Durchsetzung von Leistungsansprüchen aus sozialen Grundrechten in Brasilien und in Deutschland

Das Thema der sozialen (Grund-)Rechte hat in den zurückliegenden Jahren in der rechtswissenschaftlichen Diskussion wieder erheblich an Bedeutung gewonnen. Dies gilt nicht zuletzt für Lateinamerika, wo soziale Missstände und Defizite der Sozialgesetzgebung Rechtswissenschaftler, aber auch Gerichte veranlasst haben, die normative Reichweite der sozialen Grundrechte neu zu vermessen. In Deutschland hat das sog. Hartz-IV-Urteil des Bundesverfassungsgerichts, die Frage nach dem subjektiv-rechtlichen Gehalt verfassungsrechtlich verankerter sozialer Verbürgungen neu belebt. Hauptziel des vorliegenden Beitrags ist es, die sozialen Leistungsrechte aus der brasilianischen und deutschen Verfassung zu identifizieren und ihre normative Reichweite zu ermitteln.
Nach Aufzeichnung der historischen Entwicklung der sozialen Grundrechte von der Antike bis zur Gegenwart werden Bestimmungen, welchen originäre grundrechtliche Leistungsrechte zu entnehmen sind, und solche, bei denen staatliche Leistungspflichten naheliegen, identifizier und im Einzelnen analysiert. Damit zeigt dieser Beitrag, dass die beiden aktuellen Verfassungen weder bei der Benennung von - rechtlich unverbindlichen - Programmsätzen noch bei der Aufnahme von lediglich objektiv-rechtlich wirkenden Staatszielbestimmungen stehen geblieben sind, sondern von dem Einzelnen einklagbare soziale Leistungsansprüche beinhalten. Bleibt der Gesetzgeber untätig, so ergibt sich bezüglich des Kerngehalts eines jeden sozialen Grundrechts ein Leistungsanspruch des Grundrechtsträgers gegen den Staat.
Als nächstes werden in einer systematischen Darstellung die Hauptargumente, die gegen eine unmittelbare Einklagbarkeit der sozialen Leistungsrechte vorgebracht werden, entkräftet und deren gerichtliche Durchsetzung erörtert.