Geschichten, die die Armut schrieb
Sabine Peer hat erneut vier Lebensgeschichten aus Südtirol zu einem lesenswerten Buch zusammengefasst. Wie schon im ersten Band von "Dienstmädel in Bella Italia - Südtirolerinnen erzählen" begegnen wir ...
Sabine Peer hat erneut vier Lebensgeschichten aus Südtirol zu einem lesenswerten Buch zusammengefasst. Wie schon im ersten Band von "Dienstmädel in Bella Italia - Südtirolerinnen erzählen" begegnen wir in "Dienstmädel in Bella Italia - von den Bergdörfern in die Palazzi" jungen Frauen, die in den 50er und 60er Jahren als Haus- und Kindermädchen in die "Walsch" gegangen sind. "Walsch" ist der nicht freundliche gemeinte südtirolerische Ausdruck für das italienischsprachige Italien. Dank eines ausführlichen Glossars erklären sich solche Begriffe ebenso wie italienische Wörter, die in den Text eingeflossen sind. Schon allein dadurch wirken die Lebensgeschichte authentisch. Vor jeder Geschichte findet sich ein Foto aus der damaligen Zeit, so dass ich mir als Leserin auch optisch ein Bild von Rosa H., Waltraut, Lena und Rosa O. machen kann. Die Kapiteluntertitel verraten mir das Geburtsjahr und die Herkunft der jungen Frauen ebenso wie Zeitraum und Ort ihrer Dienstjahre.
So unterschiedlich die Lebensgeschichten auch sind, gemeinsam sind ihnen die Ausgangsbedingungen. Die Mädchen kamen allesamt aus armen Bergregionen Südtirols, aus kinderreichen Familien und waren an ein hartes bäuerliches Leben gewöhnt. Sie haben kaum eine Schulbildung erhalten, die den Namen verdient, sind dafür aber tief im katholischen Glauben verwurzelt und zu Gehorsam den Eltern gegenüber erzogen worden. Von Kindesbeinen an mussten sie in Haus und Hof mithelfen und sehr früh ihren eigenen Lebensunterhalt verdienen. Gerade die Beschreibung dieses sozialen Hintergrunds ist eine der großen Stärken des Buches. Außerdem wird die Geschichte Südtirols, die damalige politische Lage aus zeitgenössischer Sicht erfahrbar.
Wie schon im ersten Band verdient auch hier eine jede Geschichte meine ganze Aufmerksamkeit und ich habe mir Zeit gelassen, diese nachwirken zu lassen. Ich würde mich sehr freuen, wenn es einen weiteren Folgeband geben würde.