Eine Geschichte, die unter die Haut geht, von Macht und Autorität und des Missbrauch beidens
„Deinem Lächeln kann ich einfach nicht widerstehen, Victor Forde.“
Victor ist Mitte 50 und lebt seit kurzem allein in Dublin; der Sohn ist aus dem Haus, die Liebesbeziehung im Eimer. Die Trennung von ...
„Deinem Lächeln kann ich einfach nicht widerstehen, Victor Forde.“
Victor ist Mitte 50 und lebt seit kurzem allein in Dublin; der Sohn ist aus dem Haus, die Liebesbeziehung im Eimer. Die Trennung von seiner Lebenspartnerin bedrückt ihn sehr, gleichzeitig versucht er, sein Leben auf die Reihe zu bekommen, endlich wieder etwas Sinnvolles zu schreiben, Bekanntschaften im Pub nebenan zu schließen, in dem er bald Stammgast ist. Hier begegnet er eines Abends auch Edward Fitzpatrick, Eddie, einem unangenehmen, leicht aufdringlichen Mann, der behauptet ein ehemaliger Schulkamerad Victors zu sein und auch Details aus der gemeinsamen Zeit bei den Christian Brothers nennen kann - diesem jedoch gänzlich unbekannt vorkommt. Victor beginnt die zufälligen Treffen mit Eddie und dessen Gesellschaft gleichermaßen zu fürchten wie herbeizusehnen, sehr ambivalente Gefühle löst die stark physische Präsenz des Mannes in ihm aus und bringt ihn dazu, sich mit der Vergangenheit zu beschäftigen, die Bilder von früher nach diesem Gesicht abzusuchen, Erinnerungen abzugleichen.
„Lächeln“ ist eine Geschichte, die unter die Haut geht, eine Geschichte von Macht und Autorität und des Missbrauch beidens, die nicht neu ist, und doch nicht oft genug erzählt werden kann. Roddy Doyle hat einen sehr eigenen, authentischen Erzählton, der auch in der starken Übersetzung von Sabine Längsfeld bestehen bleibt; etwas distanziert, fast lakonisch, ohne viel Aufhebens und Tamtam. Es ist kein lautes Buch, keine bildgewaltige Geschichte, wenn auch mit einem überraschenden Twist am Ende. Manches bleibt im Ungewissen und zwischen den Zeilen, verliert dadurch aber nicht an Eindringlichkeit, im Gegenteil. Er schwirrt mir auch nach Tagen noch im Kopf herum, dieser Mann, dessen Schmerz ein Kollektiver ist, dessen Geschichte stellvertretend für die Vieler steht.