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Veröffentlicht am 14.01.2018

Fotos und Interviews

Der weiße Fleck/The White Spot. DDR Hohenschönhausen
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Die Fotografin Ivanka Penjak beschäftigt sich in ihrem Buch „Der weiße Fleck“ mit der Frage damit, wie fotografiere ich etwas Abstraktes wie Geschichte?
Thema sind die Menschen, die zu Zeiten der DDR aus ...

Die Fotografin Ivanka Penjak beschäftigt sich in ihrem Buch „Der weiße Fleck“ mit der Frage damit, wie fotografiere ich etwas Abstraktes wie Geschichte?
Thema sind die Menschen, die zu Zeiten der DDR aus politischen Gründen, wie z.B. versuchter Republikflucht, verhaftet und von der Stasi verhört wurden.
Dafür fotografierte die Autorin die ehemalige Untersuchungshaftanstalt der Staatssicherheit der DDR in Hohenschönhausen, Berlin und einige Menschen, die hier in Isolationshaft saßen, aber auch ehemalige Mitarbeiter der Stasi.
Es sind schon beklemmende Fotos, die sofort deutlich machen, dass hier nichts gemütlich war.

Dann folgen die Interviews mit 10 Beteiligten. Hierbei kommen die Menschen wirklich zu Wort und es wird emotional. Man spürt, dass für die betroffenen die Sache nicht wirklich vorbei ist. Die erlebten Ungerechtigkeiten haben sie geprägt. Man kann sie aber auch dafür bewundern, dass sie nicht gebrochen sind sondern ihren inneren Widerstand gegen ein Unrechtssystem erhalten haben.
Die Texte sind durchgängig in Deutsch und Englisch gehalten.

Als E-Book ist das Buch teilweise schwer lesbar. Abbildungen und Schriftgröße passen je nach E-Book-Reader-Einstellung häufig nicht zu zueinander.
Ich würde daher doch zu der Buchausgabe raten.

Das Buch ist wichtig, da es Geschehnisse dokumentiert, die doch manche heute nicht mehr wahrhaben wollen und verleugnen.
Der weiße Fleck ist ein Werk, das dazu beiträgt, Geschichtsrevisionismus zu verhindern.

Veröffentlicht am 13.01.2018

Am Fluss

Ich weiß, heute Nacht werde ich träumen
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Der australische Poet Steven Herrick schreibt in Versform über das Leben von 2 Jungen, die nach dem frühen Tod der Mutter zusammen mit ihrem Vater in einer Kleinstadt in Australien aufwachsen. Erzähler ...

Der australische Poet Steven Herrick schreibt in Versform über das Leben von 2 Jungen, die nach dem frühen Tod der Mutter zusammen mit ihrem Vater in einer Kleinstadt in Australien aufwachsen. Erzähler ist Harry, ein Jahr älter als sein Bruder Keith.
Es sind die frühen sechziger Jahre.

Die gewählte Form ist geeignet um mit der nötigen Sensibilität die Lebenssituation zu zeigen.
Steven Herrick konzentriert sich ganz und gar auf die Schilderung des Lebens in der Stadt, er zeigt die äußeren Bedingungen und inneren Emotionen in großer Deutlichkeit.
Man taucht tief ein in die Welt der Jungen.
Harry trauert nicht nur um seine Mutter, sondern auch um seine bewunderte Schulfreundin Linda, die in der Flut ertrank. Auch Harrys Vater ist von der Trauer gewissermaßen so gefangen, dass er seine Jungen frei und tolerant aufwachsen lässt.
So teilt sich die Melancholie des Textes mit einer großen Empathie für die Figuren.

Noch einmal zum Stil: Geschrieben in Versen, ist der Text doch flüssig und einfach zu lesen. Herrick lässt Überflüssiges weg, konzentriert auch auf das Wesentliche und das mit großer Genauigkeit.

By the River, so der Originaltitel, ist ein starker Coming-of-Age-Roman, wie man ihn schon lange nicht mehr gelesen hat. Gut, dass dieses preisgekrönte Buch von 2004 doch noch übersetzt wurde.

Veröffentlicht am 12.01.2018

Wendepunkt

Töchter wie wir
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“Töchter wie wir” von Barbara Kunrath ist ein ganz gutes Buch! Da kann man zufrieden sein.

Mona ist mit 40 an einem Wendepunkt, an dem sie feststellt, dass sie mit ihrem Leben unzufrieden ist.
Ihre Mutter ...

“Töchter wie wir” von Barbara Kunrath ist ein ganz gutes Buch! Da kann man zufrieden sein.

Mona ist mit 40 an einem Wendepunkt, an dem sie feststellt, dass sie mit ihrem Leben unzufrieden ist.
Ihre Mutter Hella ist Witwe und Trinkerin, die auch nicht gerade auf ein erfolgreiches, glückliches Leben zurückblickt.
Beides also unglückliche und unzufriedene Frauen. Nach und nach, in wechselnden Kapiteln mit jeweils Mona oder Hella im Blickpunkt, erfährt man immer mehr von den Gründen und Hintergründen.

Jetzt ist der Zeitpunkt, an dem man sich die Frage stellt, ob man alte Ressentiments endlich abbauen und auf einer vernünftigen Ebene neu zusammen finden kann.
Das ist für mich das große Thema des Romans.

Veröffentlicht am 09.01.2018

Thriller in den Bergen

Vergeben, nicht vergessen
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Die Handlung des Romans hörte sich gut an, doch er ist mit den Mitteln der Trivialliteratur geschrieben und daher wenig tiefgründig. Catherine Coulter hat schon über 70 Romane geschrieben. Spezialisiert ...

Die Handlung des Romans hörte sich gut an, doch er ist mit den Mitteln der Trivialliteratur geschrieben und daher wenig tiefgründig. Catherine Coulter hat schon über 70 Romane geschrieben. Spezialisiert ist sie auf Liebesromane und Thriller. Diese Fliesbandarbeit merkt man diesem Buch von 1998 auch an. Die Figurengestaltung grenzt am Klischee. So ist die Hauptfigur Ramsey Hunt (!) nicht nur ein Richter sondern gilt auch noch als Held. Als er im Wald ein verletztes sechsjähriges Mädchen findet, kümmert er sich um sie. Sie spricht zunächst nicht. Später stößt ihre Mutter Molly dazu. Die drei werden im Zeichen der Gefahr ein Team!
Es gibt einige Ungereimtheiten, z.B. dass der Richter das verletzte Kind nicht schnellstens ins Krankenhaus bringt, zumal es offenbar missbraucht wurde. Dass die Entführung des Kindes vom Vater arrangiert sein soll, wirkt eher unglaubwürdig. Genauso wie der Romantikanteil zwischen Ramsey und Molly.
Hilfreich wäre eine nachvollziehbare, psychologische Motivsuche gewesen.
Das Mädchen Emma muss im Verlauf der Handlung noch mehr schlimmes durchmachen, sie kann einem Leid tun. Ihren traumatisierten Zustand sprachlich darzustellen, misslingt der Autorin.

Auch wenn ich vielleicht nicht unbedingt zur Zielgruppe gehöre, bin ich der Überzeugung, dass jeder Thrillerfan leicht ein lesenwerteres Buch findet. Der Catherine Coulter-Fankreis wird es anders sehen.

Veröffentlicht am 07.01.2018

Julias Antwort

Wie ich dank Shakespeare in Verona die große Liebe fand
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"Wie ich Dank Shakespeare in Verona die große Liebe fand" ist ein Buch mit autobiografischen Bezug, dass sich dem Shakespeare-Stück Romeo und Julia und dem Thema Liebe auf verschiedene Weisen nähert. Der ...

"Wie ich Dank Shakespeare in Verona die große Liebe fand" ist ein Buch mit autobiografischen Bezug, dass sich dem Shakespeare-Stück Romeo und Julia und dem Thema Liebe auf verschiedene Weisen nähert. Der kanadische Autor und Icherzähler Glenn Dixon ist ein Lehrer, der nach Verona kam, um ehrenamtlich "Briefe an Julia" zu beantworten, aber auch um sich über seine eigene Gefühlslage in Bezug auf Liebesbeziehungen klar zu werden. Da ist seine vergangene Geschichte mit Claire, die erliebte, sie ihn aber nicht. In Rückblicken wird ihre Geschichte erzählt.

Der ruhige, nachdenkliche Stil gefällt mir gut und erinnert im positiven Sinne an die Prosa des Bestsellerautors Richard Paul Evans.
Manche Passagen sind sachlich-analytisch, andere erzählerisch gestaltet. Gut werden die Details über die Stadt Verona, meist mit Bezug zu Romeo und Julia, eingeflochten. Durch die Briefe werden viele Schicksale im Zusammenhang mit Freuden und Schmerzen durch die Liebe gezeigt. Einige der Briefe sind ergreifend.

Mir persönlich haben die Szenen im Schulzimmer, wo er mit Schülern das Stück Romeo und Julia durchgeht, am besten gefallen. Hier gehen die Schüler richtig mit, Glenn ist ein guter Lehrer. Aber natürlich ist es die Gesamtheit an Inhalt und form, die das Buch ausmacht. Der Mix gelingt.