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Veröffentlicht am 15.01.2020

Ende bekannt, trotzdem (oder gerade deswegen) mitreißend

Der Attentäter
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Wie schreibt man ein spannendes Buch zu einem Thema, das sehr vielen Personen und Lesern zumindest oberflächlich geläufig ist? Möglicherweise lässt sich dadurch ein bisschen Inhalt sparen, weil man Teile ...

Wie schreibt man ein spannendes Buch zu einem Thema, das sehr vielen Personen und Lesern zumindest oberflächlich geläufig ist? Möglicherweise lässt sich dadurch ein bisschen Inhalt sparen, weil man Teile der Geschehnisse voraussetzen kann. Ulf Schiewe muss das gar nicht, er schreibt sogar noch mehr dazu.

Sein historischer Thriller handelt zudem nicht nur von einem Ereignis, das vielen bekannt ist - viel schlimmer: noch viel mehr Leute wissen schon vor dem Lesen, wie das Ende ausgeht. Es ist hohe Kunst, aus wahren Begebenheiten und einem unausweichlichen Höhepunkt ein spannendes, abwechslungsreiches und lehrreiches Buch zu formen.

Mit “Der Attentäter” ist das gelungen. Über die Geschehnisse einer Woche hinweg wird der Leser an jenen schicksalshaften Tag im Jahr 1914, der Österreich einen (weiteren) Thronfolger nahm. Ohne aufdringlich zu sein, fügen sich die harten Fakten zu einer packenden Geschichte zusammen, gespickt mit Zitaten, belegten Vorkommnissen und dazu fiktiven, aber sehr passenden Anekdoten oder Charakteren.

Passender fiktiver Held ist hier Major Rudolf Markovic, in Sarajevo stationierter österreichischer “Geheimdienstler” und ein guter Ermittler. Schiewe spielt durch ihn ein “Was-wäre-wenn” und lässt Markovic dem Attentat auf die Spur kommen. Er stellt sich als guter Gegenspieler heraus, der der bekannten Geschichte einen ganz besonderen Thrill und dem Leser einige fesselnde Stunden zuteilwerden lässt.

Mit all dem war und bin ich sehr zufrieden und finde das Buch dahingehend auch äußerst gelungen. Ein Teil des Epilogs aber konnte mich nicht überzeugen, hätte doch meiner Meinung nach auch ein anderes “Happy End” durchaus ausgereicht.

Alles in allem sei dieser historische Thriller jedem empfohlen, der gute, faktenbasierte Krimis mit eingewobener Fiktion zu schätzen weiß und unauffällig wie gratis sein Geschichtswissen erweitern oder auffrischen möchte.

  • Einzelne Kategorien
  • Spannung
  • Cover
  • Geschichte
  • Erzählstil
  • Thema
Veröffentlicht am 29.12.2019

Unisex-Jugendbuch mit einer Prise Magie

Chilli, ich und andere Katastrophen
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Ein bisschen (Schul-)Alltagsprobleme, etwas Magie und viele niedliche Zeichnungen formen hier aus den 160 Seiten ein unterhaltsames Kinder- und Jugendbuch. Feuerfrettchen Chilli (das seinem Namen durch ...

Ein bisschen (Schul-)Alltagsprobleme, etwas Magie und viele niedliche Zeichnungen formen hier aus den 160 Seiten ein unterhaltsames Kinder- und Jugendbuch. Feuerfrettchen Chilli (das seinem Namen durch die Farbe alle Ehre macht) zieht bei Jelko ein. Nicht nur, dass es Senf liebt, kann es sich auch jederzeit in Gegenstände verwandeln und hat vor, Jelko bei seinen Problemen zu helfen. Nur will er das natürlich gar nicht, weil es zu weiteren Problemen führt...

Und so lernt der Leser von Seite zu Seite etwas mehr von Jelko, seiner Schule, seinen Hobbies, seinen Freunden und seiner Familie kennen. Was man eben so macht und denkt in diesem Alter. Die Schriftgröße ist meiner Meinung nach genau richtig, durch die vielen Zeichnungen reduziert sich die Textmenge pro Seite und immer wieder gibts Gedanken, Einwürfe oder Geräusche nochmal in fettgedruckten Großbuchstaben, was dem Ganzen ein wenig Comic-Feeling verleiht.

Sowohl für Jungen als auch Mädchen im passenden Alter eine witzige Geschichte, mal abseits der Pfade "Prinzessin und Fußball".

Bei der Altersangabe bin ich etwas unsicher. Ist ja meist ohnehin schwer zu sagen, viele versuchen sich am "von bis", hier gibts nur das "ab 9 Jahren". Oben offen machts etwas einfacher, klar. Aber mit 9 bin ich nicht ganz glücklich. Recht früh im Buch steht da auch schon "Arschkrampe". Oder ist das ein ganz normales Wort in dem Alter? Bin da nicht ganz auf dem Laufenden. Ich hätte jetzt, auch aufgrund des Alters des Protagonisten, so 10-14 Jahre fürs Alter angegeben. Aber wie immer, und bei Kindern besonders, ist das sehr individuell und es mag schon recht belesene Neunjährige geben und welche die mit 14 dieses Buch als zu dick empfinden.

Veröffentlicht am 23.12.2019

Eine sehr eingehende Auseinandersetzung mit Verantwortung, Moral, Verrat und Macht

Verratenes Land
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“Ein Geheimnis ist nicht etwas, das nicht erzählt wird. Es ist etwas, das nicht erzählt werden kann.” Dieser Thriller beginnt mit einem Zitat von Terence McKenna, das man erst vollkommen verstehen kann, ...

“Ein Geheimnis ist nicht etwas, das nicht erzählt wird. Es ist etwas, das nicht erzählt werden kann.” Dieser Thriller beginnt mit einem Zitat von Terence McKenna, das man erst vollkommen verstehen kann, wenn man das Buch gelesen hat. Dann entfalten die beiden Sätze ihre volle Wirkung.

Marshall McEwan ist auf den ersten Blick ein “solider” Protagonist. In Bienville, Mississippi, geboren, wird er erfolgreicher Journalist und lebt in Washington. Da sein Vater schwer krank ist, zieht er (vorübergehend) nach Hause zurück. Dass er Pulitzer-Preisträger ist, macht ihn schon etwas interessanter, aber als sich seine Vergangenheit langsam vor den Augen des Lesers entfaltet, bleibt einem schier der Mund offen stehen. Buchrückentext (und gleichzeitig Kapitel 1) deuten zwar schon ein bisschen was an, aber man vergisst das doch recht schnell, als man in die Geschichte eintaucht, die, wie sich das für einen Thriller gehört, mit einem Mord beginnt.

Aber: sie hat so viel mehr zu bieten und schafft es, auf 830 Seiten nie allzu lange durchzuhängen. Natürlich darf man sich keinen endlosen Spannungsbogen erwarten, aber dennoch: Marshalls Geheimnisse, die Seite für Seite, Kapitel für Kapitel entrollt werden, immer die Frage dazwischen, ob man ihn nun mag oder verurteilt, dazu noch Gedanken daran, wie man selbst wohl mit all dem zurechtkäme, sind äußerst fesselnd und ziehen auf eine ganz besondere Weise in ihren Bann.

Greg Iles bringt damit auch seinen Stil zur Geltung, der zuerst stark anders wirkt und dann, je länger man liest, immer vertrauter und am Ende zum besten Freund wird. Der Autor lebt selbst in einer Stadt nahe Bienville und kennt die Geschichte der Südstaaten ausgezeichnet, die gekonnt immer wieder in Aussagen und Taten durchschimmert.

Dieser Thriller ist unglaublich intensiv und trotz vieler Charaktere kann man den Überblick gut behalten. Abseits der Spannung ist er aber auch eine sehr eingehende Auseinandersetzung mit Verantwortung, Moral, Verrat und Macht. Iles zeichnet menschliche Abgründe sehr glaubhaft und blickt tief in die amerikanische Seele, vor allem derer reicher weißer Männer. Gier und Rache sind die Triebfedern, die Buch und Leser an einen unausweichlichen Endpunkt hinsteuern lassen wie die Titanic auf den Eisberg.

Veröffentlicht am 23.12.2019

Neues von Ted und Amanda

Missing Boy
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Candice Fox’ neuester Pageturner setzt die Erfolgsgeschichte von Ted Conkaffey und Amanda Pharrell fort. Das kongenialste und unkonventionellste Privatermittlerduo Australiens such einen achtjährigen Jungen, ...

Candice Fox’ neuester Pageturner setzt die Erfolgsgeschichte von Ted Conkaffey und Amanda Pharrell fort. Das kongenialste und unkonventionellste Privatermittlerduo Australiens such einen achtjährigen Jungen, der aus einem Hotel in Cairns verschwunden ist.

Um völlig zu verstehen, was die beiden so besonders macht, müsste man auch die ersten beiden Bücher (Crimson Lake und Redemption Point) kennen, aber auch in Missing Point werden die Basics erklärt. Amanda saß mehr oder weniger unschuldig im Gefängnis und schottet sich gegenüber ihrer Vergangenheit nun ab indem sie undurchsichtige Sprüche klopft und sich teilweise wie ein Soziopath verhält, wahrscheinlich absichtlich.

Ted ist ein aus Mangel an Beweisen nicht verurteilter Ex-Polizist, dem zu Unrecht vorgeworfen wurde, sich an einem Mädchen vergangen zu haben. Er lebt seit dieser Zeit von Frau und Kind getrennt und versucht dennoch, eine gute Beziehung zu beiden zu haben. Auch Amanda ist auf ihre Art ein “einsamer Wolf” und lebt mit vielen Katzen zusammen.

Ihre Erfahrungen machen die beiden aber auch zu den genialen Köpfen, die sie sind, wenn es um Verbrechen geht. Mit Witz, Beobachtungsgabe und ein wenig Glück meistern sie fast alles zusammen. Thriller mit den beiden sind mentale Ausflüge ins heiße Down-Under die immer gut unterhalten und eine ganz eigene Spannung entwickeln. Und sie zeigen auch immer wieder neue Facetten ihrer Protagonisten.

Auch die Fälle, die Entwicklung der Geschichte, können mit den Charakteren mithalten. Ein sehr empfehlenswerter Thriller, der einem auch vor Augen führt, wie wertlos Vorurteile sind und dass selbst Ted und Amanda davor nicht gefeit sind.

Veröffentlicht am 15.12.2019

Reale Ereignisse, mit Phantasie spannend fortgeführt

Der russische Spion
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Auch wenn mein Land hier im Thriller keine so “rühmliche” Rolle spielt (was wir sicher auch teilweise den Skandalen rund um das hier ebenso erwähnte BVT zu verdanken haben) hat es mich dennoch gefreut, ...

Auch wenn mein Land hier im Thriller keine so “rühmliche” Rolle spielt (was wir sicher auch teilweise den Skandalen rund um das hier ebenso erwähnte BVT zu verdanken haben) hat es mich dennoch gefreut, dass Wien relativ zu Beginn eine interessante Rolle spielen durfte.

Auf seiner Suche nach den Mördern eines russischen Überläufers betritt Gabriel Allon, seines Zeichens Leiter des Israelischen Geheimdienstes, also auch österreichischen Boden. Es entspinnt sich eine Jagd durch Europa, während der seine Beziehungen zu Graham Seymour, seinem britischen Äquivalent, hart auf die Probe gestellt werden.

Schauplätze in London, Bern, Washington, Wien, Straßburg, Tel Aviv und so weiter ergeben ein spannendes, kosmopolitisches Bild und wie immer bei Daniel Silva sind die geheimdienstlichen Aktivitäten wunderbar glaubhaft eingeflochten. Und, ebenso bemerkenswert: ein Großteil davon entspringt nicht einmal reiner Phantasie, wie Silva in seinen Anmerkungen erläutert.

Das Gefühl “es könnte doch wirklich so gewesen sein”, das man beim Lesen öfter mal bekommt, täuscht also nicht immer. Sehr realistisch sind auch die Gespräche hinter den Kulissen aufgezogen. Als “normaler Bürger” gibt es da ja selten Nachrichten nach außen, aber es ist gut vorstellbar, dass die Mächtigen immer zwischen der notwendigen Zusammenarbeit und dem grundsätzlichen Misstrauen untereinander hin- und hergerissen sind. Und es da keine klassischen Freundschaften geben kann, dennoch aber manche Staaten sich geheimdienstlich näher stehen als andere. Wie das politisch nach außen dringt, kann auch wieder ganz anders sein.

Nach “Der Drahtzieher” ist “Der russische Spion” mein zweiter und der insgesamt 18. Band der Reihe mit Gabriel Allon.