Oliveras Geschichte geht weiter
1409 Nürnberg. Der Sommer mit seiner andauernden Hitze beutelt die Bewohner der Stadt sehr, denn in den Straßen stinkt es und die Stimmung ist aufgebracht, denn immer mehr Einwohner stecken sich mit einem ...
1409 Nürnberg. Der Sommer mit seiner andauernden Hitze beutelt die Bewohner der Stadt sehr, denn in den Straßen stinkt es und die Stimmung ist aufgebracht, denn immer mehr Einwohner stecken sich mit einem unbekannten Fieber an. Eines Tages wird ein grausam zugerichteter Leichnam gefunden, der weder Kopf noch Hände besitzt und versetzt die Bevölkerung in Angst und Schrecken. Schnell sind sich alle sicher: dies ist die Tat eines Werwolfs. Salbenmacherin Olivera und Ehemann Götz leben mit dem Betteljungen Jona erst seit Kurzem in Nürnberg. Aufgrund ihrer Erfahrung sollen sie dem Henker bei der Obduktion zur Hand gehen. Dabei erkennen sie, dass es sich um einen perfiden Mörder handeln muss. Während Jona mit seinem Freund Caspar eigene Pläne schmieden, um den Werwolf in eine Falle zu locken und sich dabei selbst in große Gefahr begeben, stellen Olivera und Götz vorsichtig eigene Nachforschungen an. Dann wird der angebliche Mörder gefasst und baldigst hingerichtet. Doch das Morden geht weiter. Wer steckt hinter allem und wird Olivera den Schuldigen entlarven können?
Silvia Stolzenburg hat mit ihrem historischen Roman „Die Salbenmacherin und die Hure“ den dritten Teil um die Salbenmacherin Olivera und ihre Familie vorgelegt, der den Vorgängerbänden an Spannung in nichts nachsteht. Der Schreibstil ist wunderbar flüssig und lässt den Leser schnell in die Zeit des Mittelalters eintauchen, um an Oliveras Seite ein Abenteuer zu erleben. Die Geschichte wird aus der Sicht von Olivera und Jona erzählt, aber auch die Gedanken des Mörders werden dem Leser präsentiert. Der Spannungsbogen wird sofort im Prolog hoch angelegt, steigert sich während der Handlung aber kontinuierlich weiter bis zum finalen Schluss. Die kurzen Kapitel steigern diese noch um einiges mehr. Die Beschreibungen der Stadt Nürnberg und ihren Bewohnern sind wunderbar lebendig und realistisch, man hat das Gefühl, alles mit eigenen Augen zu sehen. Der geschichtliche Hintergrund wurde von der Autorin ebenso akribisch recherchiert wie die Herstellung von Salben und Tinkturen, den Bräuchen und die gesellschaftliche Lage der Stadt zur damaligen Zeit und auf sehr schöne Weise mit der Handlung verwebt. Alles wirkt hier stimmig und lässt den Leser am Geschehen regelrecht teilhaben. Auch wenn man die Vorgängerbände nicht gelesen hat, kann man der Geschichte wunderbar folgen, denn die Autorin hat es nicht versäumt, wichtige Details aus der Vergangenheit als Informationen in der Handlung einzuarbeiten.
Die Charaktere wurden individuell skizziert und in Szene gesetzt. Sie wirken sehr lebendig und authentisch, so dass man sich gut mit ihren Handlungen und Gefühlen identifizieren kann. Olivera ist eine sehr sympathische Frau, die sich aufs Heilen und das Herstellen von Salben und Tinkturen versteht. Sie ist hilfsbereit, freundlich und kümmert sich aufopferungsvoll um alle, die ihren Weg kreuzen und von ihr Hilfe erwarten. Ehemann Götz ist ihr eine wunderbare Unterstützung. Er ist eher der ruhigere Pol in der Beziehung und genau die richtige Ergänzung zu Olivera. Der Stadtmedicus ist ein Unsympath, wie er im Buche steht. Er neidet anderen ihr Wissen und versucht durch geschickte Manipulation, andere zu Fall zu bringen bzw. in Misskredit. Ihm ist jedes Mittel recht, um seine Ziele zu erreichen. Jona ist ein Betteljunge, der von Olivera und Götz praktisch adoptiert wurde. Er ist abenteuerlustig, mutig und clever. Doch er bringt sich auch immer wieder in Schwierigkeiten. Gerlin ist ein 16-jähriges Hurenmädchen, das schon einiges in ihrem Leben ertragen musste. Doch sie hat immer noch Träume und die Hoffnung nicht aufgegeben, dass auch ihr eines Tages das Glück begegnet. Auch die anderen Protagonisten ergänzen mit ihrem Auftreten und ihren Handlungen die Geschichte und verleihen ihr einiges mehr an Spannung und Vielfalt.
„Die Salbenmacherin und die Hure“ ist ein fesselnder historischer Roman, den man eigentlich schon einen Kriminalroman nennen könnte. Hochspannung und eine gut durchdachte weil stimmige Handlung machen dieses Buch zu einem Pageturner, was nicht zuletzt an der wunderbaren Erzählweise der Autorin liegt. Dieses Buch ist nicht nur etwas für Historienliebhaber, auch Krimifreunde werden ihren Spaß bei dieser Lektüre haben. Absolute Leseempfehlung!