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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 06.03.2022

Was passierte wirklich?

Der Held vom Bahnhof Friedrichstraße
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Maxim Leo hat mit Der Held von Bahnhof Friedrichstraße eine ausgezeichnete und treffende Satire auf die Verklärung ostdeutscher Zustände zur Zeiten der DDR geschrieben.
1983 ist eine S-Bahn aus der DDR ...

Maxim Leo hat mit Der Held von Bahnhof Friedrichstraße eine ausgezeichnete und treffende Satire auf die Verklärung ostdeutscher Zustände zur Zeiten der DDR geschrieben.
1983 ist eine S-Bahn aus der DDR in den Westen gelangt, so jedenfalls in diesem Roman.
Michael Hartung, ein ehemaliger Bahnarbeiter wird 30 Jahre nach der Wende unversehens zum Helden, weil er einem Journalisten ein Interview über dieses Ereignis gibt. Dadurch wird über Nacht berühmt und sein Leben ändert sich.
Das es so gekommen ist, lag auch darin, dass der Journalist seine Story praktisch schon vorab fertig hatte, und damit Erwartungen erfüllt.
Dabei hat Hartung die Weichenstellung damals nur aus Versehen ausgelöst.
Das halte ich für realistisch. Man spürt beim Lesen ja auch, das man sich fast wünscht, Michael Hartung wäre wirklich der Held gewesen.

Über die DDR humorvoll zu schreiben ist riskant. Auch der Erfolgsfilm Goodbye Lenin war amüsant, entbehrte jedoch nicht der Ostalgie.

Auch der Held von Bahnhof Friedrichstraße würde ich jetzt nicht überbewerten. Aber es ist ein unterhaltender, witziger Roman, den ich mir gut als Fernsehfilm (ähnlich wie letztes Jahr 3 ½ Stunden) vorstellen könnte.

Veröffentlicht am 06.03.2022

Momente der Erinnerung

Für diesen Sommer
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Gisa Klönne beschreibt in ihrem Roman eine Vater-Tochterbeziehung

Ein Vater, eine Tochter, ein Haus voller Erinnerungen. Dieser Text des Verlags zum Buch ist sehr zutreffend.

Franziska ist Anfang 50, ...

Gisa Klönne beschreibt in ihrem Roman eine Vater-Tochterbeziehung

Ein Vater, eine Tochter, ein Haus voller Erinnerungen. Dieser Text des Verlags zum Buch ist sehr zutreffend.

Franziska ist Anfang 50, als sei wieder nach Hause kommt, um sich um ihren kranken, verwitweten Vater zu kümmern. Aber ihre Beziehung zueinander ist seit langem gestört.
Schon die Eingangsszene, als Franziska vor der Haustür steht ist stark, sie wird überflutet von Erinnerungen.Auch die Gedanken des Vaters werden beschrieben. Das ist ausgezeichnet gemacht. So erfährt man die Emotionen hautnah.
Gisa Klönnes Stil ist wirklich aufregend. Immer wieder blitzen Momente der Erinnerungen hoch. Daraus bildet sich eine ganze Familiengeschichte.
Gemacht ist das sorgfältig, aber doch mit einer Leichtigkeit, die den Roman so gut lesbar macht.

Abschließend möchte ich noch das Cover erwähnen, das ein Gemälde der Malerin Kim Reuter zeigt und wirklich gelungen ist.

Veröffentlicht am 06.03.2022

Glückliche Tage in Melbourne

Die Feuer
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Die australische Schriftstellerin Claire Thomas hat mit Die Feuer ihren dritten Roman geschrieben. Ins Deutsche übertragen hat ihn Eva Bonné.
In diesem sprachlich ansprechenden Roman sind drei Frauen an ...

Die australische Schriftstellerin Claire Thomas hat mit Die Feuer ihren dritten Roman geschrieben. Ins Deutsche übertragen hat ihn Eva Bonné.
In diesem sprachlich ansprechenden Roman sind drei Frauen an einem heißen Tag im Theater und sehen ein Stück von Samuel Beckett.
Es sind die siebzigjährige Margot, dann die ca.40jährige Ivy und die junge Platzanweiserin Summer. Sie sind sehr unterschiedlich. Die meiste Zeit zeigt die Autorin die inneren Gedanken der Frauen, die sich kapitelweise abwechseln und verschiedene Themen einkreisen. Dann wieder wird auch gezeigt, was auf der Bühne passiert.

Das aufgeführte Stück ist aber auch entscheidend. Glückliche Tage, bei der eine Frau bis zur Hälfte in der Erde steckt. Es scheint als versinnbildlicht das zum Teil, wie die Protagonistinnen sich fühlen.

Die Gedanken der 3 Frauen gehen auch in die Vergangenheit, manchmal sogar bis in die Kindheit und so ist man als Leser in verschiedenen Ebenen unterwegs. Das kann herausfordernd sein, da man doch sehr aufpassen muss.
Originell auch, wie sie die Pause, in der sich die drei treffen, in Szenen gestaltet
Und das, während es in der Umgebung von Melbourne aufgrund der Hitze brennt.

Claire Thomas Schreibweise ist geschickt gemacht, gerade weil sie einen einzigen Ort, das Theater, als Ausgangspunkt wählt.

Veröffentlicht am 05.03.2022

Besessenheit eines Vaters

Der fürsorgliche Mr. Cave
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Matt Haigs Romane „Ich und die Menschen“ und „Wie man die Zeit anhält“ hatten mich beeindruckt und Der fürsorgliche Mr Cave hat ein ähnliches Niveau, ohne ganz daran zu kommen. Schließlich ist es ein Frühwerk ...

Matt Haigs Romane „Ich und die Menschen“ und „Wie man die Zeit anhält“ hatten mich beeindruckt und Der fürsorgliche Mr Cave hat ein ähnliches Niveau, ohne ganz daran zu kommen. Schließlich ist es ein Frühwerk des Autors.

Die Story eines Mannes, der seine 14jährige Tochter kontrolliert, mit seiner Fürsorge erdrückt und praktisch gefangen hält. Anlass ist der Unfalltod seines Sohnes und die Angst, dass auch Byrony etwas passieren könnte. Er will sie vor der Umwelt schützen, um jeden Preis.
Terence Caves Motive mögen aus seiner Sicht begründet sein, aber er ist ein Täter.
Der Clou des Romans ist, dass die Erzählperspektive aus der Sicht des Vaters ist. Dadurch werden seine Emotionen dem Leser nahe gebracht, ohne das man sich unbedingt mit ihm identifiziert.
Terence Gedanken werden immer wirrer, seine Besessenheit nimmt zu. Manchmal geht mir das zu weit, es wir erzählerisch konfus und ich kann ihn trotz Matt Haigs psychologischen Bemühungen nicht ganz verstehen. Seine Trauer aber schon.
Ich denke es liegt daran, dass der 2008 geschriebene Roman schon älter ist. Matt Haig hat sich seitdem handwerklich gesteigert.

Veröffentlicht am 03.03.2022

Begegnung in New York

Niu
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Carmen und Thomas sind nach New York gezogen. Dort wird eine Frau mit dem ungewöhnlichen Namen Niu hinzukommen.
Der kurze, dicht erzählte Roman ist in einer Weltstadt angesiedelt und hat durch die Konzentration ...

Carmen und Thomas sind nach New York gezogen. Dort wird eine Frau mit dem ungewöhnlichen Namen Niu hinzukommen.
Der kurze, dicht erzählte Roman ist in einer Weltstadt angesiedelt und hat durch die Konzentration auf nur drei Figuren streckenweise doch kammerspielartige Elemente.
Dennoch werden viele Schauplätze in Manhattan abgelaufen und New York ist wichtig für das Buch. Am meisten lebt das Buch aber von dem rätselhaften Charakter Niu, die eine sphinxartige Figur ist.