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Veröffentlicht am 23.11.2020

Agatha Christie trifft Snowboard

Frostgrab
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Kurze Abschnitte und fast durchgehend wechselnde Erzählebenen machen diesen hochalpinen Thriller zum flotten Pageturner. Spannung und Cliffhanger (wenn der Erzählstrang aus der Vergangenheit die Gegenwart ...

Kurze Abschnitte und fast durchgehend wechselnde Erzählebenen machen diesen hochalpinen Thriller zum flotten Pageturner. Spannung und Cliffhanger (wenn der Erzählstrang aus der Vergangenheit die Gegenwart unterbricht) sind in ausreichendem Maß vorhanden.

Fünf ehemalige Freunde und Profi-Snowboarder, die sich ein Jahrzehnt nicht mehr gesehen haben, treffen sich auf einem verschneiten Gipfel wieder. Sie teilen ein düsteres Geheimnis, aber einer von ihnen ist noch dazu ein Mörder. Schon bald nach ihrer Ankunft gehen merkwürdige Dinge vor sich.

Die fünf sitzen fest - physisch und psychisch. Die gemeinsame Zeit wird zum Psychospiel. Wem kann man trauen? Bis auf ein, zwei Details ist auch die Auflösung durchaus glaubhaft. Stimmig ist sie auf jeden Fall.

Erzählt wird die Geschichte aus Sicht von Milla, die einerseits immer als “zu tough für ein Mädchen” gesehen wurde, aber in ihrem Inneren viele Zweifel, Ängste und Sehnsüchte versteckt, wie wohl jede Frau sie manchmal hat. Durch ihre Grübeleien und die Rückblicke erfahren wir, was die fünf zusammengeführt hat und was sie trotz der Zeit die vergangen ist, immer noch aneinander kettet.

Der Stil ist knapp und prägnant, verliert sich nur etwas wenn die Protagonistin zu viel nachdenkt. Da fast alle Personen Snowboarder sind beziehungsweise waren, dreht sich die Geschichte abseits der Geheimnisse natürlich darum. Es wird einiges erklärt, Sprünge, Ausrüstung, technische Details.

Das könnte für Wintersport-Neulinge etwas viel sein, aber auch eine Möglichkeit bieten, einen neuen Sport für sich zu entdecken. Auf youtube finden sich auch Videos, um die beschriebenen Gedanken und Bewegungen einmal in Aktion zu sehen. Wer das vor oder begleitend zur Lektüre macht, kann für sich aus dem Buch noch mehr herausholen und versteht die Charaktere dann sicher einen Tick besser.

Der Aufbau des Thrillers ähnelt manchen Klassikern der Kriminalliteratur, wo ebenfalls eine Gruppe von Verdächtigen an einem Ort festsitzt. Die Autorin Allie Reynolds (selbst ehemalige Profi-Boarderin) vergleicht ihr Buch auch selbst mit “Und dann gabs keines mehr“ von Agatha Christie.

Veröffentlicht am 20.11.2020

Kein Buch für Metzger-Fans

Die Djurkovic und ihr Metzger
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Zwar hab ich schon mehrere Metzger-Krimis gelesen, aber so eine absonderliche Geschichte war noch nicht dabei.

Auch der Aufbau des Buches trägt nicht zur besseren Bewertung bei. Zuerst gibt es die Unterhaltung ...

Zwar hab ich schon mehrere Metzger-Krimis gelesen, aber so eine absonderliche Geschichte war noch nicht dabei.

Auch der Aufbau des Buches trägt nicht zur besseren Bewertung bei. Zuerst gibt es die Unterhaltung der Personen mit Decknamen über Funk, dann die Erinnerungen von Anjeza und noch die Kapitel mit den eigentlichen Handlungssträngen, Danjela, der Metzger, das albanische Kartell. Alles wechselt ständig durcheinander, man muss da definitiv gut konzentrieren.

Bald weiß man zwar wer die Füchsin und der Dachs, die so geheim beobachtet werden, sind, aber Sinn lässt sich in der Geschichte lange nicht erkennen. Es herrscht viel Durcheinander, ein Polizist erschießt seinen Chef, wer sind nun die Bösen und die Guten?

Dann der alles auflösende Showdown im Zelt, die Einsatzkräfte erzeugen ein ordentliches Tohuwabohu, die Bösen werden alle erschossen und irgendwie überleben Danjela und der Metzger den ganzen Wahnsinn. Müssen sie ja, sie haben noch einen Plan.

In den früheren Krimis dieser Reihe liebte ich die wortgewandten Formulierungen des Autors. Die Geschichten enthielten jede Menge Wortwitz und humorige Beschreibungen. Doch im aktuellen Buch wirkt vieles zwanghaft formuliert. Schade.

Das Ende deutet dann für mich sogar auf ein gesamtes Ende der Reihe hin. Wenn weitere Bände so wären wie dieser, dann ist das sicher gut.

Veröffentlicht am 17.11.2020

Nichts für schwache Nerven

Love & Bullets
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Amerika hat generell viel zu kämpfen mit seinem Image und seiner Politik. In diesem Thriller spielt dies keine Rolle, aber das Land kommt auch nicht so gut weg. Vollgepackt mit kriminellen Banden, Abzockern, ...

Amerika hat generell viel zu kämpfen mit seinem Image und seiner Politik. In diesem Thriller spielt dies keine Rolle, aber das Land kommt auch nicht so gut weg. Vollgepackt mit kriminellen Banden, Abzockern, Waffennarren und mörderischen Hinterwäldlern fliegen dem Leser die Schrotkugeln nur so um die Ohren.

Ja, es wird blutig und grausig, zu genau sollte man sich die diversen Unfälle, Attentate und Verfolgungsjagden nicht vorstellen. Aber die versteckten Reminiszenzen an bekannte Action-Filme haben schon ihre Berechtigung. Als würden Mr. und Mrs. Smith Filme wie “Kill Bill” oder “Stirb langsam” alle am Stück abhandeln.

Apropos Stück: “Love & Bullets” sind im Original eigentlich drei einzelne Bücher, die hier in der deutschen Ausgabe zurecht zu einem zusammengefasst sind. die 427 Seiten sind flugs gelesen und man erspart sich so sehr fiese Cliffhanger und offene Enden.

Erst die “Trilogie” rund um Bill und Fiona, ehemalige Gangmitglieder und nun auf der Flucht, eröffnet die ganze Story dieses so ungleichen aber tief verbundenen Pärchens. Wir begleiten die beiden, denen ihre Ex-Kollegen nach dem Leben trachten, von den Südstaaten über Südamerika nach New York und stehen trotz vieler illegaler Tätigkeiten und Gesetzesbrüche auf ihrer Seite, wenn sie sich mit Glück, Charme und Wachsamkeit gegen scheinbar übermächtige Gegner behaupten können. Doch wie lange?

Veröffentlicht am 17.11.2020

Von der Vergangenheit eingeholt

Ein perfider Plan
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Teile seiner eigenen Biografie lässt der britische Autor Anthony Horowitz in diesen so spannenden wie skurrilen Krimi einfließen. Er als Autor soll einen Ex-Polizisten begleiten, der als “externer Berater” ...

Teile seiner eigenen Biografie lässt der britische Autor Anthony Horowitz in diesen so spannenden wie skurrilen Krimi einfließen. Er als Autor soll einen Ex-Polizisten begleiten, der als “externer Berater” den Ermittlern bei einem kniffligen Fall helfen soll.

Besagter Berater ist Daniel Hawthorne. Er hält sich ein bisschen für Sherlock Holmes, sieht in Horowitz aber noch weniger als dieser in Watson. Eine gut situierte ältere Frau wird scheinbar grundlos in ihrem Haus erwürgt. Die Polizei ist ratlos.

Je länger Hawthorne und Horowitz ermitteln desto mehr Fährten und pikante Zufälle kommen ans Licht. Auch wenn Hawthornes Arbeit nicht einfach scheint, hat Horowitz (der aus der Ego-Perspektive schreibt) auch keinen einfachen Job. Hawthorne sieht sich zwar als sehr wichtig an, will aber nichts von sich preisgeben. Der Mord würde genügen.

Exzentrik und Eigenheiten mischen sich mit britischem Humor und durch die Perspektive des erzählenden Autors ist man als Leser immer hautnah dabei. Ein bisschen Blut, ein bisschen Grausamkeit und viel Psychologie prägen “Ein perfider Plan”. Eines kann man auch ohne zu viel zu verraten sagen: Der Schlüssel zur Lösung liegt in der Vergangenheit...

Veröffentlicht am 28.10.2020

Fakt und Fiktion über Grenzen hinweg

Die Krieger
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Nick Marzek ist fast schon ein “fiktiver klassischer, moderner deutscher Ermittler”. Er hat so seine Problemstellen, die ihn verfolgen und hält sich durch seine Arbeit aufrecht. Er hat einen Sohn der gerade ...

Nick Marzek ist fast schon ein “fiktiver klassischer, moderner deutscher Ermittler”. Er hat so seine Problemstellen, die ihn verfolgen und hält sich durch seine Arbeit aufrecht. Er hat einen Sohn der gerade erwachsen wird und ansonsten nicht viele Freunde oder Kontakte. Seine intensivsten Gespräche führt der Berliner, der nach München zog, wohl am ehesten mit Zeugen und Verdächtigen.

Hätte der Krimi eine stärkere humoristische Ader, hätte man aus dem Berlin-München-Gegensatz noch mehr rausholen können. Aber der Ton ist grundsätzlich eher sachlich und ernst, daher wird dieser Aspekt nicht zu sehr ausgereizt.

Über Zeitungsartikel, Filme und Musik wird die Atmosphäre und die zeitliche Einordnung (Achtzigerjahre) dafür gut dargestellt, ohne zu viel Raum einzunehmen.

Wichtiger sind im Krimi natürlich auch die Verbrechen. Und diese sind teilweise tatsächlich passiert. Der Autor hat in der jüngeren deutsch-italienischen Geschichte recherchiert und Fälle gefunden wo bis heute einiges unklar geblieben ist. Er verarbeitet zwei reale Personen in einem unterhaltsamen und realitätsnahen Kriminalroman.

Realitätsnah auch deshalb weil es immer wieder Kapitel gibt, die die mühselige Ermittlungsarbeit (noch dazu im Ausland und 1984) gut wiedergeben. Das macht aus “Die Krieger” nicht direkt einen bedingungslosen Pageturner. Wer sich darauf einlassen kann wird hier aber gut unterhalten. Zudem gibts einen kleinen Italienisch-Kurs und ein ausführliches Nachwort von Martin Maurer. Hier wird angedeutet, dass Nick weitere Auftritte bekommen soll. Das lässt hoffen und verzeiht so manchen losen Faden am Ende.