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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 12.05.2019

Ein wechselhaftes Leben

Die Lotosblüte
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Hwang Sok-Yong ist zweifellos ein bedeutender Schriftsteller und Die Lotosblüte ist ein großer Roman. Ein Roman, der von Leben einer Frau im 19.Jahrhundert erzählt. Chong, die als junges Mädchen als Zweitfrau ...

Hwang Sok-Yong ist zweifellos ein bedeutender Schriftsteller und Die Lotosblüte ist ein großer Roman. Ein Roman, der von Leben einer Frau im 19.Jahrhundert erzählt. Chong, die als junges Mädchen als Zweitfrau an einen 80 Jahre alten Mann verkauft wird und nach dessen Tod als Konkubine arbeiten muss. Diese Szenen empfand ich als schwer erträglich, da der Stil des Autors so intensiv ist. Dabei ist der Roman insgesamt sehr gut lesbar.

Chong ist eine besondere Frau, die ihr Schicksal nutzt um sich zu entwickeln und sie hat Sinn für Selbstbestimmung, was ihr natürlich nicht ohne weiteres zugestanden wird. So dauert es lange, bis ihr der Aufstieg gelingt. Mehrfach muss sie neu beginnen, da sich die gesellschaftlichen und politischen Bedingungen ändern.

Hwang Sok-Yong verfügt über eine Sprache, die in ihrer Detailliertheit die Sinne beim Leser weckt und er hat literarische Mittel, die eine große Wirkung ausstrahlen. Das ist deutlich stärker ausgeprägt, als in Hwang Sok-Yongs frühen Roman Die Geschichte des Herrn Han, der eher nüchtern erzählt ist.

Literatur aus Südkorea (oder überhaupt aus Asien) hat es nicht gerade leicht in Deutschland, daher kann man dem Europaverlag dankbar sein, dass sie diesen Roman herausgebracht haben.

Veröffentlicht am 08.05.2019

Feine Ironie

Frank Kunert. Lifestyle
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Frank Kunerts Schwerpunkt liegt auf Studioarbeiten. Die menschenleeren Szenerien in seinen Fotos haben etwas skurriles und verschmitztes. Sein Blick ist ein anderer als der übliche. Dafür habe ich viel ...

Frank Kunerts Schwerpunkt liegt auf Studioarbeiten. Die menschenleeren Szenerien in seinen Fotos haben etwas skurriles und verschmitztes. Sein Blick ist ein anderer als der übliche. Dafür habe ich viel übrig und spüre eine latente Geistesverwandtschaft.

Das einleitende Essay Zwischen Lifestyle, Groteske und Metaphysik von Jörg Restorff führt gut in das Buch hinein.

Nicht immer versteht man Titel der Fotos und Inhalt sofort, aber dann versteht man die Ironie, es macht Klick und so macht das Betrachten Spaß.
Man bekommt Lust, weitere Bildbände von Frank Kunert zu sehen.

Veröffentlicht am 05.05.2019

Der Wert der Erinnerungen

Lügenleben
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Sayed Kashua ist ein in Israel geborener Schriftsteller arabischer Herkunft, der 2014 in die USA emigrierte. Er hat mehrere Romane geschrieben, darunter das bekannte Tanzende Araber. Sein neuer Roman Lügenleben ...

Sayed Kashua ist ein in Israel geborener Schriftsteller arabischer Herkunft, der 2014 in die USA emigrierte. Er hat mehrere Romane geschrieben, darunter das bekannte Tanzende Araber. Sein neuer Roman Lügenleben hat einige autobiografische Wurzeln.

Der Icherzähler Said ist ein ebenfalls ein israelischer Araber, der aus Tira in der Nähe von Jerusalem stammt. Er berichtet seine Geschichte, die ihn ins Exil nach Amerika führte.
Als junger Mann gab es einen entscheidenden Vorfall, der das Leben mehrerer Menschen veränderte und das ihn mit Schuld ausfüllt, die ihn jahrelange begleitet.
Das Buch nimmt seine Spannung daraus, das man erst allmählich erfährt, was damals geschehen ist, was den Protagonisten zum Exil zwang. Das bedeutete den Verlust der Heimat und eigentlich auch der Existenz.
Said ist Journalist und Schriftsteller, eigentlich Ghostwriter, doch in den USA bekommt er keine Aufträge. Nach 13 Jahren kehrt er kurzzeitig zurück nach Israel, weil sein Vater schwer erkrankt ist. Das ist der Ausgangspunkt der Geschichte, die in Form eines Berichts dient, indem er seine Erinnerungen zurückfließen lässt. Verlust, Trauer und Melancholie bestimmen den Erzählton.
Die Beziehungsprobleme der Figuren lassen sich nicht einfach lösen, sie sind erstarrt und oft sprachlos. Said und seine introvertierte Frau können nicht über die Vergangenheit sprechen, obwohl sie immer gegenwärtig ist und als innerer Konflikt ungelöst bleibt.

In diesem Buch erfährt man viel vom Leben palästinischer Familien in Israel. Die literarische Qualität ist stark.
Der aus dem Hebräischen übersetzte Roman war die letzte Übersetzungsarbeit von der großartigen Mirjam Pressler.

Veröffentlicht am 04.05.2019

Lobpreisung des hohlen Landes

Bell und Harry
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Bell und Harry ist ein sympathisches Buch der großen Jane Gardam über zwei Jungen in England. Auf dem Land von Yorkshire lernen sich die Kinder kennen. Der anfangs ca. 8 Jahre alte Bell Teesland lebt dort ...

Bell und Harry ist ein sympathisches Buch der großen Jane Gardam über zwei Jungen in England. Auf dem Land von Yorkshire lernen sich die Kinder kennen. Der anfangs ca. 8 Jahre alte Bell Teesland lebt dort mit seiner Familie auf einer Farm, der jüngere Harry Bateman stammt aus der Stadt. Seine Familie mach hier Urlaub. Welten prallen aufeinander und es gibt auch Missverständnisse, doch es ist möglich miteinander auszukommen. Die Kinder verstehen sich aber auf Anhieb. Sie strolchen zusammen rum und sind ein wenig wie Tom Sawyer und Huckleberry Finn!
Das Land spielt eine große Rolle und so heißt das Buch im original The hollow land. Harry wird jedes Jahr in den Ferien zurückkehren.

Das Buch ist episodenhaft aufgebaut, was wunderbar funktioniert. Es ist kurz, leider, man würde gerne noch mehr lesen, aber im Prinzip reicht es, um den Verlauf der Begegnung genau zu zeigen und ein leicht verklärendes, helles Bild des sogenannten hohlen Land zu zeigen, in dem sich die Menschen so wohl fühlen und mit der Natur verbunden sind. Wehmütig verlässt man als Leser diese Welt.

Das Cover ist unbedingt noch erwähnenswert. Es handelt sich bei der Illustration um das Gemälde Swim2 von der amerikanischen Malerin Elizabeth Mayville.

Es bleibt die Frage, ist das jetzt ein Kinder-/Jugendbuch? Sprachlich ist es sicher mehr. Ein Buch für jedes Alter!

Veröffentlicht am 18.04.2019

Ein Buch von Belang

Alles, was passiert ist
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Die britische Lyrikerin, Modell und Schauspielerin Yrsa Daley-Ward hat jamaikanische und nigerianische Wurzeln, wuchs aber in England auf.
Dieses bei Blumenbar erschienene Buch ist ein exzellentes poetisch-literarisches ...

Die britische Lyrikerin, Modell und Schauspielerin Yrsa Daley-Ward hat jamaikanische und nigerianische Wurzeln, wuchs aber in England auf.
Dieses bei Blumenbar erschienene Buch ist ein exzellentes poetisch-literarisches Memoir. Also autobiographisch, aber literarisch verarbeitet.
Das sie als Lyrikerin begann merkt man diesem Buch an. Es ist rhythmisch und wechselhaft gestaltet, sehr schön gemacht. Sprachlich ein Genuß.

Yrsa erzählt davon, wie sie mit ihrem jüngeren Bruder zumeist bei den Großeltern aufgewachsen ist. Es gibt auch noch einen älteren Bruder.
Ihre Mutter Marcia war immer unstet, sie hat 3 Kinder von 3 verschiedenen Männern und lebt in wechselnden Beziehungen.
Yrsa hat es nicht leicht, sie ist schwarz und anders. Die Großeltern sind strenggläubig, also ist fast alles Sünde. Yrsa leidet unter der chaotischen Situation und neigt schon als Kind zu Depressionen.
Als Erwachsene ist sie wie eine getriebene. Yrsa Daley-Ward erzählt mit imponierender Ehrlichkeit. Gerade deswegen werden die Emotionen erlebbar und nachvollziehbar.