Cover-Bild Shanghai Dream
22,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Splitter-Verlag
  • Themenbereich: Graphic Novels, Comics, Cartoons - Europäische Graphic Novels
  • Genre: Weitere Themen / Comics
  • Seitenzahl: 112
  • Ersterscheinung: 12.06.2020
  • ISBN: 9783962195106
Philippe Thirault

Shanghai Dream

Jorge Miguel (Illustrator)

Berlin, 1938. Geschockt von den Ereignissen der Reichspogromnacht beschließen Bernhard und seine Frau Illo, Deutschland zu verlassen und wie Tausende andere Juden ins Exil zu gehen. Das Regime hat es ihnen unmöglich gemacht, ihre Leidenschaft für das Kino auszuleben, und so fällt ihnen der Abschied nicht schwer. Das Ziel ihrer Reise: Shanghai, jene enigmatische und quirlige Stadt am anderen Ende der Welt. Aber das Schicksal hat wie so oft andere Pläne…
»Shanghai Dream« eröffnet eine weniger bekannte Perspektive auf den jüdischen Exodus während des Dritten Reichs. Statt der USA, für die ein Visum erforderlich war, ist China hier das hoffnungsvolle Ziel. Das Kreativteam aus Thirault und Miguel bezeugt jedoch in eindrücklichen Bildern, dass der Schrecken des Nationalsozialismus auch bis in den Fernen Osten reicht.

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 18.03.2021

Beeindruckend & Berührend

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Meine Meinung:

Im Splitter Double wurden die zwei Bände des Comics »Shanghai Dream« des französischen Autors Philippe Thirault und des portugiesischen Illustrators Jorge Miguel zusammengefasst. In ihrer ...

Meine Meinung:

Im Splitter Double wurden die zwei Bände des Comics »Shanghai Dream« des französischen Autors Philippe Thirault und des portugiesischen Illustrators Jorge Miguel zusammengefasst. In ihrer Geschichte über die Auswüchse des Rassismus und Antisemitismus im Zweiten Weltkrieg wurde mir eine kaum bekannte Perspektive eröffnet – die Flucht der verfolgten Juden nach Shanghai.

Der ehemalige Regieassistent Bernhard Hersch und seine Frau Illo, die vor der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten Drehbücher schrieb, sind geschockt von den Ereignissen der Reichspogromnacht und den immer drastischeren Maßnahmen gegen ihr Volk. Bisher wähnten Sie sich in trügerischer Sicherheit, da ihr Vater ein hochdekorierter Held des Ersten Weltkrieges ist. Doch als sich die Lage zuspitzt, können Sie auch die militärischen Auszeichnungen und Verdienste nicht länger schützen.

Aufgrund der gesundheitlichen Verfassung von Illos Vater hatte die Familie bis zuletzt von einer Flucht abgesehen, doch nun beschließt die Familie sich dem Strom der Verfolgten, darunter zahlreiche Wissenschaftler und Künstler, anzuschließen und den Weg ins Exil einzuschlagen. Jedoch sind längst die üblichen Ziele aus dem Dritten Reich nicht mehr ohne gültiges Visum zu erreichen. Damals wurde die chinesische Stadt Shanghai zu einem, mir bisher weitgehend unbekannten, Fluchtpunkt für die jüdische Bevölkerung – diese letzte Chance nutzten Bernhard und Illo.

Ein letztes Mal lässt der alte Kriegsveteran seine Beziehungen spielen, erhält jedoch nur zwei Tickets für die Schiffspassage in den rettenden Hafen Shanghais. Mit dem Traum, Illos letztes vielversprechendes Drehbuch auf die Kinoleinwand zu bringen, im Gepäck, ahnt Bernhard noch nicht, dass er schon bald völlig auf sich alleine gestellt sein wird.

Die Hoffnung auf ein besseres Leben im Fernen Osten zerplatz jedoch direkt nach der Ankunft im Hafen Shanghais. Obwohl die Stadt von den mit dem Deutschen Reich verbündeten Japanern und anderen Besatzungsmächten regiert wurde, wurden die Juden auch auf Drängen der Nazis nicht verfolgt. Die Lebensumstände für die Flüchtlinge waren allerdings auch an diesem weit entfernten Ort äußerst hart. Bernhard hat jedoch einen starken Willen und kämpft mit allen Mitteln darum, ihren Traum zu verwirklichen und Illos Drehbuch zu verfilmen.

Das kreative Team Thirault und Miguel haben mit »Shanghai Dream« eine unglaublich intensive und mitreißende Geschichte vorgelegt, die die Gräueltaten des NS-Regimes lebendig werden lässt. Die detaillierten Zeichnungen von Jorge Miguel heben die bedrückende und angsterfüllte Stimmung, die die Eingrenzung und Verfolgung eines ganzen Volkes während des Zweiten Weltkrieges entfacht haben, besonders ergreifend hervor. Sehr schön finde ich, dass in der fiktiven Geschichte ein weniger bekannter Fluchtort in den Mittelpunkt gerückt wird und auch die Position der Filmszene aufgegriffen wird.

Mit »Shanghai Dream« tragen Thirault und Miguel einen wichtigen Beitrag »Gegen das Vergessen« bei und erinnern daran, wie zerbrechlich die Freiheit tatsächlich ist und welch hohes Gut die Menschenrechte sind. Um diese Aspekte zu unterstreichen hätte ich mir allerdings noch etwas Anhangmaterial oder zumindest ein Vor- oder Nachwort gewünscht, in dem die historischen Bezüge zu der fiktiven Geschichte und deren Hintergründe deutlich gemacht werden.

Fazit:

Ein beeindruckendes wie auch berührendes Werk über die Flucht vor der Verfolgung und dem Traum einen Film zu verwirklichen.

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© Bellas Wonderworld; Rezension vom 07.07.2020