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25,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Klett-Cotta
  • Themenbereich: Biografien, Literatur, Literaturwissenschaft - Biografien und Sachliteratur
  • Genre: Sachbücher / Religion & Philosophie
  • Seitenzahl: 350
  • Ersterscheinung: 27.04.2012
  • ISBN: 9783608947373
Robert Spaemann

Über Gott und die Welt

Eine Autobiographie in Gesprächen
Die Mutter war Tänzerin bei Mary Wigman, sein Vater Kunsthistoriker. Seine Eltern waren links, atheistisch und lebten in der Berliner Bohème der Zwanziger Jahre. 1942, nach dem Tod seiner Mutter, wird der Vater zum katholischen Priester geweiht. 1944 ist Spaemann bei einem Bauer untergetaucht, er ist Deserteur im eigenen Land. Entdeckt man ihn jetzt, wird er sofort erschossen. Heute ist Robert Spaemann der bedeutendste konservative Philosoph im In und Ausland. In einem langen Gespräch mit Stephan Sattler resümiert er sein Leben, ganz unter der Maxime der Suche nach dem,
»was in Wahrheit ist«.

Spaemann ist der bedeutendste konservative Philosoph im In- und Ausland und bekennender Gegner der Nutzung der Atomkraft und der Genmanipulation.

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Veröffentlicht am 28.01.2022

Zwischen Kausalität und Kirchgang

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Zum 85. Geburtstag von Robert Spaemann (1927-2018) ist diese “Autobiographie in Gesprächen” im Hausverlag des Autors (Klett-Cotta) herausgekommen und wurde u.a. von der FAZ (Jürgen Kaube) oder dem Tagesspiegel ...

Zum 85. Geburtstag von Robert Spaemann (1927-2018) ist diese “Autobiographie in Gesprächen” im Hausverlag des Autors (Klett-Cotta) herausgekommen und wurde u.a. von der FAZ (Jürgen Kaube) oder dem Tagesspiegel (Norbert Hummelt) recht wohlwollend besprochen. Spaemann ist für die humanities mehr denn je wichtig, weil er die vielfältigen Angriffe auf den Menschen und die Menschlichkeit, wie sie in unserer Zeit von Strömungen des Zeitgeists wie Neoliberalismus, Soziobiologie oder Postmoderne immer multimedialer in Szene gesetzt werden, von Anfang an entschieden widersprochen hat. Der Mensch ist für Spaemann „ein auf Überschreiten der Natur angelegtes Wesen“ (Reclam 1983/2012, 33), das allerdings seit geraumer Zeit „durch Zappeln im Netz“ Gefahr läuft, die eigene Unabhängigkeit zu verlieren, und zwar u.a. weil „der vollendete Technizismus (...) zugleich vollendeter Naturalismus“ sei (ebendort, 6 + 36). Wem Spaemanns „Philosophische Essays“, wie sie Reclam 1983 höchst preiswert vorgelegt hat (UB 7961, bibliographisch ergänzte Neuauflage 2012), zu anspruchsvoll sind, ist mit den hier vorgelegten Gesprächen eingeladen, die Hürde in einem zweiten Anlauf doch noch zu nehmen. Es lohnt sich schon deshalb, weil der kauf- und warenselige „animal turn“ aktueller Wissenschaftsrichtungen, zumal der Marke „Applied Science“, neben den längst etablierten Tätowierungen und Piercings nun auch vielfältige Formen von Neotribalismus, Heidentum oder plumpem Naturalismus als nicht deklariertes Handgepäck mit sich führen. High Tec verbindet sich vor unseren Augen mit manifester Dummheit und bornierter Hybris, um einer cartesianischen Vision endlich zum Durchbruch zu verhelfen - die Gattung Mensch als „maitre et possesseur de la nature“ (334) mit der Aussicht, den Globus dadurch nun endgültig zu ruinieren. Der SUV ist nun mal geil, noch geiler allerdings die facettenreichen Taschenspielertricks des eigenen Unsterblichkeitswahns. Spaemanns späte Bereitschaft zum gesprächsweisen Rückblick auf den eigenen Werdegang musste gegen innere Widerstände ankämpfen, eine „Abneigung gegen Reflexionen über meine Person“, bündig zusammengefasst in einem Wort von Karl Kraus: „Ich interessiere mich nicht für meine Privatangelegenheiten.“ (117) Der junge Spaemann konnte sich noch vorstellen, Gärtner zu werden oder sogar Mönch (35, 68), aber zunächst einmal sitzt er in Neustadt/Schwarzwald in der unmittelbaren Nachkriegszeit eine kurze Gefängnisstrafe wegen Passvergehens ab (50f). Das Studium in Münster ist dadurch nicht in Gefahr und steht ganz im Zeichen des großen Philosophen Joachim Ritter, der „im Sommer (...) schon um 5 Uhr morgens ins Institut“ kam (82). Die Rittersleut treffen sich nach der Hauptvorlesung im Café Schucan - mit dabei sind Lübbe, Marquard oder Rohrmoser, aber auch Böckenförde oder Kriele sind nicht fern. Ritter fragte nach der „Relevanz eines Gedankens im Kontext“ und vertrat „eine politischere Hermeneutik, als sie von Hans-Georg Gadamer repräsentiert wurde.“ (83ff) Nach Promotion (1952) und Habilitation (1962) ist Spaemann jeweils in der Hauptstadt des Schwabenlandes angekommen, dem seine Mutter entstammte (69). Dem Verlagsjob bei Kohlhammer folgt auf Ritters Empfehlung eine Assistenz am Pädagogik-Lehrstuhl von Ernst Lichtenstein in Münster (130ff). Spaemanns erste eigene Professur führt dann 1962 wieder zurück nach Stuttgart, an die TH, wo Golo Mann als Abteilungsleiter wirkt (172). Sie war als Gegengewicht zur C3-Professur von Max Bense gedacht, der mit allerlei Äußerungen für Debattenstoff im Stuttgarter Landtag sorgte, etwa wenn er den Papst, auf den ein Attentat verübt worden war, als „geistigen Tyrann“ bezeichnete (178) oder wenn er - ähnlich wie der Arzt und Lyriker Gottfried Benn - schlicht aber falsch „Geist als Anti-Natur“ verstand (176). 1969 verlässt Spaemann Stuttgart wieder, um in Heidelberg die Gadamer-Nachfolge anzutreten und endlich mit richtigen Hauptfachstudenten im Fach Philosophie arbeiten zu können (181ff). Allerdings bleibt es bei einem kurzen Intermezzo von nur zwei Jahren, denn in dieser 68er Hochburg für „Emanzipationsideologie“ (193) gab es zahlreiche Hörer, aber auch auffällig viele Störer (190f), sodass es 1971 zu einer ungewöhnlichen „Rückberufung“ (197) an die TH Stuttgart kommt. Die Zeiten bleiben (wie bekannt) unruhig und die Suche nach den richtigen Hauptfachstudenten ist nur aufgeschoben, als sich aus München der bayerische Kulturminister Hans Maier meldet und eine Berufung auf den Lehrstuhl für Philosophie an der LMU zum Sommersemester 1973 in Aussicht stellt, wo der Philosoph dann bis zu seiner Emeritierung im Jahr 1992 seines Amtes waltet, endlich mit richtigen Hauptfachstudenten. Die Suche „nach etwas, dem man sich ganz und gar hingeben kann“ (151), hatte ein wichtiges Etappenziel erreicht. Gestritten wurde mit Cartesianern, denen Spaemann attestierte, sei seien „Anti-Teleologen (...) mit einer mechanistischen Auffassung von der Natur“ (147), für die „gutes Leben nichts anderes als Perfektionierung der Erhaltensbedingungen bloßen Lebens“ (149) bedeute. Die Hauptsorge eines solchen Bildes vom Menschen ist dann wohl die Lieferkette und die flächendeckende Warendistribution. Bestritten wurde die Plausibilität der Herrschaft von Szientismus und Naturwissenschaften: Jener sei „eine Weltanschauung, die glaubt, eine Sache verstanden zu haben, wenn man weiß, welche Faktoren für das Zustandekommen einer Sache erforderlich sind“; diese „kann nicht verstehen, was Intention ist.“ (240) Nicht zufällig wird also auf Seite 226 der Name von Elisabeth Anscombe (1919-2001) erwähnt, schrieb sie doch das grundlegende Werk zum Thema „Intention/Absicht“ schon 1957 in Cambridge, das der Suhrkamp Verlag 2011 in seine Reihe wissenschaftlicher Taschenbücher aufnahm (stw 1978). Das wird aber im Text nicht aufgeklärt und Anscombes Name im Glossar ebenso wenig erwähnt wie andere, für Spaemanns Denken wichtige Geister, etwa Friedrich Tenbruck, Daniel Dennett, Max Scheler oder John Henry Newman, um nur einige zu nennen.
Michael Karl

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