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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 13.04.2021

Historisch, packend, authentisch

Teufelsberg (Wolf Heller ermittelt 2)
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Lutz Wilhelm Kellerhoff lässt den Berliner Kommissar Wolf Heller nach “Die Tote im Wannsee” erneut ermitteln. Wir schreiben das Jahr der Mondlandung, Kommunen sind immer noch attraktiv und gleichzeitig ...

Lutz Wilhelm Kellerhoff lässt den Berliner Kommissar Wolf Heller nach “Die Tote im Wannsee” erneut ermitteln. Wir schreiben das Jahr der Mondlandung, Kommunen sind immer noch attraktiv und gleichzeitig missbilligt und zwischen rechts und links scheint nicht viel Platz zu sein.

Da hinein drängen möchte sich der Kreml, dem West-Berlin ein Dorn im kommunistischen Auge ist. Die Situation der Deutschen, der Berliner ist nicht gerade einfach: Noch deutlich belastet von den NS-Verbrechen, gespalten durch die Mauer und uneins auf welcher Seite man im Konflikt um Israel stehen soll.

In “Teufelsberg” startet Heller mit einem “einfachen Mordfall”, der sich als Startschuss einiger minutiös geplanter und nicht ganz ideal gelaufener Aktionen gegen die stabile West-Berliner Führung herausstellt. Wolf Heller lässt nicht locker und findet beinahe zu spät heraus, was genau wie zusammenhängt. Kann auch er morden, wenn es drauf ankommt?

Die drei Autoren Martin Lutz, Sven Felix Kellerhoff und Uwe Wilhelm flechten ihren spannungsgeladenen Krimi-Plot wieder gekonnt in das so aufwühlende Zeitgefüge ein. Durch Kleinigkeiten und viel musikalischen Background führen sie den Leser in die damalige Zeit. Auch als jüngerer Leser fühlt sich das authentisch an.

Neben Heller treffen wir auch einige bekannte Figuren wieder, dennoch ist es kein absolutes Muss, den ersten Band vorher zu lesen.

Veröffentlicht am 07.04.2021

Diffuse Angst und culture clash

Der andere Sohn
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Dieser Schweden-Krimi ist unkonventionell, fesselnd und wird teilweise schon zu einem Psycho-Thriller. Nicht allzu blutig, mehr unter der Oberfläche.

Von einer diffusen Angst (die viel zur Spannung beiträgt) ...

Dieser Schweden-Krimi ist unkonventionell, fesselnd und wird teilweise schon zu einem Psycho-Thriller. Nicht allzu blutig, mehr unter der Oberfläche.

Von einer diffusen Angst (die viel zur Spannung beiträgt) sind hier gleich mehrere Charaktere betroffen: Der Vater einer vermissten jungen Frau, die Polizisten, die weder sie noch ihre Leiche finden können, der junge Schwarze, der als Verdächtiger gilt, aber alles bestreitet und die Mutter des Verdächtigen, die alles versucht, um ihren Sohn zu verteidigen.

Und dann ist da noch jemand: John Adderley. FBi-Undercover-Agent mit schwedischen Wurzeln und einem großen Problem. Er muss untertauchen und raus aus den USA. Mehr zu verraten wären zu viele Spoiler an dieser Stelle.

Zu Beginn des Buches gibt es zwei Zeitstränge, das Verschwinden der Frau liegt schon einige Zeit zurück. Ein Cold Case also. Während des 524 Seiten starken Krimis lernt der Leser schwedische Polizeiarbeit ebenso kennen wie die unterschiedlichen Gesellschaftsschichten Karlstads und ein paar fein erdachte Charaktere. Natürlich gibt es ein paar Klischees, ein bisschen Amerika gegen Schweden, aber alles in allem finden sich durchaus ein paar schöne, eigene Ideen.

Gut, dass “Der andere Sohn” der Start einer Reihe ist, andernfalls wäre der Cliffhanger am Ende von den Autoren Peter Mohlin und Peter Nyström noch grausamer gewählt als er ohnehin schon ist. Der Fall ist soweit geklärt, aber John kommt nicht zur Ruhe. Der Leser auch nicht!

Veröffentlicht am 19.03.2021

Kann eine Bombe einen Cold Case aufklären?

Blutnebel
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Erneut trägt die Zusammenarbeit zwischen Thomas Enger (Henning Juul-Reihe) und Jørn Lier Horst (William Wisting-Reihe) Früchte. ”Blutnebel” ist der gelungene Band 2 mit mit Polizist Alexander Blix und ...

Erneut trägt die Zusammenarbeit zwischen Thomas Enger (Henning Juul-Reihe) und Jørn Lier Horst (William Wisting-Reihe) Früchte. ”Blutnebel” ist der gelungene Band 2 mit mit Polizist Alexander Blix und Journalistin Emma Ramm.

Die beiden verbindet eine Geschichte, die hier allerdings kaum mehr thematisiert wird. Die Bände sind gut unabhängig voneinander zu lesen, Wer speziell viel zu den beiden Protagonisten erfahren will, sollte “Blutzahl” zuerst lesen.

Die Fortsetzung zeichnet sich erneut durch eine wohldurchdachte Krimi-Handlung und mehrere Erzählstränge aus, die am Ende alle zusammenfinden. Ein bisschen Action und den erwartbaren Showdown am Schluss gibt es auch.

Blix hat es diesmal mit einem Attentat zu tun, das ihn letztlich auch zu einem Cold Case bringt und entscheidende Hinweise zur Klärung liefert. Die Stärke von “Blutnebel” ist für mich auch, dass Ramm und (vor allem) Blix hier weniger persönlich involviert sind als im Vorgängerband. Das ermöglicht einen stärkeren Fokus auf die Ermittlerarbeit.

Zudem profitiert die Geschichte davon, dass weniger Privates geklärt werden muss, weil das meiste davon schon in “Blutzahl” eingeflossen ist. Ein Oslo-Thriller für alle Fans der skandinavischen Spannungsliteratur, so gekonnt aufgebaut wie ein Verhör durch Alexander Blix.

Und wer nicht genug bekommen kann: Band 3, “Bluttat” soll im Oktober 2021 erscheinen.

Veröffentlicht am 10.03.2021

Operation Stopfsocke

Montecrypto
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Edward Dante ist Brite, Ex-Banker und Wahlamerikaner mit Faible für Architektur. Und ein Krypto-Noob^. Also eine Figur, die nur Tom Hillenbrand so erfinden kann. Herrlich cool mit seinem Hut den er immer ...

Edward Dante ist Brite, Ex-Banker und Wahlamerikaner mit Faible für Architektur. Und ein Krypto-Noob^. Also eine Figur, die nur Tom Hillenbrand so erfinden kann. Herrlich cool mit seinem Hut den er immer trägt und seiner Leidenschaft was gute Cocktails und ganz bestimmte Musik angeht.

So ganz neben einer abenteuerlichen Geschichte rund um Kryptowährungen, digitale Schnitzeljagden und die Weltwirtschaft bekommt man als Leser Lust auf einen dieser köstlichen Drinks.

Da das nicht so einfach zu bewerkstelligen ist, hier ein anderer Tipp wie das Lesevergnügen von “Montecrypto” auch noch auditiv verstärkt werden kann: immer youtube, Spotify oder eine andere Plattform griffbereit haben. Dann lässt sich bei jeder neuen Erwähnung eines Songs auch gleich der Buch-Soundtrack erleben.

Aber auch ohne akustischen oder flüssigen Zusatz ist dieser mehr als 440 Seiten starke Thriller ein Genuss. Zugegeben, am Ende gibts ein bisschen viel komprimierte Action aber die aufgebauten Rätsel und Probleme werden gut und verständlich aufgelöst. Für Krypto-Kenner nicht zu langweilig oder vorhersehbar und auch für alle Noobs gut verständlich. Man muss sich natürlich ein wenig darauf einlassen aber das sollte machbar sein.

Ed Dante ist also ein in Kalifornien lebender Brite, der sich auf “Finanz-Forensik” spezialisiert hat (notgedrungen) und durch einen prominenten Todesfall seinen nächsten Auftrag bekommt. Besagter Toter, Greg Hollister, soll massig Geld in Form von Bitcoins gebunkert haben, an das seine Halb-Schwester ran möchte.

Er taucht bei seinen Ermittlungen tiefer in Hollisters Bekanntenkreis und die Krypto-Szene ein und spürt Vor- und Nachteile einer “Parallelwährung” am eigenen Leib. Die Story ist wie von Hillenbrand gewohnt fesselnd erzählt und wartet mit einem Bonus auf.

Sie macht nachdenklich, ohne mahnend zu wirken. Wie steht es denn wirklich um “unser” Finanzsystem? Sind die Mechanismen die es da zur Sicherung gibt, noch zeitgemäß und effizient genug? Wer weiß, vielleicht ist “Operation Stopfsocke” schon ein reales und kein rein fiktives Problem...



^Noob = Newbie, Neuling, Anfänger

Veröffentlicht am 01.03.2021

Locker, flockig, süß und österreichisch

Totentanz im Pulverschnee
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“Na endlich!” denkt sich der geneigte Arno-Bussi-Fan. In seinem dritten Fall (Abenteuer, darf man fast sagen) darf der junge Polizist wieder vom Bundeskriminalamt in Wien in seine Heimat Tirol aufbrechen. ...

“Na endlich!” denkt sich der geneigte Arno-Bussi-Fan. In seinem dritten Fall (Abenteuer, darf man fast sagen) darf der junge Polizist wieder vom Bundeskriminalamt in Wien in seine Heimat Tirol aufbrechen. Alles wie gehabt? Fast, denn es scheint langsam (endlich) bergauf zu gehen mit dem armen Arno.

Endlich könnte sich eine feste Beziehung für ihn ergeben (nein, nicht mit seiner Mama) und seine neue Sport-Leidenschaft lindert ihm die täglichen Qualen der langweiligen Büroarbeit zu der er degradiert wurde. (Wer mehr zu Arnos Vorgeschichte erfahren möchte, sollte übrigens die drei Bände in der korrekten Reihenfolge lesen, die Krimifälle an sich sind unabhängig voneinander.)

Der Tollpatsch mit dem italienischen Namen ertappt sich also erneut dabei, wie er wieder einmal in Tirol kriminalisieren muss, aber diesmal wehrt er sich lange dagegen. Diesmal nämlich ist er nicht im Auftrag seiner Behörde unterwegs sondern eigentlich nur auf Urlaub. Alle schönen Pläne muss der Arno über den Haufen werfen als eine junge Frau verschwindet und ihn seine Neugier hinter die glänzenden Fassaden der Häuser und Dorfbewohner blicken lässt.

Joe Fischlers Erzählstil passt wunderbar zu Arnos Leidenschaft: Er ist locker, flockig, süß und österreichisch - wie Kaiserschmarrn. Dazu wunderbar passend - Erna Katz, die spitzfindig-süffisante Leiterin des LKA Tirol, die zusammen mit Bussi ein geniales Ermittlerteam abgibt. Die beiden kennen sich schon vom Vorgängerband, aber verstehen sich hier wie ich finde noch besser als zuvor.

Und nachdem die beiden sich nun (endlich) wirklich gut verstehen scheint es für den Arno in Wien auch (endlich) besser zu werden… Fortsetzung erwünscht!