Lesenswerter Schmöker, zur Zeit des Niederländisch-Französischen Krieges spielend, der reichlich historisches Flair versprüht
Rheinbach 1668:
Madlen und Peter sind einander bereits von Kindesbeinen an versprochen und beide mögen sich sehr. Doch eine besondere Beziehung hat das junge Mädchen zu dem, stets zu Streichen aufgelegten, ...
Rheinbach 1668:
Madlen und Peter sind einander bereits von Kindesbeinen an versprochen und beide mögen sich sehr. Doch eine besondere Beziehung hat das junge Mädchen zu dem, stets zu Streichen aufgelegten, Lucas. Lucas ist ein paar Jahre älter und reichlich daran interessiert, die Damenwelt zu entdecken. Dennoch ist Madlen vor Lucas sicher, denn er schätzt seine kleine Freundin viel zu sehr, als das er sie etwa entehren würde.
Eines Tages gerät Lucas in große Schwierigkeiten. Eine junge Frau behauptet, er habe sie vergewaltigt. Aufgebracht, wollen, die Dörfler von Rheinbach, Lucas zur Rechenschaft ziehen und sperren ihn, für weitere Befragungen, schließlich im Turm ein. Madlen glaubt fest an die Unschuld ihres besten Freundes und kämpft mit allen Mitteln darum, dass Lucas freigesprochen wird, von den falschen Anschuldigungen gegen ihn. Würde er nämlich verurteilt, könnte er gar sein Leben verlieren…
Fünf Jahre später:
Madlen traut ihren Augen nicht, als Lucas plötzlich wieder vor ihr steht. Er hat in den vergangenen Jahren Soldatendienste abgeleistet, steht in den Diensten des Fürstbischofs von Münster und soll einen Verräter dingfest machen, der mit den Holländern konspiriert. Ausgerechnet in Rheinbach laufen alle Fäden zusammen. Es wäre der letzte Auftrag für Lucas; sollte er erfolgreich sein und den Verräter überführen, winkt ihm der Abschied vom Soldatenleben, worum er gebeten hatte, denn er will wieder ins Lederhandelgeschäft einsteigen, wie einst sein Vater. Madlen ist hin und hergerissen. Einerseits klopft ihr Herz schneller, doch andererseits weiß sie noch zu gut, dass Lucas nicht mehr in ihr sieht, als eine gute Freundin. Zudem ist sie verlobt mit Peter, wird in nicht einmal mehr drei Monaten seine Frau werden. Das Leben könnte so schön sein, doch dann gerät ausgerechnet Madlens Vater ins Visier von Lucas. Kann es wirklich sein, dass er der gesuchte Verräter ist?
Da ich historische Romane und Krimis sehr gerne lese, gehört Petra Schier schon seit vielen Jahren zu meinen Lieblingsautorinnen dieses Genres, denn sie hat nicht nur einen sehr bildhaften Schreibstil, sondern schafft dazu lebensechte Romanfiguren und eine zeitgemäße Atmosphäre, die reichlich historisches Flair verströmt.
Ihr aktueller Roman führt die Leser ins kleine beschauliche Städtchen Rheinbach, wie auch schon in „Der Hexenschöffe“.
Diesmal ist es jedoch nicht der Hexenwahn, der die Stadt in Atem hält. Nun sind es die Holländer, die nicht mehr fern sind und wegen des andauernden Krieges, durch die Stadt ziehen wollen. Der französische König hat nämlich, die Holländer, zusammen mit seinen Verbündeten angegriffen, doch diese leisten erbitterte Gegenwehr.
Die politische Situation ist unübersichtlich geworden in diesem Krieg und fast ganz Europa involviert. Auch die Figuren dieses Romans, bekommen die Folgen des Krieges zu spüren, doch steht in dieser Geschichte, die private Entwicklung der Akteure, ihre Beziehung zueinander, dabei eindeutig im Fokus. Und die Romanfiguren sind interessante Charaktere. Da wäre beispielsweise Madlen, die Tochter eines Tuchhändlers, die seitdem ihr Vater einen schweren Unfall hatte, die Geschäfte fast selbstständig führt, die beruflich so gewitzt und überlegen agiert, andererseits in Liebesdingen dermaßen unbedarft und naiv ist, dass sie den Beschützerinstinkt im Leser weckt.
Lucas, der geläuterte Tunichgut und Peter, Madlens ehrenvolle Gatte in spe, tragen einige interessante Geheimnisse mit sich herum und machen diese Dreiecksbeziehung zu einem spannenden Lesestoff, der von ansprechenden Liebeszenen untermalt wird. Man weiß, dass Madlen am Ende einen der beiden Männer erwählen muss und ihre Wahl ist keinesfalls überraschend zu nennen, doch bis es so weit ist, müssen die Romanfiguren ein lesenswertes und spannendes Abenteuer überstehen. Und auch die Dialoge von Madlen und Lucas sind sehr amüsant geschrieben.
So weit, so gut, doch wieso habe ich diesmal nicht die volle Punktzahl vergeben, obwohl mir „Flammen und Seide“, so gut gefallen hat?
Mit Verlaub, wir schreiben in diesem Roman das Jahr 1673 und in dieser Zeit waren die Menschen einfach nicht so modern eingestellt, wenn es um die Liebe, Ehre und gegebene Versprechen ging. Zwar mag es durchaus liebevolle Eltern gegeben haben, doch waren selbst die an gegebene Versprechen gebunden. Nicht nur Madlens Eltern reagieren dermaßen verständnisvoll, auch Peter und selbst Lucas haben dermaßen fortschrittliche Ansichten, was einerseits löblich ist, andererseits völlig unrealistisch erscheint. So sehr ich happyendlastige Lektüre auch liebe, ich finde, die Autorin hätte Madlen, Peter und Lucas ruhig ein wenig mehr vom Schicksal beuteln lassen können, schon allein um der Glaubwürdigkeit willen. Dies ist jedoch nur ein kleiner Kritikpunkt meinerseits.
Kurz gefasst. Lesenswerter Schmöker, zur Zeit des Niederländisch-Französischen Krieges spielend, der reichlich historisches Flair versprüht.