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Veröffentlicht am 02.10.2021

Vater-Sohn-Beziehung

Erstaunen
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Erstaunen ist ein Roman von hoher Qualität, der eine besondere Vater-Sohn-Beziehung zeigt. Theo ist Astrobiologe, der seine Frau bei einem Autounfall verloren hat. Sein 9jähriger Sohn Robin zeigt Züge ...

Erstaunen ist ein Roman von hoher Qualität, der eine besondere Vater-Sohn-Beziehung zeigt. Theo ist Astrobiologe, der seine Frau bei einem Autounfall verloren hat. Sein 9jähriger Sohn Robin zeigt Züge von Asberger.
Beide sind natürlich schwer in Trauer.
Aber Robin hat auch Angst um die Welt, insbesondere um die gefährdeten Tiere und will am Beispiel von Greta Thunberg mit einem warnenden Plakat vor dem Kapitol protestieren.
Aber es sind die Trump-Jahre und wissenschaftliche Erkenntnisse und Umweltschutz sind für die Gesellschaft und Regierung bedeutungslos.

Der Roman wird durchgängig aus der Sicht des Vaters erzählt, der sich um seinen Sohn sorgt und versucht, ihn in jeder Art zu fördern. Robin ist ein Junge, der fähig ist, genau in die Natur zu sehen und sie in all ihrer Schönheit zu erkennen.
Ihre enge Beziehung hat Richard Powers liebevoll geschildert.
Umso kritischer sieht er die amerikanische Gesellschaft, die so egoistisch und gleichgültig ist.

Richard Powers ist ein bedeutender US-Amerikanische Schriftsteller, der gesellschaftliche Zustände zeigen kann und der zu Recht Pulitzer-Preisträger ist. Erstaunen steht dieses Jahr auf der Shortlist des renommierten Booker-Prize und ich wünsche dem Buch viel Erfolg.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 27.09.2021

Aufwachsen in Kalkutta

Das russische Testament
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Shumona Sinha ist seit ihrem Roman Erschlagt die Armen eine der aufregendsten Stimmen der französischsprachigen Literatur. Das liegt zum Teil auch an ihrem Background. Sie ist in Kalkutta geboren und Kalkutta ...

Shumona Sinha ist seit ihrem Roman Erschlagt die Armen eine der aufregendsten Stimmen der französischsprachigen Literatur. Das liegt zum Teil auch an ihrem Background. Sie ist in Kalkutta geboren und Kalkutta spielt auch in diesem Roman eine Rolle, genauso wie Russland.
Da ist Tania, die in Kalkutta aufgewachsen ist und da ist eine 80jährige Frau in Sankt Petersburg. In ihrem Part ist sie Icherzählerin.
Tania hat eine schwere Kindheit, da ihre Mutter sie schlägt. Trost findet sie immer nur in Büchern. Dieser literarische Bezug ist klug eingesetzt und trägt zu Tanias Entwicklung als tragende Figur bei.
Ob und wann diese beiden Figuren aufeinandertreffen sei hier noch nicht verraten.
Die Handlung klingt komplex, ergibt sich beim Lesen aber sehr gut.
Die sprachlichen Qualitäten des Romans sind außerordentlich. Die Autorin vermag es, die Emotionen der Figuren zu vermitteln.

Veröffentlicht am 26.09.2021

Das Schickal der Insel Joya

Die Sternenleserin und das Geheimnis der Insel
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Das Buch ist schon von der Gestaltung ein Schmuckstück: schönes Cover, Karten im Klappcover und im Buch sowie Verzierungen auf jeder Seite.
Auch der Stil, der oft poetisch wird, ist bemerkenswert. Ist ...

Das Buch ist schon von der Gestaltung ein Schmuckstück: schönes Cover, Karten im Klappcover und im Buch sowie Verzierungen auf jeder Seite.
Auch der Stil, der oft poetisch wird, ist bemerkenswert. Ist ist ähnlich stark und niveauvoll wie in Kiran Millwood Hargrave letztem Buch Der Winter des Bären.

Die Insel und das Meer sind starke Motive, die verwendet werden.
Die Autorin ist auch stark im Worldbuilding und erschafft die geheimnisvolle Insel mit eigener Geschichte und autokratisch geführter Staatsform.
Hier lebt die 13jährige Isabella. Sie ist die sympathische und nachdenkliche Icherzählerin.
Sie ist befreundet mit Lope, der Tochter des Gouverneurs, obwohl es zwischen ihren Familien erhebliche politische Gegnerschaft gibt. Als eine junge Frau tot aufgefunden wird eskaliert die Situation. Lope ist verschwunden und Isabella begleitet als Junge verkleidet die Expedition des Gouverneurs.

Die Sternenleserin und das Geheimnis der Insel ist eine Leseerlebnis!

Veröffentlicht am 17.09.2021

Prosa wie Poesie

Lieben
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Der Roman ist überwiegend in der dritten Person erzählt, doch der Protagonist heißt Ich. Ab und zu fällt der Text auch ins Du.
Es ist eine Methode, um eine gewisse Distanz aufrecht zu erhalten, gleichteitig ...

Der Roman ist überwiegend in der dritten Person erzählt, doch der Protagonist heißt Ich. Ab und zu fällt der Text auch ins Du.
Es ist eine Methode, um eine gewisse Distanz aufrecht zu erhalten, gleichteitig wird es sehr intensiv.

Streckenweis liest es sich auch wie ein Essay, aber es ist sehr literarisch, also eine Mischung, die beim Leser etwas aufbrechen kann. Dafür muss man sicher etwas konzentrieren, aber es lohnt sich.

Es wird von alltäglichen Dingen erzählt, aber auch von Lieben und dem Verlust des Gefühls und sehr viel über den Tod. Dem Sterben drängt Ich hin, doch gleichzeitig liebt er das Leben und alles was damit zusammenhängt.

Der Norweger Tomas Espedal ist ein interessanter Schriftsteller.
Die Übersetzung von Lieben erfolgte durch Hinrich Schmidt-Henkel.

Veröffentlicht am 14.09.2021

Willy Vlautins Sound

Nacht wird es immer
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Willy Vlautin hat schon oft über das Leben und dem Alltag der einfachen Menschen, z.B. aus der Arbeiterschicht geschrieben. So macht er es auch hier und er geht ohne Pathos dabei vor.

Die 30jährige Lynette ...

Willy Vlautin hat schon oft über das Leben und dem Alltag der einfachen Menschen, z.B. aus der Arbeiterschicht geschrieben. So macht er es auch hier und er geht ohne Pathos dabei vor.

Die 30jährige Lynette lebt mit ihrer Mutter zusammen, sie geht zum College und arbeitet und sie passt auf ihren geistig behinderten Bruder auf. Man kann sich gut vorstellen, wie zehrend das manchmal sein muss. Der Altrag ist anstrengend und manchmal trist.
Der Traum vom Kauf eines Hauses droht zu platzen und Lynette ist bereit, Risiken einzugehen, um das benötigte Geld aufzutrieben.
Als Leser folgt man ihren verzweifelten Weg in dieser Nacht und es werden auch ihre frühreren Erlebnisse erinnert.
Vlautin zeigt, wie es schwer es ist, von der Seite der Verlierer loszukommen und dass das Scheitern manchmal unvermeidlich ist. Dadurch ist Lynette für mich noch lange keine Looserin, aber sie hatte eine Menge Pech im Leben.
Der Roman ist sehr eindringlich, besonders in den starken Dialogen und hat ein genauso gutes Niveau wie Vlautins bisherigen Bücher.