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Veröffentlicht am 16.01.2018

Temporeiche und undurchsichtige Mörderjagd auf hoher See

Woman in Cabin 10
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Hier ist nichts so wie es scheint - oder zumindest wenig. An der Seite der Hauptfigur Laura (Lo), einer Reisejournalistin, begibt sich der Leser auf eine ganz besondere Kreuzfahrt. Ein Schiff, so illuster ...

Hier ist nichts so wie es scheint - oder zumindest wenig. An der Seite der Hauptfigur Laura (Lo), einer Reisejournalistin, begibt sich der Leser auf eine ganz besondere Kreuzfahrt. Ein Schiff, so illuster wie seine Gäste, legt zur Jungfernfahrt ab und an Bord sind neben dem Eigentümer und seiner Frau nur Investoren und Journalisten, die natürlich im besten Lichte über die Ereignisse berichten sollen.

Doch dazu kommt es nicht. Die eigentliche Arbeit tritt vor allem für Laura ab dem Moment in den Hintergrund, als sie ein Verbrechen beobachtet, vielmehr hört. Doch alles, was sie damit in Zusammenhang bringen kann, verschwindet. Wurde die Tat wirklich begangen oder ist Laura doch so labil, dass sie sich das eingebildet hat?

Einiges an Alkohol, wenig Schlaf und Medikamente machen sie nicht zur glaubwürdigsten Zeugin. Doch Laura gibt nicht auf und ermittelt in Miss-Marple-Manier auf eigene Faust auf dem Schiff herum. Dabei bleibt sie als Charakter zu Beginn eher blass und wirkt anstrengend, kann aber am Ende mit persönlicher Entwicklung punkten.

Viel Zeit durchzuatmen gibt es für den Leser in diesem Buch nicht, hinter jedem Gesprächsfetzen oder jeder Bewegung eines Gastes lässt sich die Lösung vermuten. An Spannung und Tempo mangelt es nicht, dies geht jedoch zulasten der einzelnen Biografien, die Personen hätten etwas mehr Tiefe vertragen.

Veröffentlicht am 05.01.2018

Lasset das Leben (neu) beginnen

Gegen Liebe ist kein Kraut gewachsen
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Dieser Roman heißt im Original “The Garden of Small Beginnings”, was ich für den wesentlich passenderen Titel für die Geschichte halte. Es wird damit besser umschrieben, worum es wirklich geht - in der ...

Dieser Roman heißt im Original “The Garden of Small Beginnings”, was ich für den wesentlich passenderen Titel für die Geschichte halte. Es wird damit besser umschrieben, worum es wirklich geht - in der Übersetzung, wo einfach eine Redewendung umgeschrieben wurde, liest es sich “nur” wie ein kitschiger Liebesroman. Doch dieses Buch hat mehr zu bieten und kann auch allen gefallen, die sonst um seichten “Liebeskitsch” einen großen Bogen machen.

Lilian ist Mutter zweier Schulkinder und arbeitet als Illustratorin. Der Beruf lässt sich gut mit ihrem Alltag vereinen. Dieser besteht nicht nur aus den Kindern, auch ihre Schwester Rachel und Kindermädchen Leah. Doch eines fehlt: ein Mann, ein Vater. Das nicht freiwillig - Lilian ist Witwe. Das beeinflusst auch Jahre später noch ihr Leben, ihren Alltag, ihre Träume.

Aus dem Trott, den sie sich eingerichtet hat, herausreißen kann Lilian scheinbar niemand, auch wenn ihre Schwester es immer wieder versucht. Neue Chancen dafür eröffnet ein Gärtnerkurs, den Lilian beruflich belegen muss. Und Kursleiter Edward ist der erste Mann, der die junge Witwe durch Salat, Karotten und Erdbeeren ein wenig aus ihrer Lethargie holen kann. Auch der Rest der Teilnehmer, die zusammen eine so bunte Gruppe ergeben wie ihre Blumen-, Obst- und Gemüsebeete, trägt dazu bei. Ein neuer Freundeskreis und interessante neue Aufgaben (auch beruflich) zwingen Lilian dann doch, ihre Schale abzuwerfen und mit Freude an so vielem teilzuhaben, was das Leben zu bieten hat.

Ein Roman für alle Optimisten, Einsame sowie Familienmenschen und auch für jeden, der tief im Herzen eine kleine romantische Ader hat.

Veröffentlicht am 05.01.2018

Düsteres Cornwall und ein buntes Reservoir an Verdächtigen

Das Wüten der Stille
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Collin Brown, Detective Inspector im beschaulichen St. Magor in Cornwall, wird hier von seiner Schöpferin Iris Grädler zum dritten Mal mit einem ziemlich vertrackten Fall konfrontiert.

Zuerst scheint ...

Collin Brown, Detective Inspector im beschaulichen St. Magor in Cornwall, wird hier von seiner Schöpferin Iris Grädler zum dritten Mal mit einem ziemlich vertrackten Fall konfrontiert.

Zuerst scheint es nur einer zu sein, das Verschwinden einer Schülerin der Highschool im Nachbarort Cambrenne, doch während der Ermittlungen tauchen immer mehr Parallelen zu einem älteren Fall auf. Vor acht Jahren verschwand auch ein Mädchen, das auf die selbe Schule ging. Damals Jenifer, heute Carla. Bei Carla scheint sich zunächst niemand der involvierten Erwachsenen zu sorgen, doch durch die aktuellen Entwicklungen schöpfen Jenifers immer noch verzweifelte Eltern wieder Hoffnung. Ihre Leiche wurde nie gefunden.

Der große Star dieses Krimis ist einerseits die Umgebung, die Landschaft und Küste Cornwalls, die mit Wind und Wetter ihre Rolle bei allen Schauplätzen spielt, die sich durch die Ritzen im Leben der Menschen drängt und immer präsent ist. Andererseits sind es hier die Protagonisten, Polizisten, Charaktere, Verdächtige, die das Buch trotz des tristen Wetters so bunt erscheinen lassen. Grädler schöpft für die Menschen in ihren Krimis aus dem Vollen und lässt kaum zwei Leute ähnlich wirken. Jeder hat sein Päckchen zu tragen, das kommt gut heraus ohne aufgesetzt zu wirken. Aufgesetzt sind lediglich manche Verhaltensweisen der Figuren, was dennoch nicht kitschig oder nervig wirkt, manche Menschen sind einfach so - im Buch wie im Leben.

Wer gerne selbst miträtselt und dennoch überrascht werden will, wer gerne falsche Fährten enttarnen will, ist mit diesem Krimi gut bedient. Die drei Geschichten sind gut unabhängig voneinander zu lesen, wer allerdings Collin Brown besser kennenlernen will, sollte mit einem der ersten beiden Romane beginnen (Meer des Schweigens; Am Ende des Schmerzes), da hier aufgrund mehrerer Faktoren Browns Privatleben und auch die Interaktion im Ermittlerteam etwas zu kurz kommt).

Veröffentlicht am 27.12.2017

Ein klassischer Schwedenkrimi der gut unterhält

Dominotod (Ein Nathalie-Svensson-Krimi 2)
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Jonas Moström hat hier einen durchdachten, klassischen Schwedenkrimi geschrieben. Auch wenn es mit der Hauptfigur Nathalie Svensson schon einen Band gibt, lässt sich das Buch auch gut ohne Vorkenntnisse ...

Jonas Moström hat hier einen durchdachten, klassischen Schwedenkrimi geschrieben. Auch wenn es mit der Hauptfigur Nathalie Svensson schon einen Band gibt, lässt sich das Buch auch gut ohne Vorkenntnisse lesen. Auch die Andeutungen die es über ihre Vergangenheit gibt, sind gut eingeflochten und nerven nicht.

Beim aktuellen Fall soll Nathalie als Psychiaterin ein Team aus Kriminalisten (vor Ort und hinzugerufen) sowie deren Computerspezialisten unterstützen. Gemeinsam sollen sie ein Täterprofil erstellen. Dies gestaltet sich schwierig. Zwei Ärzte sind verschwunden, einer tot und bis auf den Arbeitsort und zwei gefundene Dominosteine scheint sie nichts verbunden zu haben.
Nach und nach graben die Ermittler in den Privatleben der Verdächtigen und Nathalie wird immer stärker selbst betroffen, da auch ihre Schwester in die Sache verstrickt zu sein scheint. Auch der Kommissar vor Ort ist involviert, da eng mit einem der Opfer befreundet.

Es entbrennt ein Wettlauf gegen die Zeit, der sich für den Leser aber nicht so gehetzt anfühlt wie in anderen Krimis, weil einfach vieles nebenbei passiert, kleine Hinweise auftauchen und vieles mehr. Man selbst kann immer mitraten. Zudem gibt es Rückblenden, die zu Beginn wenig Sinn ergeben, sich aber am Ende einfügen. Wer hellhörig ist, kann schon im ersten Drittel des Buches den Täter vermuten, dennoch ist die Auflösung clever gestaltet und der gesamt Krimi unterhält gut.

Veröffentlicht am 22.11.2017

Nichts für emanzipierte Leserinnen

Die Lichter von Paris
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Dieser (Frauen-)Roman hat einige gute Ideen in sich, leider dominieren meiner Ansicht nach zu sehr das Klischee und die (wenn auch realistischen) Komplexe von Frauen diversen Alters.

Gut hierbei ist die ...

Dieser (Frauen-)Roman hat einige gute Ideen in sich, leider dominieren meiner Ansicht nach zu sehr das Klischee und die (wenn auch realistischen) Komplexe von Frauen diversen Alters.

Gut hierbei ist die Gestaltung: Es wird aus den Leben von Madeleine im Jahr 1999 erzählt, als sie ungefähr Mitte 30 ist, und von Margie, ihrer Großmutter, die 1924 mit Mitte 20 von den USA aus nach Paris reiste. Die Sichtweisen, Schilderungen der so unterschiedlichen Zeiten wechseln sich angenehm ab und erzeugen so etwas Spannung. Man will schließlich immer gerade dann wissen, wir es mit einer von beiden weitergeht, wenn die Perspektive wechselt.

Madeleine findet nach einiger Zeit selbst die Tagebücher von Margie und so vermischen sich die beiden Geschichten ein wenig. Das passt insofern gut, als sie ja familiär auch zusammenhängen, wenn sich die beiden auch nicht wirklich kennengelernt haben. Es gibt interessante Parallelen und Unterschiede im Leben der beiden Frauen: so anders die Zeiten geworden sind, so verhaftet sind beide in ihrem Denken rund um Männer, Anstand und die “richtige” Art zu leben, ein Vermächtnis, das über Generationen weitergegeben wurde und nun sogar Madeleine immer noch zu schaffen macht. Dass sie nicht gerade die am meisten gefestigte Person ist, ist auch nicht sehr hilfreich und stürzt die unglücklich Madeleine in seitenlange Selbstmitleids-Monologe und große Zweifel.

Hier sind wir auch schon bei den Ähnlichkeiten. Die beiden Frauen scheinen über weite Strecken des Buches die selben Probleme zu haben, was anhand des Zeitunterschiedes seltsam sein mag. Dennoch stehen Margie (damals war es für Frauen einfach schwer, ein von einem Mann unabhängiges Leben z führen) und Madeleine (die es sich selbst schwer macht und der vieles schwer gemacht wird, auch diese Frauen gibt es nach wie vor heutzutage) exemplarisch für viele Frauen. Es kann nicht jeder “Wonderwoman” sein, trotz annähernd Gleichberechtigung, Feminismus und Emanzipation.

Punkten kann der Roman mit den Beschreibungen von Personen, Umgebung und der Stadt Paris. Leider gibt es zwischen diesen schönen Momenten und den Ängsten der beiden Frauen sonst nicht viel. Das könnte alle, die keine “eingefleischten” Frauen-Roman-Leser sind, schnell langweilen.