Cover-Bild Auf nach irgendwo!
9,99
inkl. MwSt
  • Verlag: Heyne
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: Humor
  • Genre: Romane & Erzählungen / Erzählende Literatur
  • Ersterscheinung: 14.01.2019
  • ISBN: 9783641225810
Simone Veenstra

Auf nach irgendwo!

Roman
Der alte Jakob ist mit seinem umgebauten VW-Bus, einigen überholten Straßenkarten und einem Monatsvorrat an Instantkaffee auf der Autobahn unterwegs. Sein Ziel: in Tschechien historische Dampflokomotiven zu fotografieren. Auf einer Raststätte liest er Miro auf, einen schweigsamen Jungen, der aus Alltagsgeräuschen Soundschleifen komponiert und die verschollene Jugendliebe seiner Großmutter aufspüren will. Gemeinsam macht sich das ungleiche Paar auf die abenteuerliche Fahrt nach Osten …

Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 24.06.2019

Freundschaft und andere (Wahl-) Verwandtschaften

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Nicht immer ist die Familie, in die man hineingeboren wird, auch wirklich die erste Wahl - sie ist halt einfach da. Ändern lässt sich weder an der Situation etwas noch am Verwandtschaftsgrad, well, abgesehen ...

Nicht immer ist die Familie, in die man hineingeboren wird, auch wirklich die erste Wahl - sie ist halt einfach da. Ändern lässt sich weder an der Situation etwas noch am Verwandtschaftsgrad, well, abgesehen von Kontaktabbruch, aber das ist ja dann nun wirklich das allerletzte Mittel. Ich persönlich kenne das Gefühl sehr gut - die eigenen Eltern sind nie da, wenn man sie braucht – oder wenn sie da sind, nerven sie nur (statt in lebenswichtigen Fragen wirklich mal zuzuhören oder einen guten Rat zu geben). Aus unerfindlichen Gründen ist da aber diese tiefe Beziehung zu einem Großcousin oder einem Neffen, die so viel wertvoller und geistig ergiebiger ist als die Unterhaltung mit der eigenen Mutter.

Die beiden Protagonisten von "Auf nach Irgendwo", Jakob und Miro, teilen dieses Schicksal. Nun, bei Jakob ist es nochmal komplizierter, aber ich will nicht spoilern, das nimmt ja ein Stück weit die Entwicklung der Geschichte vorweg. Jakob ist in der DDR aufgewachsen, unter der Ägide eines enorm strengen und darüber hinaus auch noch extrem linientreuen Vaters, mit dem er nichts, aber auch gar nichts gemeinsam hat. Lichte Momente sind die wenigen Stunden, die er mit seiner Tante Inge verbringt. Er entscheidet sich zur Flucht aus der unmenschlichen Enge des eigenen Elternhauses in das Haus seines Großvaters auf dem Land und bricht alle bisherigen Brücken hinter sich ab.

Bei dem Gedanken, wie zurückgezogen und isoliert er sein ganzes Leben verbracht hat (abgesehen von den kumpelhaften Alltagsbeziehungen im Dorf, die es selbstverständlich gibt), bleibt bei mir nur Fassungslosigkeit zurück. Ja, das ist eine fiktionale Geschichte, das ist mir bewusst - aber sie ist lebensnah. Ich sehe hier eine ganz deutliche Parallele zum Leben meiner Großtante und ihrer Tochter - ursprünglich aus einer Künstlerfamilie in Cottbus, die, um finanziell als alleinerziehende Mutter zu überleben, in die brandenburgische Pampa zog. Die beiden waren da beileibe nicht unglücklich, aber sie waren (und sind) dort sehr isoliert. Das darf man nicht vergessen: das System im Osten hat zwar viele Familien und Freundeskreise stark zusammengeschweißt, aber es gibt unzählige Menschen, die aus dem Raster fielen, die in die (innere) Emigration fliehen mussten.

Auch Miro, der 17-Jährige aus dem Westen, der ungefähr in dem Alter ist, in dem Jakob war, als er von zu Hause wegging, hat ein engeres Verhältnis zu seiner Großmutter als zu seiner Mutter, die eben irgendwie nicht für die Elternschaft gemacht ist (shit happens). Da erscheint es nur logisch, dass es den Jungen ausgerechnet zum eigenbrötlerischen Jakob hinzieht - er ist in der Lage, ihn eben nicht als "alten Sack" abzutun, den es keines Blickes zu würdigen gilt, sondern sich auf ihn als Menschen und auch auf seine Geschichte einzulassen. Diese Zufallsbegegnung und der sich anschließende Roadtrip im alten gelben VW-Bus "Bienchen" (beinahe die 3. Protagonistin dieser Geschichte, denn ohne sie geht gar nichts).

Zwischen den beiden entstehen durch die gemeinsamen Erlebnisse auf dieser Fahrt Richtung Kroatien und auch durch die nach und nach geteilten Gefühle, das Gespräch über Träume und Enttäuschungen ein so enges Band der Freundschaft, dass man hier am Ende wirklich von einer Wahlverwandtschaft sprechen muss. Sie haben sich nicht gesucht, aber sie haben sich definitiv gefunden. Sich - und später dann noch diverse weitere Menschen. Sie haben am Ende geliebt und die Liebe verloren und letztlich doch etwas kostbares Neues wiederentdeckt.

"Auf nach Irgendwo!" ist eine sehr berührende Geschichte mit durchaus detektivischen Elementen, die einen ab einem gewissen Punkt so fesselt, dass man das Buch definitiv nicht mehr aus der Hand legen kann. Mir ging es jedenfalls so - soviel zum Thema "Nur noch schnell ein Kapitelchen vor dem Schlafengehen...". Kleiner Wehmutstropfen: am Anfang dauert es doch ein bisschen lang, bis die Geschichte in Fahrt kommt – gewissermaßen dem Zeitraum analog, den Bus "Bienchen" braucht, um in Fahrt zu kommen. Es lohnt sich aber defintiv dranzubleiben!

Worüber ich mich übrigens täglich (oder vielmehr abendlich) gefreut habe, wenn ich das Buch in die Hand genommen habe, ist das Buchcover. Dieser lustige quietschgelbe Bus mit den chaotischen Insassen ist ein echter Blickfang und gibt gleich gute Laune, wenn es nur auf dem Nachttisch liegt!

Veröffentlicht am 25.02.2019

eine abenteuerliche Reise

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Jakob Grünberg ist ende sechzig und hat gerade sein Zuhause verloren.Also beschließt er,mit seinem VW-Bulli "Bienchen" nach Tschechien zu fahren,um dort die historischen Dampflokomotiven zu fotografieren.
Auf ...

Jakob Grünberg ist ende sechzig und hat gerade sein Zuhause verloren.Also beschließt er,mit seinem VW-Bulli "Bienchen" nach Tschechien zu fahren,um dort die historischen Dampflokomotiven zu fotografieren.
Auf einer Raststätte macht Jakob Halt und legt sich mit ein paar Brummi Fahrer an.
Der 17 jährige Miro kommt ihm zur Hilfe und nutzt die Gelegenheit,um bei Jakob mitzufahren,denn Miro ist auf dem Weg nach Zagreb,um die Jugendliebe seiner Oma zu suchen.
Eine abenteuerliche Reise mit einem ungleichen Paar beginnt...

Meinung:
Das Cover ist eine direkte Reiseeinladung und man erwartet irgendwie nur einen Reisebericht,vielleicht mit etwas Humor gespickt,doch schon nach wenigen Seiten bemerkt man,dieses Buch ist so viel mehr und geht doch einiges in die Tiefe.

Der Schreibstil ist sehr flüssig und lässt sich sehr angenehm lesen.
Sehr gut gelungen sind der Autorin die Rückblicke in die Verganheit,die dazu beitragen,das Geschehen im Hier und Jetzt besser zu verstehen.

Die Autorin hat meiner Meinung nach gut recherchiert und das Ganze mehr als nur gut verpackt.

Es ist ein Genuss,dieses ungleiche Männergespann auf seiner Reise zu begleiten und zu sehen,wie sie sich entwickeln und aus anfänglicher Skepsis so langsam aber sicher doch Vertrauen wird.

Jakob war mir von Anfang an sehr sympathisch,bei Miro war ich mir erst nicht sicher,macht er doch zu Beginn einen eher penetrant anhänglichen Eindruck,dieser Eindruck verfliegt zum Glück mit dem weiteren Fortgang der Reise.

Fazit:
Nicht nur ein Reisebericht,sondern ein tiefgründiges Buch mit einer wichtigen Botschaft.
Eine abenteuerliche,sehr abwechslungsreiche Reise eines ungleichen Männergespanns.