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Veröffentlicht am 18.01.2021

Lockdown in Lagos

Das Baby ist meins
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Oyinkan Braithwaite erster Roman war so stark, dass ihr zweiter den nicht so einfach überflügeln kann. Dafür ist er noch kompakter, und vielleicht sogar etwas zu kurz.
Erzählt wird aus der Sicht von Bambi, ...

Oyinkan Braithwaite erster Roman war so stark, dass ihr zweiter den nicht so einfach überflügeln kann. Dafür ist er noch kompakter, und vielleicht sogar etwas zu kurz.
Erzählt wird aus der Sicht von Bambi, ein junger, selbstbewusster und machohafter Mann in Lagos, Nigeria zur Zeit des harten Lockdowns. Diese Erzählperspektive erzeugt eine gewisse Ironie und prägt das Buch.

Er gerät dann zwischen zwei Frauen und einem Baby. Es sind seine Tante und die Geliebte ihres Onkels, mit der er auch einmal etwas gehabt hat. Es ist zunächst unklar, wer die Mutter des Babys ist und eigentlich auch, wer der Vater. Vielleicht Bambi?
Die Frauen sind sich natürlich spinnefeind und wetteifern um das Kind.
Bambi entwickelt sich langsam, er schlägt sich auf die Seite des Babys.

Wegen dem Lockdown können die Figuren nicht aus dem Haus und es wird sehr kammerspielartig.
Mir imponiert an dem Roman, dass er so zeitgemäß ist und ein gesellschaftliches Bild zeigt, dabei kritisch wie illusionslos.

Veröffentlicht am 17.01.2021

Die Geschichten anderer Leute

Die Geschichte eines Lügners
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Romane über den Literaturbetrieb schätze ich sehr und Die Geschichte eines Lügners reiht sich gut ein. Die Handlung erstreckt sich über mehr als 25 Jahre.

Es ist zu Beginn des Romans 1988. Der preisgekrönte ...

Romane über den Literaturbetrieb schätze ich sehr und Die Geschichte eines Lügners reiht sich gut ein. Die Handlung erstreckt sich über mehr als 25 Jahre.

Es ist zu Beginn des Romans 1988. Der preisgekrönte 66jährige Schriftsteller Erich Ackermann lernt einen jungen Engländer namens Maurice Swift kennen. Er erzählt ihm einen Teil seiner Lebensgeschichte aus der Zeit des dritten Reichs. Das nutzt Maurice, um aus dieser Lebensbeichte einen reißerischen Roman zu machen.

Der Roman hat mehrere Teile, bei denen auch die Erzählperspektiven wechseln. Maurice wird aus Sicht der anderen gezeigt. Seine Perspektive wird erst ganz zum Schluß eingenommen.

Maurice wird durch die Außenperspektive als opportunistischer Schriftsteller stilisiert, der vor geistigen Diebstahl nicht scheut.
Schon komisch, schließlich ist John Boyne selbst nicht gerade zimperlich.
Das hat er in vorangegangenen Romanen bewiesen und auch hier, wenn er z.B. im zweiten Abschnitt den Schriftsteller Gore Vidal als handelnde Figur auftreten lässt. Tatsächlich wird Gore eine eindrucksvolle und respektable Figur.

Im dritten Abschnitt ist Maurice verheiratet und es wird aus Sicht seiner Frau, die eine ebenfalls Schriftstellerin ist, geschildert. Man ahnt, was kommen wird.

Fazit: Es handelt sich um einen leicht überzogenen, aber unterhaltsamen Roman!

Veröffentlicht am 16.01.2021

To the other side

Ich und der Andere
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Der amerikanische Sänger Jim Morrison von den Doors ist eine Legende, dessen Musik seine Generation in den späten sechziger Jahren beeinflusste. Es war die Atmosphäre und Stimmung der Songs, die eine ...

Der amerikanische Sänger Jim Morrison von den Doors ist eine Legende, dessen Musik seine Generation in den späten sechziger Jahren beeinflusste. Es war die Atmosphäre und Stimmung der Songs, die eine große psychedelische Energie erzeugte und Faszination verursachte.
Es gab auch schon andere Bücher und Filme über die Doors. Ich und der andere reiht sich da ein, wirkt aber europäischer. Das ist natürlich kein Wunder, denn der Autor Jürgen Kaizik ist in Wien geboren. Ganz kaufe ich den von ihm beschriebenen Jim Morrison nicht. Zwar sind seine Zweifel nachvollziehbar, aber er wirkt zu unsicher, zu wenig selbstbewusst und zu zögerlich . Jims Gedanken und Überlegungen kommen mir zu wenig gefühlvoll rüber.

Viele Passagen sind gleichwohl überzeugend. Schon die anfängliche im Musikclub und die am Venice Beach. Dann werden auch entscheidende Ereignisse für Morrison mit eingebaut, z.B. wie er als Kind einen Verkehrsunfall mit einem Toten beobachtete, was ihn verstörte.
Später als Rockstar dann der Konflikt mit dem konservativen Vater.

Meine Erwartungshaltung, die vielleicht auch ungerechtfertigt war, wurde nicht erfüllt. Mir fehlt am Buch streckenweise die Sinnlichkeit, die man aus den Songs der Doors kennt. Die Beschreibungen bleiben zu sachlich. Es ist halt nicht einfach, die Energie der Doors in einem Text zu erzeugen. Die Beschreibungen psychologische Momente in Jim Morrisons Leben wurden aber überzeugend gestaltet.

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Veröffentlicht am 16.01.2021

Der Winter des Missvergnügens

Ein englischer Winter
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Der französische Schriftsteller Thomas Reverdy lässt seinen Roman in England ab 1978 handeln und erwähnt viele Merkmale und Ereignisse der Zeit. Der Übergang der siebziger in die achtziger Jahre ist mit ...

Der französische Schriftsteller Thomas Reverdy lässt seinen Roman in England ab 1978 handeln und erwähnt viele Merkmale und Ereignisse der Zeit. Der Übergang der siebziger in die achtziger Jahre ist mit ein Thema des Buches. Das Leben wurde härter und weniger sozial. Dieser Bruch einer Ära wirkte sich bis heute aus.
Ein echtes Gefühl dieser Zeit und ihrer Stimmung stellt sich jedoch anfangs relativ wenig ein, später wird das deutlich besser und immerhin werden die Kapitel mit Bands und wichtigen Songtiteln versehen. Das bildet den Soundtrack des Romans und trägt dann doch einer zeitlichen Assoziation bei.
Ein auktorialer Erzähler erzählt in lapidaren Ton, der mir nicht gerade behagt. Aber das ist auch Geschmackssache. Eine gute Prise Humor entschädigt ein wenig.
Aber an dieser Erzählhaltung leidet auch die Figurenzeichnung teilweise. Candice, eine Fahrradkurierin und Jones, ein arbeitsloser Musiker sind keine schlechte Figuren, aber es dauert zu lange, bis man ihnen nahekommt.
Candice Temperament, ihre Leidenschaft und Engagement bei dem was tut, z.B. die Schauspielerei, gefallen mir gut. Sie ist klar die führende Figur im Roman.
Die fast spürbare Körperlichkeit der Beschreibungen gehören zur Stärke des Romans.
Auch die sozialkritische Komponenten des Buches sollte man nicht unterschätzen
Am Ende war ich mit dem Roman zufrieden.

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Veröffentlicht am 16.01.2021

Das Gewicht des Universums

Requiem
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Der kroatisch-bosnische Dichter Sead Mahmutefendić verfügt über sprachliche Kraft. Seine Sätze haben aber auch Eleganz und erzeugen starke Bilder.
Düstere Stimmungen und Selbstbefragung kennzeichnen die ...

Der kroatisch-bosnische Dichter Sead Mahmutefendić verfügt über sprachliche Kraft. Seine Sätze haben aber auch Eleganz und erzeugen starke Bilder.
Düstere Stimmungen und Selbstbefragung kennzeichnen die Gedichte dieses Bandes, das mit Requiem ein Langgedicht mit 16 Kapiteln hat sowie weitere für sich stehende Texte.
Die Gedichte verbindet die Atmosphäre und Schwermut.
Vieles ist nicht so einfach verstehen. Leider bietet das durchaus auch komplexe Vorwort wenig Hilfestellung. Als Leser muss man versuchen, sich einzufühlen.

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