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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 19.02.2018

Generationsübergreifende Familiengeschichte

Die Vergessenen
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Was die Krimiautorin mit „Die Vergessenen“ vorgelegt hat, ist eine aufregende und bemerkenswerte Familiengeschichte, die generationsübergreifend und mit Krimielementen angelegt ist. Dabei geht die Handlung ...

Was die Krimiautorin mit „Die Vergessenen“ vorgelegt hat, ist eine aufregende und bemerkenswerte Familiengeschichte, die generationsübergreifend und mit Krimielementen angelegt ist. Dabei geht die Handlung bis ins Jahr 1944 zurück und beleuchtet ein beschämendes Stück deutsche Geschichte, bei der die Leidtragenden Kinder und Hilflose waren.
Das Buch versammelt Schicksale von Menschen, die alle durch die Ereignisse der Jahrzehnte zurückliegenden Vergangenheit geprägt und auch belastet sind.
Es gibt den Plot um 1944 mit der Krankenschwester Kathrin, die in einem Pflegeheim arbeitet. In der Gegenwart sind es zwei Protagonisten, der verdeckt arbeitende Detektiv Manoli und die Journalistin Vera. Beide recherchieren und ihre Anliegen sind eng miteinander verbunden. Durch die Verknüpfung der verschiedenen Handlungsstränge erhält der Plot eine dichte Konsistenz, die wirklich bemerkenswert ist.

Die Autorin nutzt die Vorteile einer routinierten Schreibweise ohne dabei auf Emotionalität und Sensibilität zu verzichten. Diese Schreibweise ist mir sehr willkommen, so werden die Figuren in einer angemessenen Tiefe charakterisiert.
Als Leser werden mir die Figuren wichtig, die alle nicht perfekt sind und die unter der Situation leiden.

Man merkt auch, wie wichtig der Autorin der Stoff war.
Das Resultat ist ein sehr lesenswerter, emotional packender Roman voller innerer Spannung.

Veröffentlicht am 17.02.2018

Soghaftes Erzählen

Die Geschichte des verlorenen Kindes
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Während mich der dritte Teil der Saga teilweise langweilte, kann man das von dem abschließenden Teil wirklich nicht sagen.
Die Handlung von “Die Geschichte des verlorenen Kindes” setzt in der zweiten Hälfte ...

Während mich der dritte Teil der Saga teilweise langweilte, kann man das von dem abschließenden Teil wirklich nicht sagen.
Die Handlung von “Die Geschichte des verlorenen Kindes” setzt in der zweiten Hälfte der siebziger Jahre ein. Elena ist jetzt 32, hat ihren Mann Pietro verlassen und ist mit Nino zusammen.
Die Trennung ist aber schwierig. Es gibt schließlich auch noch ihre Kinder Dede und Elsa.
Beruflich zeigen sich neue Erfolge, da ein neues Buch von ihr in Frankreich erscheint. Und schließlich wird ein Buch auch in Italien für großes Aufsehen sorgen, da es offensichtlich sozialkritisch direkt die Umgebung in Neapel zeigt.

Elena hatte eigentlich beschlossen, sich erst einmal von Lila fernzuhalten. Doch Lila hat noch Einfluss auf sie. Es geht eine große Energie von ihr aus.
Und dann werden beide zeitgleich noch einmal schwanger und ihre alte Verbindung zählt wieder.
Gemeinsam ziehen sie ihre Kinder auf. Schließlich ist ihr Schicksal miteinander verbunden.

Zu Elena Ferrantes Stil gehört das soghafte und detailreiche Erzählen, verhaftet im Alltag und der Realität, die in Italien neben der latent korrupten Politik auch der Gefahr durch die Camorra und drohende Gewalt bedeutet. Ferrante zeigt mit diesen Romanen ein Zeitportrait und eine Gesellschaftsanalyse.

Die 4 Teile der Saga bilden nach meiner Lesweise einen umfangreichen und großen, zusammenhängenden Roman, voller Komplexität und Tiefe.

Veröffentlicht am 17.02.2018

Vor dem Abschied

Der erste Blick, der letzte Kuss und alles dazwischen
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Dieser Roman beschäftigt sich auf sehr konzentrierte und dichte Art mit einem Thema, dass vielen jungen Menschen begegnen kann. Der Trennung aufgrund Auszug aus der Heimat. Das bedeutet Abschied von Eltern, ...

Dieser Roman beschäftigt sich auf sehr konzentrierte und dichte Art mit einem Thema, dass vielen jungen Menschen begegnen kann. Der Trennung aufgrund Auszug aus der Heimat. Das bedeutet Abschied von Eltern, Freunden und dem Altbekannten, und möglicherweise von der Liebe. Clare und Aidan sind seit Jahren ein Liebespaar, jetzt werden sie 3000 Kilometer entfernt voneinander studieren. Das ist das vermutliche Aus für die Beziehung. Niemand junges übersteht eine Fernbeziehung in diesem Ausmaß.
Doch noch sind Clare und Aidan nicht bereit für die Trennung.
Die Handlung erstreckt sich hauptsächlich auf den letzten Tag und die letzte Nacht.

Jennifer E. Smith besitzt einen guten Schreibstil, durch die Figuren wird es aber auch manchmal anstrengend. Insbesondere Clare besteht darauf, ihre Beziehung intensiv zu analysieren. Das soll helfen, die Entscheidung zu treffen, ob die Trennung wirklich das Richtige ist. Dieser Prozess ist teilweise eine Qual für die beiden.

Zum Problem der möglichen Trennung kommen auch noch Familienprobleme, Aidan und sein Vater haben Streit, und Schwierigkeiten mit den Freunden.

Der Originaltitel Hello, Goodbye And Everything In Between gefällt mir besser als der deutsche, der zu oberflächlich für diesen ernsthaften Roman klingt.
Insgesamt ein guter Roman über Liebe im Fokus der Trennung, der aber nicht über die Leichtheit vergleichbarer Liebesromane für Young Adults besitzt und daher wohl nicht jedem Leser gefallen wird.
Ich schätze an dem Buch, wie ernsthaft und auch realistisch dieser (unvermeintliche?) Abschied beschrieben wird.

Veröffentlicht am 16.02.2018

Geschwisterbeziehung

Der große Bruder
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Der große Bruder ist ein kurzer Roman, aber er funktioniert dennoch gut, da sich die niederländische Autorin Esther Gerristen auf ein wichtiges Element konzentriert. Sie arbeitet die Tiefe der Beziehung ...

Der große Bruder ist ein kurzer Roman, aber er funktioniert dennoch gut, da sich die niederländische Autorin Esther Gerristen auf ein wichtiges Element konzentriert. Sie arbeitet die Tiefe der Beziehung zwischen den Figuren, Bruder und Schwester heraus. Eine Tiefe, den die beiden sich am Anfang nicht bewusst waren. Erst ein Schicksalsschlag führt sie dazu, als dem Diabetiker Marcus ein Bein abgenommen werden. Seine Schwester Olivia ist eigentlich von ihm entfremdet, dennoch nimmt sie ihn für die Zeit der Rekonvalenz bei sich und ihrer Familie auf.

Die Wiederannäherung der Geschwister ist nicht einfach und braucht seine Zeit. Überrascht stellt Olivia fest, dass ihr Bruder andere Erinnerungen an ihre gemeinsame Kindheit hat als sie. Olivia stellt ihr Leben, Beruf und Familie in Frage.

Die Autorin nimmt dem Text durch ironische, witzige Dialoge ihre Tragik, nicht jedoch ihrer Bedeutung. Es bleibt ein ernsthafter, realistischer Text. Ein Buch, dass ich sehr gerne gelesen habe.

Veröffentlicht am 12.02.2018

Ein beeindruckender Roman

Der Reisende
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Der Reisende ist ein Roman, der in erster Fassung 1940 in den USAS erschien. Er schildert exemplarisch anhand der Hauptfigur Otto Silbermann, ein jüdischer Geschäftsmann, die Verfolgung der Juden in Deutschlands ...

Der Reisende ist ein Roman, der in erster Fassung 1940 in den USAS erschien. Er schildert exemplarisch anhand der Hauptfigur Otto Silbermann, ein jüdischer Geschäftsmann, die Verfolgung der Juden in Deutschlands schlimmster Zeit.
Das Buch ist somit ein Zeitdokument. Der Roman überzeugt auch literarisch, da er dicht und konzentriert geschrieben ist. Als Leser folgt man dem Protagonisten, der auf seiner Flucht kreuz und quer mit Zügen durch Deutschland reist. Einmal versucht er an der belgischen Grenze das Land zu verlassen. In Frankreich lebt sein Sohn, der ihm eine Hoffnung auf ein mögliches neues Leben gibt. Doch er wird entdeckt und zurückgeschickt. Man spürt den Druck, den Silbermann ausgesetzt ist und sieht, wie die Hoffnungslosigkeit und sein Entsetzen zunimmt.

Ein beeindruckender Roman, der in den heutigen Zeiten, in denen die Flüchtlingspolitik wieder mitleidslos und gnadenloser wird, gebraucht wird.