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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 02.01.2024

Armenien, damals und heute

Aprikosenzeit, dunkel
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Es beginnt mit Erinnerungen an die Wüste. Ein Kapitel, dass die Eindrücke einer Überlebenden des Genozids 1915 vermittelt. Das leitet die Kapitel um Karine ein. Aber zwischen deren Kapiteln kehrt man ...



Es beginnt mit Erinnerungen an die Wüste. Ein Kapitel, dass die Eindrücke einer Überlebenden des Genozids 1915 vermittelt. Das leitet die Kapitel um Karine ein. Aber zwischen deren Kapiteln kehrt man immer wieder in diese Vergangenheit zurück.

In Deutschland aufgewachsen, doch mit armenischen Wurzeln geht die Protagonistin Karine in die Heimat ihrer Mutter, um für eine NGO zu arbeiten .
An ihrer Seite erlebt der Leser eine andere Welt. Die Hitze, die graue Stadt, Eintönigkeit, dann Ararat, den berühmten Berg.

Sprachlich spielt die Autorin noch nicht in der ersten Liga, aber es gibt Ansätze. Man spürt die Emotionen. Es ist ein interessanter Roman, der deutlich macht, wie schwierig es ist, mit dem Thema Völkermord offen umzugehen.
Das Buch steht natürlich auch ein wenig im Schatten jüngster Ereignisse in Bergkarabach.
Corinna Kulenkamp hat da einen vielversprechendes Debüt vorgelegt.

Veröffentlicht am 02.01.2024

Debütroman

Nicht ich
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Zeruya Shalevs Debütroman, der jetzt erstmals auf Deutsch erscheint und ein Vorwort der Autorin enthält, ist sprachlich anders als ihre späteren Romane. Doch einige bekannte Motive ihrer anderen Bücher ...

Zeruya Shalevs Debütroman, der jetzt erstmals auf Deutsch erscheint und ein Vorwort der Autorin enthält, ist sprachlich anders als ihre späteren Romane. Doch einige bekannte Motive ihrer anderen Bücher gibt es doch.

Eine Frau verlässt Mann und 5jährige Tochter für ihren Geliebten.
Doch damit kommt sie nicht klar. Sie isoliert sich selbst und beklagt ihren Zustand. Sie leidet. Ihr gehen sogar die Haare aus.
Diesen Bewusstseinszustand macht Zeruya Shalev mit Mitteln des magischen Realismus deutlich. Das hat mich nach anfänglicher Skepsis doch überzeugt.

Veröffentlicht am 28.12.2023

Ein energiegeladener Text

Die sieben Monde des Maali Almeida
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Der preisgekrönte Roman Die sieben Monde des Maali Almeida ist ein aufregendes Buch. Zum einen, weil es den Leser in die achtziger Jahre nach Sri Lanka führt. Es ist die Zeit des Bürgerkriegs zwischen ...

Der preisgekrönte Roman Die sieben Monde des Maali Almeida ist ein aufregendes Buch. Zum einen, weil es den Leser in die achtziger Jahre nach Sri Lanka führt. Es ist die Zeit des Bürgerkriegs zwischen der tamilischen Minderheit und der singhalesischen Mehrheit in Sri Lanka.
Eine fremde Welt für mich. Zwar gibt einen der Autor Shehan Karunatilaka Hilfestellungen, welche Gruppen zu der Zeit, welche Interessen in Sr Lanka verfolgten, dennoch ist es schwer, immer zu folgen. Manchmal muss man sich daher trieben lassen. Am besten man folgt dem gerade ermordeten Protagonisten Maali Almeida, der Fotograf war, auf seiner Suche nach seinem Mörder. Es geht durch Sieben Tage und Nächte und erzählt von seinen Begegnungen mit anderen Geistern. Ein Weg wie durch ein Labyrinth.

Das Buch ist aber auch aufregend wegen seiner großartigen literarischen Form. In der zweiten Person erzählt, ist man nah bei der Figur. Maali ist wirklich eine starke Figur, engagiert, neugierig, furchtlos und voller Lebensgier.
Es gibt auch Passagen mit Maalis guter Freundin Jaki und ihr Cousin DD, der sein Liebhaber war. Diese beobachtet Maali für eine Zeit lang.

Das Buch ist sprachlich farbig, der Ton ist durchsetzt von Ironie. Das Buch hat so viel Kraft und Energie. Das ist beeindruckend.

Veröffentlicht am 28.12.2023

Das harmonische Beben in Boca Grande

Wie die Vögel unter dem Himmel
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Joan Didions Roman „Wie die Vögel unter dem Himmel“ ist in den siebziger Jahren entstanden und auch ein wenig ein Produkt seiner Zeit. Der Originaltitel A Book of Common Prayer ist vielleicht der bessere.
Auffällig ...

Joan Didions Roman „Wie die Vögel unter dem Himmel“ ist in den siebziger Jahren entstanden und auch ein wenig ein Produkt seiner Zeit. Der Originaltitel A Book of Common Prayer ist vielleicht der bessere.
Auffällig ist der sachliche Erzählstil. Es ist eine Art Bericht. Dadurch kommt man der Hauptfigur nicht so nahe.
Erzählerin ist Grace Strasser-Mendana, eine Frau, die mit der amerikanischen Hauptprotagonistin Charlotte Douglas bekannt war. Sie treffen sich in einem lateinamerikanischen Land.
Einschneidendes Ereignis für Charlotte war das Verschwinden ihrer Tochter Marin, nachdem diese an einem politisch motivierten Anschlag beteiligt war.

Die distanzierte Erzählart erinnert an Essays, von denen Joan Didion so einige geschrieben hat. In einem Roman ist diese Form problematisch, doch die Themen an sich sind packend und die Dramaturgie des Plots nimmt kontinuierlich zu. Es ist insgesamt gesehen ein interessantes Buch.

Veröffentlicht am 27.12.2023

25 Jahre später

Eine halbe Ewigkeit
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Eine halbe Ewigkeit von ildiko von Kürthy ist ein interessantes Buch. Die Preisfrage für mich war aber, ob man auch etwas mit dem Roman anfangen kann, wenn man den Vorgänger, den Bestseller Mondscheintarif ...

Eine halbe Ewigkeit von ildiko von Kürthy ist ein interessantes Buch. Die Preisfrage für mich war aber, ob man auch etwas mit dem Roman anfangen kann, wenn man den Vorgänger, den Bestseller Mondscheintarif nicht gelesen hat. Das ist bei mir der Fall.
Ich kann sagen, dass da schon eine gewisse Leerstelle ist.
Aber ich kenne „Morgen kann kommen“ von ihr und schon gibt es ein Wiedersehen mit bekannten Figuren, zum Beispiel den extrovertierten Erdal. Eine originelle, wenn auch klischeevolle Figur.

Die Handlung um Cora Hübsch setzt 25 Jahre später als bei Mondscheintarif ein und es geht viel um den Scheidepunkt, an dem Cora angekommen ist.
Cora ist zwar selbstbewusst, aber manchmal auch selbstkritisch und unzufrieden, zum Beispiel mit ihrem Körper. Manchmal erinnerte mich das an Bridget Jones.

Auch mit der Handlung komme ich gut klar. Tagebuchszenen der Vergangenheit sind eingebunden. Schließlich kommen spät im Buch auch Szenen, die die vorher nicht erzählte Vorgeschichte der Trennung mit Daniel erläutern und das mit Coras Freundin Johanna erklärt.

Ildiko von Kürthy ist für mich ein Aushängeschild von Unterhaltungsliteratur mit einer Spur Tiefgang. Sie ist einfach besser als andere des Genres Frauenschmöker. Stilistisch hat sie ihre Linie, die funktioniert und dazu gehört eine gute Portion Selbstironie. Dass kennzeichnet das Buch.