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Veröffentlicht am 31.10.2022

Der Philosoph zu Fuß

Der Fußgänger
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Wigald Boning holt in seiner philosophischen Abhandlung weit aus, sogar bis in die Kindheit und Jugend.
Bonings Liebe und Plädoyer für das Wandern ist überwiegend amüsant.
Schon als Jugendlicher begeistert ...

Wigald Boning holt in seiner philosophischen Abhandlung weit aus, sogar bis in die Kindheit und Jugend.
Bonings Liebe und Plädoyer für das Wandern ist überwiegend amüsant.
Schon als Jugendlicher begeistert er sich für das Bergwandern. Als Belohnung kann es dann auch mal eine Stadtwanderung geben.
Im Verlaufe des Buches kommt Wigald Boning weit voran.

Wigald Boning geht zum Teil sehr ins Detail. Manche Aspekte der Wanderausrüstung haben dann so sehr doch nicht interessiert. Das gilt insbesondere auch für Blasen am Fuß und Hornhaut.
Die besten Momente hat das Buch, wenn seine Gefühlswelt thematisiert wird und er einige Anekdoten über Erlebnisse aus seiner Vergangenheit zum Besten gibt.
Es gibt so einige Episoden, die er mit seiner unvergleichlichen Art schildert.
Er kann komisch sein, ohne groß zu übertreiben, wie es viele der momentan angesagten Kabarettisten und Comedians zu oft tun.

Der Fußgänger schafft beeindruckend viele Kilometer und er ist viele Stunden unterwegs.

Veröffentlicht am 30.10.2022

Der Untersuchungsrichter

Die Schatten von Paris
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Die Schatten von Paris ist der siebte Teil um den Richter von Paris, Jacques Ricou, doch für mich ist es der Einstieg in die Reihe.

Es beginnt etwas hektisch, doch mit dem ersten Auftreten des Richters ...

Die Schatten von Paris ist der siebte Teil um den Richter von Paris, Jacques Ricou, doch für mich ist es der Einstieg in die Reihe.

Es beginnt etwas hektisch, doch mit dem ersten Auftreten des Richters beim gelassen Frühstück in einem Pariser Bistro fühlt man sich schon fast angekommen.
Mich interessiert die Figur des Untersuchungsrichter. Diese Position gibt es bei uns nicht, in Frankreich hat er Bedeutung.

Manchmal muss man sich über Ricou aber auch wundern. Da ist seine Beziehung zu seiner Freundin, der Journalistin Margaux, fast schon putzig.
Beim Tod seines langjährigen Freundes Michel Delabrue bleibt er aber seltsam unberührt. Da hätte Wickert ruhig ein paar Emotionen mehr zugestehen dürfen.

Überwiegend ist der Roman gefällig zu lesen.
Ulrich Wickert ist frankophil, jahrelang hat er in Paris gelebt und gearbeitet. Er schwelgt in entsprechenden Zutaten und da macht man als Leser gerne mit.

Veröffentlicht am 30.10.2022

Von Sprache, Körpern, Verlusten und so viel mehr

Innigst / Dearly
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Ein neuer Gedichtband der großen Kanadischen Autorin.
Übersetzt wurde es von Büchner-Preisträger Jan Wagner, der mir zuletzt mehrfach als mutiger Übersetzer aufgefallen ist.
Es ist sehr zu loben, dass ...

Ein neuer Gedichtband der großen Kanadischen Autorin.
Übersetzt wurde es von Büchner-Preisträger Jan Wagner, der mir zuletzt mehrfach als mutiger Übersetzer aufgefallen ist.
Es ist sehr zu loben, dass es sich um eine zweisprachige Ausgabe handelt.
Manche Gedichte habe ich im Original gelesen, andere auf Deutsch und manchmal beide Versionen.

Nicht unwichtig auch der Untertitel Gedichte eines Lebens / Poems of a Lifetime.
Das Buch besteht aus 5 Abschnitten.
Es beginnt mit „Late Poems“, es folgt Ghost Cat Für mich ist der erste Teil ein starker Beginn des Buches, da man in den gewählten Motiven viel privates spürt.

Ein Liederzyklus, fällt auf: Lieder für ermordete Schwestern.
Es gibt mehrfach feministische Einschläge, z.B. in Werwölfe, letzter Stand, in dem man nicht mehr nur männlichen Werwölfen begegnet.

Dann auch das neunteilige Die Außerirdischen landen - neun Spätfilme.

Erst das vorletzte Gedicht im Band ist das Titelgedicht, dass alten Wörtern, wie innigst, nachspürt. Sie werden nicht mehr so häufig verwendet, haben aber noch Bedeutung.
So viele Gedichte müsste man noch erwähnen.
Sehr oft geht es um Sprache, oft auch um Körperlichkeit. Nicht selten gibt es Anspielungen auf mythisches, das macht das Buch interessant.

Ich mag an Atwoods Gedichten, das sie zwar manchmal rätselhaft sein können, aber nicht unzugänglich. Dieses Buch wird mich noch lange begleiten.

Veröffentlicht am 29.10.2022

Roman in Überlänge

Die Mauersegler
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Die Mauersegler umfasst 832 Seiten. Es ist im Prinzip ein langer Bericht des Protagonisten Toni, der beschlossen hat, sich innerhalb einen Jahres das Leben zu nehmen.
In seinem Bericht gehen die Erinnerungen ...

Die Mauersegler umfasst 832 Seiten. Es ist im Prinzip ein langer Bericht des Protagonisten Toni, der beschlossen hat, sich innerhalb einen Jahres das Leben zu nehmen.
In seinem Bericht gehen die Erinnerungen zurück in die Kindheit und in seine gescheitere Ehe mit Amalia, von der er jetzt geschieden ist und einer nicht sehr engen Beziehung zum jugendliche Sohn Nikita. Dann gibt es noch seinen guten Freund, den er innerlich immer Humpel nennt und der sein einziger Vertrauter ist.

Toni ist Lehrer, aber auch darin findet er keine Freude.
Obwohl der 55 Jahre alte Erzähler ein frustrierter Mann ist, gibt es teilweise auch komische Stellen im Buch.

Im Hintergrund tönt außerdem durch Tonis Kommentare das Leben in Spanien mit den gesellschaftlichen und politischen Problemen mit.

Mit der Hauptfigur kann man seine Probleme haben, dann verstehe ich ihn teilweise auch wieder.

Durch die Form des Romans kommt man beim Lesen nicht wirklich schnell voran und ich benötigte auch mehrere Ansätze. Doch man spürt die Relevanz des Textes und Fernando Aramburu designed sein Buch geschickt.
Schließlich war ich ganz drin im Buch und habe das Lesen genossen.

Veröffentlicht am 27.10.2022

Die Tochter des teufels

Als die Welt zerbrach
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Was für ein pathetischer Romantitel, aber die Fortsetzung des Jungen im gestreiften Pyjama wollte ich mir doch nicht entgehen lassen.
Hier geht es um die Schwester von Bruno, der im ersten Roman im Mittelpunkt ...

Was für ein pathetischer Romantitel, aber die Fortsetzung des Jungen im gestreiften Pyjama wollte ich mir doch nicht entgehen lassen.
Hier geht es um die Schwester von Bruno, der im ersten Roman im Mittelpunkt stand.
Dieser neue Roman ist weniger als Fabel erzählt.
Der irische Schriftsteller John Boyne schreibt über gewisse Themen auf spezielle Art. Damit muss man umgehen.
Der Roman wird stark durch den Erzählton geprägt. Es wird deutlich, dass die Erzählerin Gretel von den Ereignissen der Vergangenheit beschädigt ist.
Ihr Leben wird geschildert. Als Tochter des Lagerkommandanten ist sie ganz in der deutschen Schuld gefangen, und auch in persönlicher Schuld. Sie verdrängt es lange, aber als alte Frau kommt es zu einer entscheidenden Begegnung, bei der Gretel sich entscheiden muss.

Das Buch ist teilweise schwer zu verdauen. Das steht im Kontrast zu dem leichten Erzählstil, bei dem mir Teile der Dialoge fast verplaudert vorkommen.
Das Finale hingegen ist dramatisch und nach meinem Empfinden nicht wirklich angemessen.

Ob es zum Hauptthema Schuld mit diesem Buch neue Erkenntnisse gibt, wage ich zu bezweifeln, aber zum Nachdenken regt es sicherlich an.