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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 19.10.2022

Vielfältige Texte

Die weißen Jahre
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Die weißen Jahre ist eine Sammlung von Texten von Wolf Wondratschek, die unter Reportagen und Stories laufen. Ich lese sie aber eher als Anekdoten. Sie sind amüsant, aber betont subjektiv. Den Objektivitätsanspruch ...

Die weißen Jahre ist eine Sammlung von Texten von Wolf Wondratschek, die unter Reportagen und Stories laufen. Ich lese sie aber eher als Anekdoten. Sie sind amüsant, aber betont subjektiv. Den Objektivitätsanspruch einer Reportage findet man hier nicht, zum Glück muss man sagen.

Manchmal sind die Texte auch Porträts, aber weniger von den betreffenen Stars selbst als die Wirkung, die sie auf die Menschen haben. Das gilt von Elvis bis Martina Navratilova bis hin zu Rainer Werner Fassbinder. Auch für Charles Bukowski und erst Recht für Glenn Gould.

Natürlich erreichen mich nicht alle Texte, aber manche sind schon sehr gut. Besonders die, die über die Gefühlslage des Verfassers viel aussagen, und die möglicherweise auch die des Lesers ist. Das muss nicht zwangsläufig so sein, aber Wondratschek ermöglicht es, über die Themen in einen Dialog zu treten. Diese Form schätze ich sehr.

Manche Texte sind überraschend detailliert, z.B. Malcolm Lowry in Mexiko. Dazu passend dann der bewundernde Bericht über den Drehort und die Verfilmung von Unter dem Vulkan.
Orte sind Wondratschek ähnlich wichtig wie die Menschen.

Ansonsten bietet Wondratschek das, was von ihm zu erwarten ist. Launig, großspurig und fast immer originell. Das muss man natürlich mögen. Dann wird es überwiegend zum Lesevergnügen.

Veröffentlicht am 16.10.2022

Sprachlich stark und mit einem poetischen Ton

Matrix
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Die amerikanische Schriftstellerin Lauren Groff ist eine Autorin, die nicht in erste Linie historische Romane schreibt, obwohl die Handlung von Matrix im 12.Jahrhundert angesiedelt ist. Doch die Autorin ...

Die amerikanische Schriftstellerin Lauren Groff ist eine Autorin, die nicht in erste Linie historische Romane schreibt, obwohl die Handlung von Matrix im 12.Jahrhundert angesiedelt ist. Doch die Autorin will mehr zeigen als nur eine historische Kulisse. Es geht um Entwicklung und Selbstbestimmung.

Es gibt einen Bezug zu Eleonore von Aquitanien, aber Protagonistin ist Marie de France, die offenbar auch eine historische Persönlichkeit ist. Viel ist von ihr anscheinend nicht bekannt. Lauren Groff macht aus ihr eine beeindruckende und außergewöhnliche Figur!
Es wird ein längerer Zeitraum betrachtet. Das verleiht dem Buch eine entsprechende Dimension.

Lauren Groff ist stark bei Detailbeschreibungen insbesondere auch dabei, wie alles auf Marie wirkt, zum Beispiel der Eintritt ins Kloster. Ihre Emotionen werden nachvollziehbar. Und man lernt eine Klostergemeinschaft gut kennen, die Marie als Äbtissin weiterentwickeln wird.

Lauren Groffs sprachliche Mittel sind wirkungsvoll.
Wenn sie z.B. schreibt

„Eine daumendicke Schicht aus feinem, glänzendem Eis überzieht die Welt. Der Wind weht eisige Messerklingen herein.“

dann spürt man diese Eiseskälte.

Insgesamt kann man bei Matrix von einem überzeugenden Roman sprechen, wie er einen nicht oft begegnet.

Veröffentlicht am 13.10.2022

Ein beunruhigendes Buch

Kampf der Supermächte
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Ein Journalist, den sich sehr gut finde, ist der durch Fernsehen und Buch bekannte USA-Experte Elmar Theveßen. Sein jetzt erscheinendes neues Buch heißt Kampf der Supermächte - Amerika und China auf Konfrontationskurs.
Es ...

Ein Journalist, den sich sehr gut finde, ist der durch Fernsehen und Buch bekannte USA-Experte Elmar Theveßen. Sein jetzt erscheinendes neues Buch heißt Kampf der Supermächte - Amerika und China auf Konfrontationskurs.
Es ist ein komplexes, umfangreiches Werk.
Theveßen legt mit kurzen Kapitel ein hohes Tempo vor und verdichtet sein Buch. Es entsteht Intensität.
Theveßen bleibt konzentriert, kommt immer wieder auf den Punkt. In geballter Form erfährt man von Chinas Macht und Strategien. Als Leser ist man schon ein wenig gefordert, immer zu folgen.

Es wird sehr deutlich, dass es ein Kampf der Wertesysteme ist und was das für die Welt bedeutet.

Veröffentlicht am 12.10.2022

Kammerspiel auf dem Meeresgrund

Gespräche auf dem Meeresgrund
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Die Schriftstellerin und Künstlerin Root Leeb hat mit Gespräche auf dem Meeresgrund ein ungewöhnliches Buch mit philosophischen Ansatz geschrieben, dass ich mir trotz des Schauplatzes gut auf einer Bühne ...

Die Schriftstellerin und Künstlerin Root Leeb hat mit Gespräche auf dem Meeresgrund ein ungewöhnliches Buch mit philosophischen Ansatz geschrieben, dass ich mir trotz des Schauplatzes gut auf einer Bühne vorstellen, mit 3 Schauspielern. Ein wenig wirken die 3 Hauptfiguren so. Der eine, der andere und dir dritte, werden sie zunächst genannt, erst später erfährt man auch Namen. Es sind drei sehr unterschiedliche Figuren, in den Dialogen kommen sie nicht auf einen Konsens. Ihre Gemeinsamkeit sind eigentlich nur, dass sie offenbar Ertrunkene sind. In ihrem früheren Leben haben sie unterschiedliche Erfahrungen gemacht.
Zwischendurch zieht Poseidon mit mächtigen Rauschen vorüber. Root Leeb nutzt gerne große Metaphern. Außerdem streut sie ein paar Illustrationen ein.
Ich fand es nicht einfach, zu den Figuren und ihren Themen richtig Zugang zu finden. Man spürt aber die Entschlossenheit der 3, ihren jeweiligen Standpunkt durch Diskussion zu verdeutlichen. Dennoch, das ganze hat etwas künstliches und die wichtigen Themen nehmen schließlich nicht wirklich Gestalt an.

Veröffentlicht am 11.10.2022

Die Entscheidung

Sanfte Einführung ins Chaos
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Schon Marta Orriols erster Roman war wundervoll und Sanfte Einführung ins Chaos hat ähnliche Qualitäten. Es geht um die Beziehung eines jungen Paares um die dreißig in Spanien, Marta und Daniel.
Da die ...

Schon Marta Orriols erster Roman war wundervoll und Sanfte Einführung ins Chaos hat ähnliche Qualitäten. Es geht um die Beziehung eines jungen Paares um die dreißig in Spanien, Marta und Daniel.
Da die Protagonistin den gleichen Vornamen wie die Autorin trägt, liegen autobiografische Einflüsse nahe.
Andererseits ist Marta Fotografin. Dani hingegen schreibt Drehbücher für das Fernsehen.
Ein entscheidender Moment stellt ihre Beziehung auf die Probe. Marta wird schwanger und sie will das Kind nicht bekommen.
Dani hingegen ist für das Kind. Marta Orriols geht unter die Oberfläche und zeigt, wie diese Frage das Paar beschäftigt, wie das auch ihr ganzes Leben in Barcelona, ihre beruflichen Situationen und ihre Beziehung in Frage stellt. Sie machen es sich nicht leicht mit der Entscheidung.
Das Buch ist nachvollziehbar gemacht. Eine Qualität die diese Autorin in hohem Maße besitzt.