Schicksale, die man im Gedächtnis behält
Romy Hall ist zu einer zweimal lebenslänglichen Haftstrafe verurteilt worden ohne Aussicht auf eine frühzeitige Entlassung, weil sie ihren Stalker umgebracht hat. Mildernde Umstände waren, wie bei ihren ...
Romy Hall ist zu einer zweimal lebenslänglichen Haftstrafe verurteilt worden ohne Aussicht auf eine frühzeitige Entlassung, weil sie ihren Stalker umgebracht hat. Mildernde Umstände waren, wie bei ihren Mitgefangenen, nicht zu erkennen und so muss sie für lange Zeit ihren kleinen Sohn bei ihrer Mutter zurücklassen. Romy ist die Ich-Erzählerin dieses Buches, die nicht nur von ihrem Leben im Gefängnis berichtet, sondern auch von ihrem Leben davor: jede Menge Gründe wie es dazu kam, dass sie jetzt inhaftiert ist.
Wer befürchtet, hier eine mitleidsheischende Gefangenenbiographie aufgetischt zu bekommen, kann beruhigt sein, denn die Hauptfigur erzählt fast schon gefühllos von ihrer Kindheit und Jugend und ihrem kurzen Leben als Erwachsene in Freiheit. Es ist eine wohl typische Geschichte vom Aufwachsen in prekären Verhältnissen, aus denen es praktisch kein Entkommen gibt. Als 11jährige missbraucht, für die Eltern nur eine Last, ist es für die junge gutaussehende Romy nach der Schule nur ein kurzer Weg zum Job als Striptease-Tänzerin im Mars Room, wo sie ihrem zukünftigen Opfer begegnet. Wobei nicht so eindeutig ist, wer nun tatsächlich das Opfer ist. Auch ihre Mitgefangenen haben ähnliche Lebenswege hinter sich: ärmliche Verhältnisse, vernachlässigt, Missbrauch, Drogen - der Weg ins Gefängnis für Frauen aus dieser Schicht scheint vorgegeben.
Das Gefängnis selbst ist eine reine Verwahranstalt, in der die Frauen unter demütigenden Bedingungen ihre Zeit absitzen müssen. Interesse, diesen Menschen die Möglichkeit zu geben, sich wieder in die Gesellschaft einzugliedern, hat niemand. Für fast alle Wärterinnen und Wärter sind sie Abschaum, der es nicht anders verdient hat und werden entsprechend be- und auch misshandelt - der Gedanke einer Resozialisierung könnte hier nicht weiter entfernt sein.
Angesichts der beschriebenen Zustände, die wohl nicht allzu weit von der Normalität abweichen, ist das Buch harter Stoff. Romy erzählt ihre Geschichte meist neutral, als ob Alles was ihr geschehen ist, völlig normal wäre, so wie auch einige Andere. Alle eint, dass sie schon immer zum Bodensatz der Gesellschaft gehörten und so manche Frau fühlt sich nun im Gefängnis sicherer als in Freiheit.
Was für eine Gesellschaft, was für ein Land, in dem solche Ungerechtigkeit, Härte und Gnadenlosigkeit zum Alltäglichen gehört.