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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 09.03.2018

Clunys Weg

Die Abenteuer der Cluny Brown
1

Margery Sharp gehört zu den leider fast vergessenen Autorinnen, daher ist es erfreulich, dass mit diesem Buch ein Roman von ihr wieder aufgelegt wurde. Es macht Spaß, diesen unterhaltsamen Roman zu lesen. ...

Margery Sharp gehört zu den leider fast vergessenen Autorinnen, daher ist es erfreulich, dass mit diesem Buch ein Roman von ihr wieder aufgelegt wurde. Es macht Spaß, diesen unterhaltsamen Roman zu lesen. Der Erfolg der beliebten Fernsehserie Dowton Abbey öffnet den Blick einer größeren Leserschaft auf die britische Gesellschaft im Wandel, auch im Verhältnis Herrschaft und Diener. Die junge Cluny Brown wird in Stellung als Stubenmädchen bei einer aristokratischen Familie in Devon gegeben. Ein Haushalt mit Toleranz, aber doch mit starren Regeln. Cluny verhält sich aber oft unbewusst gegen die Regeln der Konventionen. Sie sieht nicht ein, warum es so viele Beschränkungen geben soll und bleibt sich selbst treu. Deshalb halten sie viele für merkwürdig, manche aber für erstaunlich und erfrischend!

Der 1944 geschriebene Roman ist amüsant geschrieben mit einer liebenswerten Hauptfigur. Aber auch die politischen Gegebenheiten des Jahres 1938 werden langsam sichtbar. Die Zeichen stehen auf Krieg.
Interessante Figuren werden aufgebaut. Da ist zum Beispiel ein Gast der adeligen Familie, der polnische Schriftsteller Adam Belinski, der offenbar fliehen musste. Andrew, der Sohn der Familie, hatte ihn eingeladen, aber auch Adam Belinski ist ein Freigeist. Andrew möchte das auch sein, bleibt aber doch ein junger Schnösel. Dann gibt es noch die schöne Betty, in die Andrew verliebt ist.

Man merkt dem Roman sein Alter schon hin und wieder deutlich an. Insbesondere sprachlich, aber das muss kein Nachteil sein, denn auch der Ton der Vergangenheit kann seinen eigenen Humor und Qualität haben. Diese Qualität liegt in der leichten Überspitzung bei der Charakterisierung der Figuren, bei dem ein milder Spott mitklingt.

Veröffentlicht am 04.03.2018

Solide

Das Geheimnis der Muse
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Es ist immer interessant, wenn Romane sich mit dem Thema Kunst beschäftigen, besonders mit Malerei, und das gleichzeitig einen Blick in die Vergangenheit gibt. In Das Geheimnis der Muse gibt es gleich ...

Es ist immer interessant, wenn Romane sich mit dem Thema Kunst beschäftigen, besonders mit Malerei, und das gleichzeitig einen Blick in die Vergangenheit gibt. In Das Geheimnis der Muse gibt es gleich zwei Handlungsorte: London in den sechziger Jahren und Spanien 1936. Es ist also eine Doppelhandlung, die sich immer wieder abwechselt.

Der Roman ist ruhig, das gilt auch für die Figuren, die selten aus sich heraus gehen und zu denen ein emotionaler Zugang nicht leicht fällt.
Während mit die aus Trinidad stammende Odelle in London ein wenig allein vorkommt, hat Olive immerhin ihre Eltern Sarah und Harold und mit Teresa eine Vertraute. Mit Teresas Bruder Isaac verbindet sie viel.
Sie schaffen es, sich künstlerisch auszudrücken. Odelle kann ihre erste Geschichte veröffentlichen, Olive ist mit ihren Gemälden produktiv, auch wenn sie unter anderen Namen verkauft werden, sogar an Peggy Guggenheim. Doch der spanische Bürgerkrieg verändert alles.

Die Geschichte war anfangs verhalten, zündet streckenweise nicht so ganz, doch je mehr die Figuren sich entwickelten, umso besser wurde es.
Es ist insgesamt ein solider Roman, bei dem man es nicht bereuen muss, ihn gelesen zu haben.

Veröffentlicht am 03.03.2018

Blick ins Leben junger russsicher Frauen

Fliegende Hunde
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Fliegende Hunde ist ein mutig erzählter Roman mit jungen Protagonisten im Mittelpunkt. Die Erzählabschnitte wechseln zwischen den Freundinnen Oksana und Lena. Außer in gelegentlichern Rückblicken haben ...

Fliegende Hunde ist ein mutig erzählter Roman mit jungen Protagonisten im Mittelpunkt. Die Erzählabschnitte wechseln zwischen den Freundinnen Oksana und Lena. Außer in gelegentlichern Rückblicken haben sie im ersten Teil keine gemeinsamen Passagen. Lena ist als Modell nach Shanghai in China gegangen, Oksana ist zurückgeblieben in Russland.
Man bekommt einen Einblick in die Gedankenwelt junger russischer Frauen und etwas verhaltener auch von der aktuellen russischen Gesellschaft, für die Putin fast ein Superstar ist.
Es ist keine tolerante Gesellschaft und Homosexualität kaum akzeptiert.

Der Roman ist kurz, aber in allen Abschnitten nicht ohne, teilweise hart und fordernd, zum Beispiel wenn Lenas Modellarbeit sie an den Rand der Prostitution führt oder Oksana immer mehr in einem Forum für Magersüchtige versinkt. Ihre absurde Diät biegt Gefahren.

Im kürzeren zweiten Teil des Buches treffen sich die liebenden wieder, doch viel hat sich verändert.

Wlada Kolosowa ist eine vielversprechende Autorin, die mit Fliegende Hunde überzeugt und bei der man gespannt auf kommende Romane warten kann.

Veröffentlicht am 03.03.2018

Die Tänzerin vom Bauhaus

Wenn Martha tanzt
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Das Hörbuch dieses Debütromans hat gleich 2 Sprecher. Barnaby Metschurat, der in dem Handlungsstrang von 2001 den Urenkel der Martha gibt und deren Notizbuch mit wertvollen Skizzen versteigert.
Anne Ratte-Polle ...

Das Hörbuch dieses Debütromans hat gleich 2 Sprecher. Barnaby Metschurat, der in dem Handlungsstrang von 2001 den Urenkel der Martha gibt und deren Notizbuch mit wertvollen Skizzen versteigert.
Anne Ratte-Polle spricht den Martha-Part, der ab 1900 einsetzt.
Man erfährt von Marthas Kindheit, ihrer Begabtheit und folgt ihrem Lebensweg bis ins Weimarer Bauhaus 1919, in der sich eine Kunstschule etabliert. Bekannte Künstler wie Paul Klee , Wassily Kandinsky und Oskar Schlemmer waren dort als Lehrer tätig. Was sie schufen, war großartig und eine Erneuerung.

Der Abschnitt im Jahr 2001 in New York hat mir nicht so gut gefallen wie die Martha-Passagen. Das liegt in der geringeren Glaubwürdigkeit der Handlungskonstruktion über die alte Martha.

Der Roman ist sprachlich geschmeidig gehalten und atmet die Kunst und Kultur der Zeit vor dem Krieg.
Es erinnert ein wenig an das Buch “Liebe ist ein Haus mit vielen Zimmern” von Katrin Burseg.
In späteren Stellen, den dreißiger Jahren, wird die Atmosphäre ungemütlicher, natürlich.

Mit ca. 7 Stunden hat das Hörbuch einen guten Umfang und die zwei sehr unterschiedlichen Sprecher gestalten den Text sinnvoll und ansprechend.

Veröffentlicht am 01.03.2018

Gediegen, aber nicht abgeschlossen in diesem Teil

Das Vermächtnis des Künstlers
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Der Roman ist gediegen angelegt. Schauplatz ist überwiegend Venedig, aber der Stil ist deutsch, stellenweise auch britisch gehalten und mit einem amerikanischen Protagonisten. Dr.George Mallory ist Psychologe ...

Der Roman ist gediegen angelegt. Schauplatz ist überwiegend Venedig, aber der Stil ist deutsch, stellenweise auch britisch gehalten und mit einem amerikanischen Protagonisten. Dr.George Mallory ist Psychologe und Experte für Parapsychologische Ereignisse und Phänomene, die er gerne als Täuschungen entlarvt. Schließlich ist er Wissenschaftler.
Die Suche nach dem Unfassbaren prägt ihn auch, so raucht er viel und lebt alleine. Schon ein wenig theoretisch wie die Figur charakterisiert wird, aber warum nicht.
Ein Auftrag um mysteriöse Gemälde führt ihn nach Venedig. Das ist interessant genug, um die Leser am Buch zu halten.
Die Venedig-Karte wird großzügig ausgespielt, da habe ich nichts dagegen. Später wird auch Frankreich wichtig.

Bei der Ermittlung wird Mallory von der sympathischen Dr.Josephine Canoni begleitet. Sie hat eine lebhafte Adoptivtochter. Das ergibt einige amüsante Passagen und die drei sind kein schlechtes Team.
Es gibt auch lange Abschnitte mit Josephine ohne Beteiligung von Mallory und umgekehrt.
Es mangelt auch nicht an bedrohlichen Passagen, in denen die Protas in Gefahr geraten, doch überwiegend ist die Handlung relativ ruhig gehalten.

Eine originelle Komponente des Romans ist, dass die Handlung in 1985 angesiedelt ist. Es gibt zahlreiche zeittypische Anspielungen auf diese Zeit, z.B. kultureller Art (Bücher, Filme, Musik).

Sprachlich ist der Roman okay, wenn man nicht zu viel erwartet. Und immerhin ist er durchgehend abwechslungsreich und unterhaltend.