die ausgewiesen werden sollen.
Die Polizisten sind aber auch Menschen, doch die beruflich starke Beanspruchung bringt sie in eine Position zwischen Pflicht und Menschlichkeit. Hinzu können auch private Beziehungsprobleme kommen, die Entscheidungen mit beeinflussen..
Virginie, Erik und Aristide kommen in einen moralischen Konflikt, als sie einen Flüchtling zum Flughafen Charles de Gaule bringen sollen. Die Abschiebung würde seinen sicheren Tod bedeuten.

Hugo Boris meistert den gesellschaftsrelevanten Stoff mit seinen sprachlichen Mitteln.