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Veröffentlicht am 12.04.2022

Hörgenuss von Wien bis Budapest

Der letzte Tod
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Gänsehaut entwickelt sich hier gerade zu Beginn sehr häufig. Nicht nur, weil der Hörer Kriminalinspektor August Emmerich und seinen Kollegen Ferdinand Winter an einen Tatort begleiten darf, sondern weil ...

Gänsehaut entwickelt sich hier gerade zu Beginn sehr häufig. Nicht nur, weil der Hörer Kriminalinspektor August Emmerich und seinen Kollegen Ferdinand Winter an einen Tatort begleiten darf, sondern weil Cornelius Obonya die Geschichte so fesselnd und abwechslungsreich liest.

Gerade dann, wenn unvermittelt durch direkte Rede ein neuer Charakter seinen Auftritt hat, hört man das und findet im Hörbuch dadurch sofort heraus, dass hier nun jemand ganz anderes spricht als man das auf Papier erkennen könnte.

In “Der letzte Tod” sind wir wieder zurück in Wien, diesmal im Jahr 1922. Die Nachwehen des Krieges sind noch spürbar, für die einen körperlich, für andere seelisch und wieder für andere finanziell. Und für manche alles zusammen. Mitten in diese Misere hinein gibt es eine spezielle Leiche für Emmerich und Winter.

Starb der Mann wirklich in dem Tresor, in dem seine Leiche gefunden wird? Aber nicht nur der Fall ist wie gewohnt spannend, Wien und andere Orte, wie sie vor 100 Jahren waren, werden dank der Autorin vor dem inneren Auge lebendig.

Obonya und die Krimis von Alex Beer sind nun schon seit Beginn der Reihe vor einigen Jahren so miteinander verwoben, dass ich - würde ich die Bücher lesen - sicher alles mit Obonyas Stimme und seinen verschiedenen Stimmlagen und Akzenten in mir hören würde.

Er kann einfach jede Figur, vom adeligen Wiener bis zum ungarischen Polizist, mit wenigen Worten zum Leben erwecken. Ich würde sogar so weit gehen zu sagen, dass er Emmerich “ist” - würden die Bücher verfilmt, gibt es meiner Meinung nach nur eine logische Wahl für die Hauptrolle.

“Der letzte Tod” ist Teil 5 der Reihe um Kriminalinspektor August Emmerich.

Veröffentlicht am 10.04.2022

Mit Matou durch die Jahrhunderte

Matou
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Was für ein Epos! Als physische Ausgabe wird dieser Roman nicht so dick und ich bin sicher, hätte ich einfach “nur” das Buch gelesen wäre mir die Geschichte auch nicht so umfangreich vorgekommen. Aber ...

Was für ein Epos! Als physische Ausgabe wird dieser Roman nicht so dick und ich bin sicher, hätte ich einfach “nur” das Buch gelesen wäre mir die Geschichte auch nicht so umfangreich vorgekommen. Aber als Hörbuch - ungekürzt - nimmt sich “Matou” seine Zeit und das zu recht.

Die 40,5 Stunden hört man nicht einfach so nebenbei. Michael Köhlmeier spickt die sieben Leben des Katers Matou mit viel Geschichte und einem teils sati(e)rischem und teils entwaffnend ehrlichem Seitenblick auf uns Menschen, aus Sicht eines Tieres.

Natürlich richtet sich das Buch dadurch stark an Katzenliebhaber und viele feine Details sind auch eher nur für jene zu erkennen, die selbst sehr viele Jahre mit Katzen zusammengelebt haben oder zusammenleben. Aber auch andere Leser und Hörer können Matou durch seine Jahrzehnte folgen und erleben bekannte Persönlichkeiten aus einer anderen Perspektive.

Köhlmeier verknüpft Tatsachen und Teile der Biografie dieser Personen wie E.T.A. Hoffmann oder Andy Warhol mit dem fiktiven Part des Katers Matou. Dieser ist nicht einfach nur ein Kater und ein guter Beobachter, sondern kann auch schreiben, lesen und sprechen.

Apropos sprechen: Köhlmeier liest das Hörbuch selbst und wer ihn schon einmal sprechen und erzählen gehört hat, wird diese Ausgabe lieben, auch wenn man nicht so schnell durchkommt wie beim gedruckten Buch.

Köhlmeier hat eine ganz besondere Erzählstimme und er findet, ohne dass es besonders angestrengt wirkt, immer den richtigen Ton. Er spielt nicht mit verschiedenen Stimmen oder mit Tempo, seine Art zu sprechen zieht einen dennoch immer in seinen Bann.

Ein Hörgenuss für alle Katzenversteher und für solche, die es vielleicht danach werden möchten.

Veröffentlicht am 19.03.2022

Wie lange hält dein Akku noch?

BLACKOUT - Morgen ist es zu spät
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Schon länger hatte ich geplant, auch einmal “ein älteres Buch” von Marc Elsberg zu lesen, nachdem ich ihn vor der Pandemie bei einem kleineren Buchevent erleben durfte. Letztlich kam dann aber das neue ...

Schon länger hatte ich geplant, auch einmal “ein älteres Buch” von Marc Elsberg zu lesen, nachdem ich ihn vor der Pandemie bei einem kleineren Buchevent erleben durfte. Letztlich kam dann aber das neue “Der Fall des Präsidenten” dazwischen.

Das konnte mich nicht zu 100 Prozent überzeugen, aber das Interesse an Elsbergs anderen Titeln blieb und als ich von der neuen Auflage von “Blackout” erfuhr, musste ich da einfach anfragen.

Dieser Thriller ist kein Büchlein, das sich einfach so wegliest, vielmehr muss man es in kleineren Dosen verdauen. Das Thema ist so mit unserem Alltag verwoben und hochsensibel, dass man zwar keine Panik aber doch eine frische Sichtweise auf all das bekommt, das scheinbar so selbstverständlich ist.

Konnte ich die Detailrecherche schon bei “Der Fall des Präsidenten” würdigen, so ist sie hier meiner Meinung nach sogar noch besser gelungen. Natürlich musste manches zugunsten der Geschichte verändert werden aber die Handlung um Piero Manzano und den Zusammenbruch des europäischen Stromnetzes und damit quasi unserer Zivilisation, ist so “echt” dass sie jeden sofort packt.

Durch das Thema gibt es quasi keinen Leser, der keine Berührungspunkte mit der Handlung und oder den Charakteren hat, denn heutzutage umgibt uns die elektrische Energie in so vielen Formen, sichtbar und unsichtbar.

Manzano, ein italienischer IT-Fachmann und Teilzeit-Hacker, wird wie Millionen andere Europäer von einer Sekunde auf die andere mit fast vollkommener Dunkelheit konfrontiert. Der Strom fällt überall aus, wo es keine Aggregate oder noch ein paar wenige geladene Akkus gibt. An einem Winterabend noch dazu.

Dies setzt eine verhängnisvolle Kettenreaktion in Gang und schließlich sind auch fast alle Kraftwerke Europas außer Betrieb. Was das aber im Detail für jeden Einzelnen bedeutet und was dann alles wirklich nicht mehr möglich ist, beschreibt Marc Elsberg sehr sehr anschaulich auf den fast 800 Seiten.

Während die Figuren im Buch sich täglich neuen Probleme stellen und durch den Alltag kämpfen, der nichts mehr damit gemein hat, was sie Jahrzehnte gewohnt waren, setzt beim Leser automatisch ein Gedankengang ein: “Was würde ich tun?” “Wohin könnte ich gehen?” “Hätte ich genug…. bei mir?”

Hoffen wir, dass “Blackout” auch in zehn Jahren neu aufgelegt wird und wir dann immer noch sagen können: “Wir sind besser vorbereitet als damals und noch ist so etwas auch nicht Realität geworden”.

Nur Teil der Premium-Ausgabe: Die aktuellen Informationen und Beiträge vom Autor (Kurzgeschichte 10 Jahre danach) und anderen Wegbegleitern am Ende des Buches sind sehr interessant. Dazu gibt es Notfallrezepte und hilfreiche Links. Wer die neuere Ausgabe nicht hat, kann aber anhand der Namen (sicher online zu finden) auch andere Artikel oder Interviews mit den Personen suchen und ähnliche Informationen und Tipps bekommen.

Und wer nun Interesse an der Handlung hat, aber nicht weiß ob so ein dickes Buch das richtige ist, der kann den Thriller dieses Jahr im Frühling als Mini-Serie auf Sat 1 sehen.

Veröffentlicht am 26.02.2022

Ist es nun das Ende?

Bluttat
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Die Trilogie der beiden Autoren rund um die Protagonisten Alexander Blix und Emma Ramm findet mit “Bluttat” ihr großes Finale. Die drei Bücher sind auch unabhängig voneinander lesbar, jedoch gibt es private ...

Die Trilogie der beiden Autoren rund um die Protagonisten Alexander Blix und Emma Ramm findet mit “Bluttat” ihr großes Finale. Die drei Bücher sind auch unabhängig voneinander lesbar, jedoch gibt es private Entwicklungen und Rückblenden die natürlich chronologisch einfacher verständlich sind.

In diesem Fall haben die beiden - er Polizist, sie Journalistin - eine Beziehung, deren Wurzeln lange zurückliegen. Ihre Freundschaft wird auf eine harte Probe gestellt.

Blix, ein typischer Workaholic unter den Ermittlern, und seine Kollegen ermitteln dieses Mal in den eigenen Reihen, eine Kollegin kommt ums Leben. Es war Mord.

Hier in Band 3 der Reihe von Thomas Enger (Henning Juul-Reihe) und Jørn Lier Horst (William Wisting-Reihe) gibt es zwar, notwendigerweise, einiges an privatem Einblick, aber es braucht nicht so viele einführende Informationen wie in “Blutzahl”.

Die Handlung stagniert in der ersten Hälfte des Thrillers etwas und profitiert von der Erzählweise, die sehr interessant gemacht ist. Das Geschehen wird eingeflochten in eine Befragung von Blix und eine von Ramm. Während die beiden sich im Gespräch erinnern, wird erzählt, was einige Tage zuvor geschah.

Das Buch ist trotzdem ein guter Pageturner, lässt sich dank nicht zu langer Abschnitte flott lesen und nimmt auch gegen Ende wieder Spannung auf. Mitraten kann man nur bedingt, da auch der Leser bis zum Ende nicht alle Details kennt und der Täter auch falsche Spuren legt.

Auch wenn die Handlung letztlich wieder gut gemacht ist, bleibt hier am Ende der Trilogie doch eines am meisten in Erinnerung, womit man so nicht unbedingt rechnen würde: es gibt einen Cliffhanger. Wobei es eher ein loser Faden ist, da ja eigentlich keine Bände mehr folgen. Der Fall ist also abgeschlossen und man bleibt dennoch zum Teil etwas unzufrieden zurück. Schade.

Veröffentlicht am 30.12.2021

Akkurat und beklemmend

State of Terror
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Das Autorenduo hier machte mich neugierig - einerseits eine Krimiautorin, von der ich schon ein Buch kannte und ein natürlich weltbekannter Name auf der anderen Seite. Zudem mag ich gelegentlich auch gute ...

Das Autorenduo hier machte mich neugierig - einerseits eine Krimiautorin, von der ich schon ein Buch kannte und ein natürlich weltbekannter Name auf der anderen Seite. Zudem mag ich gelegentlich auch gute Polit-Thriller und anderes das nahe an der Realität ist.

Und mit diesem Duo schien mir das auch gegeben. Noch dazu, als ich sah, dass die Hauptperson hier eine US-Amerikanische Außenministerin ist. Viele Abläufe und Details kann man sich also tatsächlich so vorstellen: Die Jets der Regierung, geheime Sitzungen, spezielle Telefone, Sicherheitsvorkehrungen, Staatsbankette, Unterlagen und vieles mehr.

Wir tauchen also an der Seite von Ellen Adams ein in die Weltpolitik nach der Nicht-Wiederwahl von Don… Eric Dunn. Der Neue heißt hier Doug Williams und er muss einiges ausbaden, das die Vorgängerregierung verursacht hat. Kleine Anspielungen hier und da auf die Realität machen diesen Thriller einerseits beklemmend aber auch zwischendurch ganz spaßig.

Die Situation selbst ist aber ernst. Es gilt, gezielte Bombenattentate zu verhindern und aufzuklären. Sie finden nicht in den USA statt, aber die Umstände die sich nach und nach herauskristallisieren, bedrohen die Staaten und damit Williams und Adams in höchstem Maße.

Louise Penny und Hillary Rodham Clinton haben sich hier für ein Szenario entschieden, das politisch und menschlich niemandem zu wünschen ist. Und von dem man als Leser hoffen darf, dass es so nie passieren wird. Aber man kann nie wissen und auch das macht einen Teil der Magie dieses 560-Seiten Buches aus.

Ein packender US-Thriller, wie gemacht für Fans von David Baldacci, Daniel Silva, James Patterson und anderen dieses Genres. Er punktet mit Aktualität und Genauigkeit, was aber manchmal zu leichten Längen führt.