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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 14.07.2018

eigentümlich

Hier ist noch alles möglich
1

Für einen Auszug aus diesem Roman gewann die Schweizer Autorin Gianna Molinari den 3Satpreis beim Ingeborg Bachmann-Wettbewerb. Sie hat einen interessanten Stil, in dem ein ruhiger, langsamer Erzählstil ...

Für einen Auszug aus diesem Roman gewann die Schweizer Autorin Gianna Molinari den 3Satpreis beim Ingeborg Bachmann-Wettbewerb. Sie hat einen interessanten Stil, in dem ein ruhiger, langsamer Erzählstil dominiert. In ihrem Roman gibt es eine Icherzählerin, die als Nachtwächterin in einer Fabrik anfängt und in einer Halle sogar wohnt.
Allzuviel erfährt man zunächst nicht von der Icherzählerin, obwohl ständig ihre gedanklichen Reflektionen gezeigt werden.

Viel Personal gibt es nicht. Da ist der Chef, ein Koch und mit Clemens und Lohse weitere Kollegen. Der Einsatz so weniger Figuren verleiht dem Roman etwas Kammerspielartiges, was einen Kontrast zu den weiträumigen Schauplätzen der Fabrik und des in der Nähe liegenden Flugplatzes bildet.

Die Fabrik steht kurz vor der Schließung, was eine eigenartige Endzeitstimmung mit sich bringt. Der Job ist unspektakulär, wird aber aufgelockert durch das Gerücht, dass ein Wolf auf dem Gelände sei.
Außerdem gibt es einen rätselhaften Fall mit einem Mann, der sich vor der Fabrik zu Tode stürzte, offenbar ein Flüchtling, der aus einem Flugzeug fiel.

Gianna Molinari arbeit geschickt mit der Sprache, hält die Handlung in der Schwebe und erzeugt auf verhaltene Art eigentümliche Stimmungen und Atmosphäre.

Veröffentlicht am 14.04.2018

Trauerarbeit

Für immer ist die längste Zeit
1

Ein ansprechender, gut lesbarer Familienroman. Ein Mann verliert seine Frau, möglicherweise Selbstmord.
Der Roman zeigt, wie der Mann und die 15jährige Tochter Eve in Trauer zurückbleiben und mit der ...

Ein ansprechender, gut lesbarer Familienroman. Ein Mann verliert seine Frau, möglicherweise Selbstmord.
Der Roman zeigt, wie der Mann und die 15jährige Tochter Eve in Trauer zurückbleiben und mit der Situation leben müssen. Als Gedankenspiel lässt die Autorin auch die Verstorbene Madeleine auftreten, die gestorben ist, jedoch sich noch nicht von ihrer Familie trennen mag. Sie versucht Einfluß zu nehmen und eine neue Frau für ihren Witwer zu finden. Die patente Rory soll eine geeignete Kandidatin sein.

Die Erzählperspektive wechselt zwischen Brady, Maddy und Eve. Dadurch lernt man die Figuren bald gut kennen. Sogar Maddy, die einen selbstironischen Ton hat.
Der Originaltitel “I linkes my life” gefällt mir besser als der deutsche.

Abby Fabiaschi schafft es, auch humorvolle Momente dezent einzubringen ohne das ernste Thema dadurch zu gefährden.

Zum Ende hin wird der Roman zahmer, aber insgesamt kann man zufrieden sein.

Veröffentlicht am 11.03.2018

Als Krimi zu scurril, als Goetheportrait zu flach

Die Affäre Carambol (Goethe und Schiller ermitteln)
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Der Autor Stefan Lehnberg hatte mit “Durch Nacht und Wind” bereits einen Roman mit Goethe und Schiller als Detective geschrieben. Die Affäre Carambol ist der zweite Fall.

Angelegt ist der Roman mit den ...

Der Autor Stefan Lehnberg hatte mit “Durch Nacht und Wind” bereits einen Roman mit Goethe und Schiller als Detective geschrieben. Die Affäre Carambol ist der zweite Fall.

Angelegt ist der Roman mit den bekannten Persönlichkeiten aus Weimar: Goethe und Schiller, die hier praktisch die Rollen von Sherlock Holmes und Dr.Watson einnehmen. Es ist das Jahr 1801 und Goethe und Schiller sind beide schon anerkannte, berühmte Männer ihrer Zeit und darüber hinaus. Schiller gibt in dem criminalistischen Werk den Erzähler über seinen “Freund” wie es Dr. Watson genauso über Holmes tat. Dazu kommt eine Portion Humor.
Die beiden Größen arbeiten kollegial an dem Fall, dennoch fehlen zum Vergnügen des Lesers ein paar Spitzen gegeneinander auch nicht.
Immerhin ist Goethe der aktivere der beiden Protagonisten, die meisten Einfälle und Aktionen gehen von ihm aus.
Als Krimi kann man den Roman vielleicht nicht ganz ernst nehmen, dazu geht es zu scurril ab. Es bleibt der komödiantische Einschlag, aber wirklich witzig fand ich keine Stelle.

Als Nichtkrimi-Fan interessiert mich erst einmal das Goethe-Bild mehr, das entwickelt wird und obwohl ich Stefan Lehnbergs Kenntnisse nicht anzweifeln will, lässt es mich äußerst unbefriedigt zurück. Eine Ausnahme bildet das gelungene letzte Kapitel “Der Brief”, indem erstmals ein authentisches Element der Zeit aufkommt und in dem Lebensumstände und Arbeit am Werk thematisiert werden. Mit dem kapiteltitelgebenden Brief gibt es sogar noch eine Pointe und das Buch klingt angemessen aus.

Ich denke, dass die Serie mit zwei Romanen abgeschlossen ist, da ich nicht glaube, dass diese Form weitere Bücher trägt.

Veröffentlicht am 09.03.2018

Clunys Weg

Die Abenteuer der Cluny Brown
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Margery Sharp gehört zu den leider fast vergessenen Autorinnen, daher ist es erfreulich, dass mit diesem Buch ein Roman von ihr wieder aufgelegt wurde. Es macht Spaß, diesen unterhaltsamen Roman zu lesen. ...

Margery Sharp gehört zu den leider fast vergessenen Autorinnen, daher ist es erfreulich, dass mit diesem Buch ein Roman von ihr wieder aufgelegt wurde. Es macht Spaß, diesen unterhaltsamen Roman zu lesen. Der Erfolg der beliebten Fernsehserie Dowton Abbey öffnet den Blick einer größeren Leserschaft auf die britische Gesellschaft im Wandel, auch im Verhältnis Herrschaft und Diener. Die junge Cluny Brown wird in Stellung als Stubenmädchen bei einer aristokratischen Familie in Devon gegeben. Ein Haushalt mit Toleranz, aber doch mit starren Regeln. Cluny verhält sich aber oft unbewusst gegen die Regeln der Konventionen. Sie sieht nicht ein, warum es so viele Beschränkungen geben soll und bleibt sich selbst treu. Deshalb halten sie viele für merkwürdig, manche aber für erstaunlich und erfrischend!

Der 1944 geschriebene Roman ist amüsant geschrieben mit einer liebenswerten Hauptfigur. Aber auch die politischen Gegebenheiten des Jahres 1938 werden langsam sichtbar. Die Zeichen stehen auf Krieg.
Interessante Figuren werden aufgebaut. Da ist zum Beispiel ein Gast der adeligen Familie, der polnische Schriftsteller Adam Belinski, der offenbar fliehen musste. Andrew, der Sohn der Familie, hatte ihn eingeladen, aber auch Adam Belinski ist ein Freigeist. Andrew möchte das auch sein, bleibt aber doch ein junger Schnösel. Dann gibt es noch die schöne Betty, in die Andrew verliebt ist.

Man merkt dem Roman sein Alter schon hin und wieder deutlich an. Insbesondere sprachlich, aber das muss kein Nachteil sein, denn auch der Ton der Vergangenheit kann seinen eigenen Humor und Qualität haben. Diese Qualität liegt in der leichten Überspitzung bei der Charakterisierung der Figuren, bei dem ein milder Spott mitklingt.

Veröffentlicht am 06.12.2017

Sympathische Figuren

Mike
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Zwar ist Mike in erster Linie ein Liebesroman, der die Regeln dieses Genres vollständig erfüllt, aber es gibt ein paar ungewöhnliche Ansätze, durch den sich das Buch abhebt. Die Handlung ist in den USA ...

Zwar ist Mike in erster Linie ein Liebesroman, der die Regeln dieses Genres vollständig erfüllt, aber es gibt ein paar ungewöhnliche Ansätze, durch den sich das Buch abhebt. Die Handlung ist in den USA angesiedelt. Die Gestaltung der Figuren trägt dazu bei, dass es ein origineller Roman wird.
Mike, eigentlich Michaela, ist eine junge Frau, die als Mechanikerin in der Werkstatt ihres Vaters arbeite und sich burschikos gibt. Sie trägt meist Männerkleidung und hatte bisher in der Liebe kein Glück. Das ändert sich als Damian in der Werkstatt anfängt. Anfangs hat er Mike für einen Mann gehalten, als er sie später privat trifft, erkennt er sie zunächst nicht wieder, weil sie so attraktiv ist. Nach anfänglichen Zögern beginnen die beiden eine Beziehung.
Doch es gibt nicht unbewältigtes aus der Vergangenheit. Damian muss eine zerbrochene Beziehung mit einer egoistischen Frau verarbeiten und Mike erkennt ein Familiengeheimnis. Gemeinsam machen Damian und Mike sich mit ihren Bikes auf die Route 66, auf die Suche nach Mikes verschollener Mutter.
Der Autorin Sylvia Pranga gelingt es bekannte Versatzstücke neu zusammenzufügen und ihre Stärke sind ihre sympathischen Figuren. Dazu kommt der warme Ton ihrer Sprache und die Atmosphäre Arizonas.
Zu viele Liebesszenen verhindern einen Ausbau der Handlung zu einer noch komplexeren Story. So werden einige Potential der Geschichte auch wieder verschenkt. Ich war aber dennoch zufrieden mit dem Roman.