Dramatischer Schmöker mit Sogwirkung und voller dunkler Geheimnisse…
Cape Cod, Oktober 1978:
Die Halbwaise Hallie Costa, lebt zusammen mit ihrem Vater Nick, dem Dorfarzt in einem beschaulichen Örtchen im US-Bundesstaat Massachusetts. Obwohl die vielen Dörfler, die zumeist ...
Cape Cod, Oktober 1978:
Die Halbwaise Hallie Costa, lebt zusammen mit ihrem Vater Nick, dem Dorfarzt in einem beschaulichen Örtchen im US-Bundesstaat Massachusetts. Obwohl die vielen Dörfler, die zumeist portugiesischer Abstammung sind, fest zusammen halten, lieben sie es auch, zu Klatschen. Eine Familie im Ort, ist besonders oft Thema- die Familie Silva. Das Familienoberhaupt ist überaus eifersüchtig und neigt dazu gewalttätig zu werden, wenn er zuviel getrunken hat. Eines Tages geht er zu weit, ermordet seine Frau, während ihr gemeinsamer Sohn, der kleine Gus, verstört in seinem Zimmer sitzt. Gus Vater kommt ins Gefängnis, doch Gus kann weiter bei seinem Onkel und deren Familie leben. Seit dem Vorfall, hat er sich jedoch zurückgezogen und spricht mit keinem Menschen mehr.
Erst als Nick und Hallie sich um den Jungen bemühen, taut er langsam auf. Besonders Hallie, gibt sich große Mühe, schenkt Gus sogar einen Charles Dickens Roman, den sie ihm vorliest. Es fühlt sich für Hallie wie Freundschaft und tiefe Verbundenheit an, doch Gus macht ihr wenig später klar, dass er ihre Freundschaft, im Gegensatz zu Guas bestem Freund Neill, nicht möchte. Hallie ist verletzt und beschließt fortan, Gus aus dem Weg zu gehen.
Die Jahre vergehen und als beide im Teenageralter sind, knistert es plötzlich zwischen ihnen. Für eine Weile sieht es so aus, als ob es das Schicksal gut mit ihnen meint und Hallie will sogar für ein Jahr zusammen mit Gus in eine andere Stadt ziehen, ihr Studium erst auf Eis legen, was Nick erzürnt. Doch dann, eines abends am Strand, löst eine Kette von Missverständnissen und tragischen Verwicklungen eine Katastrophe aus, die unter anderem zur Trennung von Hallie und Gus führt.
Wieder vergehen Jahre der Funkstille, doch dann erfährt Hallie, dass Gus des Mordes angeklagt wurde und abermals will sie ihrem Freund und Geliebten von einst beistehen…
Es war das einladende Buchcover, mit Muscheldekor, das mich zunächst aufmerksam machte, auf Patry Francis Roman „Die Schatten von Race Point“. Zudem klang der Klappentext spannend, versprach eine Geschichte voller Geheimnisse und Drama, so dass ich nicht widerstehen konnte. Zugegeben, es ist ein ziemlich dicker Schmöker, den die Autorin ihren Lesern „aufs Auge“ gedrückt hat und die Geschichte verlangt dem Leser viel Aufmerksamkeit und Durchhaltevermögen ab, denn die Story wird aus gleich mehreren Erzählperspektiven vorangetrieben und über eine sehr lange Zeitspanne hinweg, dargeboten. Man erfährt viel über Hallies, Gus und Neills Kindheits - und Jugenderlebnisse, aber auch über ihren weiteren Werdegang als Erwachsene und da Patry Frances Erzählstil sehr bildgewaltig und eingängig geraten ist, fand ich keinesfalls, dass dieser Schmöker hier langweilig geraten ist, wie es manche Rezensenten bemängelten. Es ist halt kein Liebesroman für blutjunge Menschen, sondern eher für etwas reifere Jahrgänge, die eine gewisse Melancholie und Sensibilität nebst Lebensweisheit, die zwischen den Zeilen vorherrscht, zu schätzen wissen. Auch Leser, die sich hier womöglich einen Liebesroman mit „Dornenvögel-Thematik“ erhoffen, sollten gewarnt sein. Sicherlich, Gus wird im Laufe des Buches zum Priester, doch es geht hier eigentlich nicht um eine Liebesgeschichte im herkömmlichen Sinne und so fällt das Happy End auch anders aus, als man es erwartet. Es ist eher ein Selbstfindungsroman, ein eindringlich erzähltes Familiendrama, in dem es um seelisch verletzte Menschen geht, aber auch um unverbrüchliche Freundschaft. Was mir besonders gut gefallen hat, war, dass es der Autorin hier besonders gut gelungen ist, wichtige Werte zu vermitteln und ihre Figuren reifen zu lassen. In der zweiten Hälfte des Romans wird es nochmals besonders spannend, denn Gus wird des Mordes an einer Frau bezichtigt, die ihn einst um Hilfe bat, weil sie ihrem gewalttätigen Mann entkommen wollte. Die Autorin knüpft hier gekonnt alle noch losen Handlungsfäden zu einem packenden Drama und baut einige Spannungselemente ein, so dass man den Roman kaum zur Seite legen kann.
Warum habe ich trotz all des Lobes einen halben Punkt bei meiner Bewertung abgezogen? Nun, ich bin ehrlich. Es prasselt dermaßen viel Arges auf Hallie und Gus ein, dass es schon irgendwann, in solch geballter Form, etwas unglaubwürdig wird. Nichtsdestotrotz habe ich mich sehr gut unterhalten gefühlt von diesem Roman und empfehle ihn gerne weiter.
Kurz gefasst: Dramatischer Schmöker mit Sogwirkung und voller dunkler Geheimnisse…