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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 24.08.2021

Begegnung zweier Schriftsteller

Die schiere Wahrheit
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Ein origineller Einfall, zwei reale Schriftsteller zu fiktionalen Figuren in einem Roman zu machen. Georges Simenon und Friedrich Glauser waren zwei wichtige Schriftsteller von Kriminalromanen und beide ...

Ein origineller Einfall, zwei reale Schriftsteller zu fiktionalen Figuren in einem Roman zu machen. Georges Simenon und Friedrich Glauser waren zwei wichtige Schriftsteller von Kriminalromanen und beide hatten sie große Serienhelden. Bei Simenon war das natürlich Maigret und bei Glauser sein Wachtmeister Studer.
Simenon und Glauser sind zwei sehr unterschiedliche Charaktere. Ob sie in der Realität wirklich so schnell zueinander gefunden hätten, dass sie sogar einen Kriminalroman zusammen schreiben, glaube ich eigentlich nicht.

Doch die Schweizer Schriftstellerin Ursula Hasler lässt es geschehen und so wechseln die Kapitel zwischen den Gesprächen der beiden Schriftsteller und der Handlung des fiktiven Romans.
Da wirkt Maigret aber nicht mit, stattdessen wird eine neue Hauptfigur geschaffen, die neugierige Krankenschwester Amelie Morel. Sie unterstützt Wachtmeister Studer bei einem Mordfall.

Mich beeindrucken besonders die Passagen, in denen gezeigt wird, wie ein Roman gestaltet werden kann. Auch wo dabei Probleme liegen und welche Möglichkeiten es gibt. Und natürlich die Szenen, in denen Glauser und Simenons charakterliche Unterschiede zur Geltung kommen. Simenon ist immer sehr selbstsicher, Glauser eher schüchtern. Dennoch haben sie auch Gemeinsamkeiten.

Fazit: ein geschickt gemachter Roman!

Veröffentlicht am 21.08.2021

Der Graf des Tennis

Julius oder die Schönheit des Spiels
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Julius oder Die Schönheit des Spiels stellt den Tennissport in den Mittelpunkt, aber eigentlich geht es um noch mehr. Um Haltung und Einstellung im Leben.
So ist der Tennisspieler Julius von Berg ein sensibler ...

Julius oder Die Schönheit des Spiels stellt den Tennissport in den Mittelpunkt, aber eigentlich geht es um noch mehr. Um Haltung und Einstellung im Leben.
So ist der Tennisspieler Julius von Berg ein sensibler Mensch, der vom Zeitgeschehen in den zwanziger und dreißiger Jahren erfasst wird.
Tom Saller arbeitet diesen Charakter gründlich aus. Dabei ist es gut zu wissen, dass Julius auf eine reale Persönlichkeit, dem Tennisbaron Gottfried von Cramm basiert.
Es ist interessant Julius Leben von Jugend an zu verfolgen, ergänzt werden diese Passagen durch die Perspektive eines alten Mannes 1984 und kurzen Passagen mit Julius im Gefängnis Tegel im Jahr 1938.
Das ist alles sehr geschickt von Tom Saller verbunden und erzählt im letzten Romanviertel vom vielleicht besten Tennisspiel der Welt im Daviscup.
Außerdem legt er wie in seinen vorherigen Romanen Wert auf stilistische Eleganz.

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Veröffentlicht am 21.08.2021

Sich der Vergangenheit stellen

Und immer nur du
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Josefine Weiß zeigt, wie schon in ihrem letzten Roman, Menschen in emotionaler Krise. Das macht sie sehr eindringlich und wirklich viel besser als die meisten Autorinnen von Liebesromanen.
Dazu gehört ...

Josefine Weiß zeigt, wie schon in ihrem letzten Roman, Menschen in emotionaler Krise. Das macht sie sehr eindringlich und wirklich viel besser als die meisten Autorinnen von Liebesromanen.
Dazu gehört auch, dass die Liebesgeschichte zwar sehr wichtig ist, aber nicht zentral alleine steht.
Svenjas Familie brach auseinander, als sie sechzehn Jahre alt war. Ihre Eltern trennten sich, Fenja ging mit ihrem Vater mit und brach den Kontakt zur Mutter ab, weil sie ihr die Schuld gab. Gleichzeitig machte ihr Freund Elias mit ihr Schluß, weil seine Eltern mit in die Sache involviert waren. Ein harter Schlag für Fenja.
14 Jahre später stirbt ihre Mutter und sie erfährt Zusammenhänge von früher, die die Sache in anderes Licht rücken. Noch einmal gerät ihr Leben durcheinander, doch diesmal wird sie hoffentlich gestärkt daraus hervorgehen.
Der Roman macht deutlich, wie die Vergangenheit und vergangene Schuld das Leben auf Jahre negativ beeinflusst und nur ein Aufarbeiten bringt einen vorwärts.
Man bleibt kontinuierlich stark an der Story dran, die einen nicht kalt lässt und das zu schaffen ist eine der Qualitäten der Autorin.

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Veröffentlicht am 21.08.2021

Harlem in Aufruhr

Harlem Shuffle
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An Harlem Shuffle überraschte mich, wie verhalten der Roman erzählt ist, jedenfalls verglichen mit dem hochemotionalen Underground Railroad.
Auch die Hauptfigur wirkt zurückhaltend, aber das mag plotbedingt ...

An Harlem Shuffle überraschte mich, wie verhalten der Roman erzählt ist, jedenfalls verglichen mit dem hochemotionalen Underground Railroad.
Auch die Hauptfigur wirkt zurückhaltend, aber das mag plotbedingt so angelegt sein und für den Protagonisten Ray Carney spricht seine Eigenwilligkeit.
Einige Nebenfiguren, wie Carneys Cousin Freddie oder der Gangster Pepper sind sehr gelungen und glaubhaft dargestellt.

Wie Colson Whitehead die frühen sechziger Jahre in Harlem einsetzt ohne auf übliche zeitliche Verweise zu setzen, finde ich sehr respektabel. Er kann sehr gut Details beschreiben und das Zeitgefühl entsteht daraus, wie sich die Leute verhalten und wie sich unterhalten.
Harlem Shuffle ist dann auch mehr Gesellschaftsporträt als Gangsternovel, obwohl es im Milieu angesiedelt ist.

Colson Whitehead ist ein starker Autor, aber ich wünschte er hätte sich diesmal nicht ganz so selbst zurückgenommen. Es reichte aber dennoch zu einem eindrucksvollen Roman.

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Veröffentlicht am 20.08.2021

Feinfühlig

Wie man einen Tiger fängt
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Der fantasievolle Roman „Wie man einen Tiger fängt“ ist stark durch die Erzählperspektive der jungen Lily geprägt. Sie ist eine Stille, aber sie ist auch besonders sensible und empfänglich für Stimmungen ...

Der fantasievolle Roman „Wie man einen Tiger fängt“ ist stark durch die Erzählperspektive der jungen Lily geprägt. Sie ist eine Stille, aber sie ist auch besonders sensible und empfänglich für Stimmungen und Emotionen.
Lily ist in Kalifornien geboren, hat aber koreanische Wurzeln.
Sie fährt mit ihrer älteren Schwester Sam und ihrer Mutter zur Großmutter, die offenbar krank ist. Lily spürt den Zustand der geliebten Großmutter und metaphernreich wie das Buch angelegt ist, sieht sie einen großen Tiger. Sinnbildlich für die Gefahr für ihre Großmutter. Sie setzt sich mit den Tigern auseinander und ringt um Heilung.

Obwohl mir der Roman gefallen hat, hätte ich mir gewünscht, dass Lilys Leben als Mädchen mit koreanischen Wurzeln etwas tiefer gehend gezeigt würde. Immerhin ist die Autorin Tae Keller auch zu einem Viertel Koreanerin, wie sie im Nachwort erzählt.
Immerhin ist es Lily wichtig, kein BAM (Braves Asiatisches Mädchen) mehr sein zu wollen und sie agiert mutig.

Der Roman ist kein Young Adult und kein Coming of Age, er ist gut für ältere Kinder geeignet, da auch Lily noch kein Teenager ist.