Sabine Gronovers Kriminalroman „Wölfe im Münsterland“ ist 2018 im KBV-Verlag erschienen und umfasst 359 Seiten.
Eines Nachts im Oktober begegnet ein Autofahrer im münsterländischen Oelde einem Wolf. Doch es bleibt nicht bei dieser einen Begegnung: Kurz darauf reißt das Raubtier eine Ziege. Während das Auftauchen des Tieres bei der Oelder Bevölkerung gemischte Gefühle hervorruft, sieht Mirela Schulze Brinkhoff es als ein böses Omen - und sie soll Recht behalten: Kurz darauf wird ihre Schwiegertochter mit durchbissener Kehle auf einer Pferdekoppel gefunden. Erste Untersuchungen ergeben schon bald, dass ein skrupelloser Mörder seine Hände im Spiel hatte. Als noch weitere Verbrechen geschehen, laufen Schmitts und Kempers Ermittlungen auf Hochtouren und führen weit zurück in Mirelas siebenbürgische Vergangenheit.
Die Rückkehr des Wolfes nach Deutschland - von Tierschützern und Naturliebhabern euphorisch gefeiert, von anderen kritisch und ängstlich beäugt. Ein Thema, das hierzulande immer wieder, wenn dieses Raubtier neue Reviere für sich erobern will, für heftige Kontroversen sorgt. Sabine Gronover ist es gelungen, die Argumente der Befürworter und Gegner in diesen Krimi informativ, spannend und unterhaltsam zugleich einzuflechten.
Als Mirela Schulze Brinkhoff dann auch noch die Prophezeiung „Ein Wolf gibt sich nicht mit einer toten Ziege zufrieden, und er kommt nicht allein. Die wirklich gefährlichen Wölfe folgen erst noch.“ (S. 27) ausstößt, baut sich ein Spannungsbogen auf, der den Leser bis zum Ende nicht mehr loslässt. Aufrechterhalten wird die Spannung nicht zuletzt dadurch, dass immer wieder neue Motive und Verdachtsmomente auftauchen, die Ermittler und Leser nicht zur Ruhe kommen lassen und jedes Mal neue Fragen aufwerfen. Dieses lässt diesen Roman zu einem rasanten Leseerlebnis werden.
Im Zentrum der Geschichte steht jedoch die Frage, welches Geheimnis Mirela Schulze Brinkhoff wohl hütet. Erscheint Mirela anfangs einfach nur als gut situierte Witwe eines Großbauern, die auf dem Hof ihren Lebensabend verbringt und – wie im Münsterland noch heute üblich - hilft, wo sie nur kann, rückt sie durch die allmähliche Preisgabe neuer Informationen aus ihrer persönlichen Geschichte mehr und mehr in den Fokus des Geschehens. Dadurch, dass dieses zum großen Teil durch die Wiedergabe ihrer Gedanken geschieht, ist der Leser auf weiten Strecken des Romans den Protagonisten an Wissen voraus. Dieses tut der Spannung trotzdem keinen Abbruch, lässt die Lösung des Rätsels doch nach einem dramatischen Finale bis zum Schluss auf sich warten.
Die im Titel erwähnten Wölfe begleiten den Roman in mehrerlei Hinsicht: Natürlich als das leibhaftige Raubtier, doch auch als Symbol für das Böse, was schon in Mirelas Vorhersage angedeutet wird. Darüberhinaus lässt Mirelas Herkunft aus den Karpaten, in denen Aberglaube noch heute weit verbreitet ist, natürlich auch den Wolf als mythisches Wesen nicht aus dem Blickfeld.
Dem Roman fehlt es zudem nicht an humoristischen Elementen, die zum großen Teil der Tierphobie des Kommissars Schmitt entspringen. Doch auch ansonsten konstruiert die Verfasserin immer wieder Szenen, die beim Leser ein Lächeln auf die Lippen zaubern.
Gronovers Sprache ist schnörkellos und leicht zu lesen. Von Zeit zu Zeit tauchen Nebenschauplätze auf, z.B. im Privatleben des Bürgermeisters Tillmann, die mit der eigentlichen Handlung nichts zu tun haben. Sollte es von diesem Buch Nachfolgeromane geben, ist dieses ein meiner Meinung nach durchaus sinnvolles Vorgehen, sorgt es doch für eine durchgehende Handlungsebene. Bei einem Einzelband hätte die Autorin darauf meines Erachtens aber besser verzichten sollen, um so den Handlungsverlauf geradliniger verlaufen zu lassen, fehlt es ja ansonsten nicht an Überraschungsmomenten und Sackgassen in diesem Buch.
Das Cover des Buches ist im Vintage-Stil gehalten und zeigt einen großen Wolfskopf vor münsterländischer Landschaft, passt sich also sehr gut dem Inhalt des Buches an.
Dieses ist das erste Buch, das ich von Sabine Gronover gelesen habe, und ich bin wirklich angetan von Geschichte und Erzählweise. Einziger Wehrmutstropfen ist für mich persönlich die Einstellung der Charaktere zu Mirelas Geheimnis: Wie sie am Ende präsentiert wird, passt sie – ohne zu viel verraten zu wollen und zu dürfen – doch nicht so ganz in mein Weltbild. Aber das soll jeder Leser für sich entscheiden. Insgesamt ist dieser Kriminalroman ein Buch, das meiner Meinung nach Krimiliebhabern, die gleichzeitig auch ein Faible für das Münsterland, Wölfe und ungewöhnliche Geschichten besitzen, sicher ein paar spannende und vergnügliche Lesestunden zu bescheren vermag.