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Veröffentlicht am 18.03.2018

Giganten unter den Denkern

Zeit der Zauberer
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Zeit der Zauberer ist ein Buch über deutsche Philosophie in einer entscheidenden Zeit, das mir ausgezeichnet gefällt. Man muss aber ein geeigneter Leser für das Buch sein. Der Philosophie-Spezialist weiß ...

Zeit der Zauberer ist ein Buch über deutsche Philosophie in einer entscheidenden Zeit, das mir ausgezeichnet gefällt. Man muss aber ein geeigneter Leser für das Buch sein. Der Philosophie-Spezialist weiß vielleicht schon zu viel, der absolute Laie zu wenig. Beide Extreme können wahrscheinlich wenig mit dem Buch anfangen.
Man sollte also schon wissen, wer die Hauptfiguren dieses Buches waren und welche Bedeutung sie hatten.
Martin Heidegger, Walter Benjamin, Ludwig Wittgenstein und der heutzutage vielleicht etwas weniger bekannte Ernst Cassirer haben die Philosophie des zwanzigsten Jahrhunderts geprägt und alle waren sie besondere Persönlichkeiten, wenn auch sehr verschiedene.
Dadurch, dass das Buch sehr erzählend gehalten ist und kapitelweise immer wieder zwischen den vieren wechselt, dennoch Zusammenhänge erkennen lässt, erhält das Buch eine besondere Spannung. Diese Spannung wird auch nahezu über den gesamten Text aufrechterhalten. Die Entwicklungen der Philosophie-Zauberer werden gut gezeigt, sowohl anhand ihres Lebens als auch den gesellschaftlichen Strömungen der Zeit, die auf ihre philosophischen Werke einwirkt.
Nur selten gab es Passagen, die mich wenig erreichten.
Dafür sind einige Momente so gut ausgeführt, dass sofortiger Lesegewinn entsteht. Dazu gehören z.B. Heideggers und Cassirers Philosophiediskussion beim Gipfeltreffen in Davos, Wittgenstein in Cambridge, Walter Benjamins ständige Finanzprobleme oder Heideggers Affäre mit Hannah Arendt und die Entstehung von Sein und Zeit. Man könnte viele weitere aufzählen.

Wolfram Ellenberger hat ein sehr unterhaltendes, lebhaftes Buch voller Tempo geschrieben, dass sich der Interessierte Leser nicht entgehen lassen sollte.

Veröffentlicht am 17.03.2018

Geschicktes Erzählen zwischen den Zeiten

Eine Liebe, in Gedanken
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Die Klaus-Michael-Kühne Preisträgerin Kristine Bilkau schreibt in ihrem zweitem Roman “Eine Liebe, in Gedanken” über eine gescheiterte Liebe in den sechziger Jahren. Die Hamburger Autorin verfügt über ...

Die Klaus-Michael-Kühne Preisträgerin Kristine Bilkau schreibt in ihrem zweitem Roman “Eine Liebe, in Gedanken” über eine gescheiterte Liebe in den sechziger Jahren. Die Hamburger Autorin verfügt über sprachliche Qualitäten, sie schreibt aber auch verhalten. Die Zurückhaltung ihrer Figuren Antonioa und Edgar ist wohl auch einer norddeutschen Mentalität geschuldet. Jedoch sind sie nicht emotionslos, im Gegenteil. Doch ihre Emotionen verbergen sie, insbesondere Edgar schreckt vor zu viel Intensität zurück, schützt sich mit sprachlich aberwitzigen Briefen und wie im Klappentext bereits angedeutet schließlich auch mit räumlicher Distanz. Er geht nach Hongkong, Antonia bleibt voller Hoffnungen zurück, die sich nie erfüllen.
Ich frage mich, wie der Roman auf den Leser wohl wirken würde, wenn der Klappentext nicht die Handlung vorwegnehmen würde. Ich denke, dann wäre das Leseerlebnis noch stärker.

Ein Merkmal des Romans ist das Zeitportrait. Verhaltensweisen des Paars und der Gesellschaft werden genau gezeigt, fast könnte man sagen entlarvt.
Auffällig ist Antonias Stärke, die sie natürlich nicht vor Verletzungen schützt, aber doch immerhin ermöglicht, dass sie sich ihr eigenes Leben aufbaut. Reflektiert wird das Ganze durch ihre erwachsene Tochter, die nach dem Tod der Mutter dieser vergangenen Liebe nachspürt. Dieser Kunstgriff erlaubt ein geschicktes Erzählen zwischen den Zeiten, das ist deutlich effektiver als ein lineares Erzählen. So entsteht ein Beziehungsroman, der nicht nur ein Liebesroman ist und jegliche Elemente des Kitsches ausschließt.

Veröffentlicht am 17.03.2018

Wilm! Geef mi dorup noch' Kruiden

Deichfürst
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Heike van Hoorn entwirft ihre Hauptfigur Gertrud Boekhoff, Journalistin für das Rheiderländer Tagblatt, als Original und als Kumpeltyp, sehr sympathisch.

Zweite Hauptfigur ist der Kriminalhauptkommissar ...

Heike van Hoorn entwirft ihre Hauptfigur Gertrud Boekhoff, Journalistin für das Rheiderländer Tagblatt, als Original und als Kumpeltyp, sehr sympathisch.

Zweite Hauptfigur ist der Kriminalhauptkommissar Stephan Möllenkamp, der zur Kripo Leer gehört und verheiratet ist.

Beide beschäftigt der Mordfall an einem 80jährigen Mann, der aufgefunden wurde.
Das Opfer hat offenbar auch eine mysteriöse Vergangenheit.

Das detailreich gemachte Cover erwirkt wirklich eine Ostfriesland-Atmosphäre, die sich schnell auch im Text wiederfindet. Dazu gehört zum Beispiel ein Plattdeutsch-Dialekt der Einwohner, oder auch Konflikte zwischen denen die zur Meyer Werft in Papenburg mit deren Ozeanriesen gehören und denen deren Existenz als Krabbenfischer dadurch in Gefahr gerät.
Das finde ich ziemlich glaubwürdig entworfen.

Hinzu kommt ein Handlungsstrang, der im Jahr 1946 und später in den fünfziger und sechziger Jahren angesiedelt ist.
Es scheinen Ereignisse der Gegenwart und der Vergangenheit eine Rolle im Mordfall zu spielen.
Mehr sollte man an dieser Stelle nicht über den Fall verraten.

Der Krimi ist zwar relativ konventionell, aber das muss ja nicht unbedingt negativ sein. Das Buch überzeugt durch Realismus, so ist auch die Teamarbeit zwischen Polizei und der Lokalreporterin nicht gerade einfach. Sie ermitteln nicht wirklich zusammen. Ich könnte mir vorstellen, dass sich bei einer möglichen Fortsetzung in dieser Hinsicht noch mehr ergibt.

Veröffentlicht am 15.03.2018

tragisch und humorvoll zugleich

Bis zum Himmel und zurück
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Die Drehbuchautorin Katja ist in manchen Bereichen ihres Lebens wenig gefestigt, z.B. in ihrer Beziehung zu ihrem Freund, die sie lieber locker hält.
Ihr ist das Vertrauen in Menschen verloren gegangen, ...

Die Drehbuchautorin Katja ist in manchen Bereichen ihres Lebens wenig gefestigt, z.B. in ihrer Beziehung zu ihrem Freund, die sie lieber locker hält.
Ihr ist das Vertrauen in Menschen verloren gegangen, da in ihrer Kindheit ein schlimmes Erlebnis vorkam, der Tod ihrer kleinen Schwester. Sie gibt sich selbst die Schuld daran, ihre Mutter fing damals an zu trinken und der Vater hat die Familie verlassen.

Katjas Leben ist privat wie beruflich festgefahren. Das ändert sich erst, als urplötzlich ihre kleine Halbschwester, von der sie bisher nichts wusste, auftaucht. Vieles aus ihrer Vergangenheit wird aufgerührt, auch ein Wiedersehen mit einem Jugendfreund erfolgt.

Der Roman hat humorvolle wie tragische Stellen, und ist immer emotional ergreifend. Die Autorin macht deutlich, was es heißt, seit der Kindheit mit Schuld und einer unverarbeiteten Vergangenheit zu leben.

Veröffentlicht am 12.03.2018

Mandelas Spirit

Nelson Mandela
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Das Buch ist nicht umfangreich, aber kompakt. Der erste Teil des Buches beschäftigt sich mit Nelson Mandelas Kindheit, Jugend und Entwicklung. Diese Abschnitte kommen einem teilweise bekannt vor. Als wenn ...

Das Buch ist nicht umfangreich, aber kompakt. Der erste Teil des Buches beschäftigt sich mit Nelson Mandelas Kindheit, Jugend und Entwicklung. Diese Abschnitte kommen einem teilweise bekannt vor. Als wenn sie schon einmal so oder ähnlich vom Autor veröffentlicht wurden.

Wesentlich interessanter ist der längere zweite Teil des Buches, dass den gesellschaftlichen und politischen Zustand Südafrikas nach Mandela betrachtet und der kein besonders optimistisches Bild zeichnet. Es wird klar, dass eine Persönlichkeit wie Mandela nicht ohne weiteres ersetzt werden kann. Südafrika ist nicht irgendein Land. Unter den afrikanischen Ländern hat es eine Sonderstellung eingenommen, die Potenziale waren da, aber Chance wurden vergeben. Man kann nur hoffen, dass das Erbe Mandelas nicht ganz vergessen wird und sein Spirit doch noch einmal strahlend erinnert wird.