Cover-Bild Tage- und Nächtebuch
Band 18 der Reihe "reihe staben"
28,00
inkl. MwSt
  • Verlag: gutleut verlag
  • Themenbereich: Biografien, Literatur, Literaturwissenschaft
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 100
  • Ersterscheinung: 03.11.2021
  • ISBN: 9783948107154
Thomas Brasch

Tage- und Nächtebuch

Martina Hanf (Herausgeber), Natascha Ungeheuer (Illustrator)

ICH HABE HEUTE NACHT GETRÄUMT: / ICH HÄTTE ZWEI ELTERN, ZWEI BRÜDER / UND EINE SCHWESTER. SO EINGEZÄUMT / FIEL LEICHT DER SCHLAF AUF MICH NIEDER. // ICH HABE HEUTE NACHT GETRÄUMT: / IHR HABT MICH NICHT VERLASSEN. / MEIN ZIMMER IST NICHT LEERGERÄUMT. / ICH LIEBE, MUSS NICHT HASSEN. // ACH, NICHTS HAB ICH GETRÄUMT DIE NACHT. / IHR TOTEN, REDET NICHT. / ICH BIN NUR EINFACH AUFGEWACHT / UND WEINE EIN GEDICHT.

Unter dem Titel Tage- und Nächtebuch, herausgegeben von Martina Hanf, erscheint ein Band, in dem sich unterschiedliche kreative Energien und unterschiedliche ästhetische Verfahren treffen. Mit Arbeiten von Thomas Brasch und Natascha Ungeheuer richtet band 18 in der Reihe staben den Blick auf bemerkenswert poetische Traumdarstellungen – im weitesten Sinne. Hier sind zum einen Texte des Autors, zum anderen Federzeichnungen der Malerin versammelt, deren Intensität sich nicht zuletzt aus dem autobiografischen Charakter der Aufzeichnungen speist. Sie spiegeln nicht nur innere wie äußere Lebensproblematik, sondern bekunden zugleich eine äußerst geschärfte Beobachtungsgabe.

Als Reflex auf die Wiedersprüche der Zeit treibt Thomas Brasch sich selbst, die eigene künstlerische Produktion von Anfang an ins Offene. Zugespitzt heißt es bei ihm: »mein privat room ist auch mein public place.« Arbeits-/Tagebücher füllt der Autor mit Reflexionen zu Politik und Gesellschaft, mit zahlreichen literarischen Entwürfen und gelegentlichen Notaten zu Träumen – wie ein Gefäß, aus dem er nicht selten nach Jahren noch schöpft. Briefe und Manuskripte im Thomas-Brasch-Archiv der Akademie der Künste Berlin belegen die Absicht, Traumtexte in geplante Publikationen einzubeziehen.

»11. DEZEMBER 1983 // HAMBURG. WOHNE IN RADDATZ‘ KLEINER KELLERWOHNUNG + ERWARTE DIE HIESIGE MERCEDES-PREMIERE. WAS ICH GESTERN IN DER PROBE SAH, WAR NICHT ERMUTIGEND, ABER IM GRUND IST MIR GLEICH, WAS GESCHIEHT MIT DEM STÜCK. / HEUTE NACHT EIN TRAUM: ICH STEHE ALS KADETT AUF DEM EXERZIERPLATZ UND VERWEIGERE JEDEN WEITEREN BEFEHL. ALLE DROHEN, REDEN AUF MICH EIN, MICH ZUR VERNUNFT ZU BRINGEN, ABER ICH WEISS: WENN ICH JETZT DARAUF WARTE, DASS ANDERE MEINE ARBEIT ERLEDIGEN + DIE SCHULE SCHLIESSEN, WIRD MIR MEINE ENTSCHEIDUNG ABGENOMMEN + ICH WERDE LANGE DAFÜR ZU BÜSSEN HABEN. ALS ÜBERLEGUNG, NICHT ALS BILD, FÄLLT MIR IM GLEICHEN MOMENT DIE SITUATION 1968 AUG. EIN, ALS ICH IN S.‘S TÜR, BEVOR WIR LOSGINGEN DIE FLUGBLÄTTER ZU VERTEILEN, BEGRIFF, WIE LÄCHERLICH DIE AKTION IST + DASS ICH SIE NUR AUS FURCHT, NICHT ALS MUTIG ZU GELTEN, WEITERBETRIEBEN HABE. DIE 2 X FURCHT, DIE MEIN LEBEN GEPRÄGT HAT, SONST, DENKE ICH, HÄTTE ICH FRÜHER EHRLICHER GESCHRIEBEN. DANN EINE STRASSENECKE: K., DIE MIR SAGT, DASS ICH ›SEXUELL HALBSEITIG GELÄHMT BIN‹, DANN GEHEN WIR IN EINE GONDEL + FAHREN AUF DAS DACH DER WELT, EIN BERG. NACHTS GEWITTER. BLITZE, DIE UM DAS HOTEL AUF DEM GIPFEL HERUMFAHREN, KUGELBLITZE.«

Anders verhält es sich bei Natascha Ungeheuer, gibt sie doch ihre tagebuchartig angelegten Skizzenbüchlein bestenfalls eng vertrauten Menschen preis. Um so schöner, dass sie von der Herausgeberin Martina Hanf für das Buchprojekt gewonnen werden konnte und jetzt erstmals eine Auswahl ihrer Federzeichnungen an die Öffentlichkeit gelangt. Diese Skizzen sind von vieler Art Träumen inspiriert, kommen immer aus dem Handgelenk – spontan und schnell, voller Welt- und Hintersinn. Sie bekunden über die Ölbilder hinaus, zwar in anderer Technik und im kleinen Format (A6!), eine erstaunliche Meisterschaft.
Thomas Brasch und Natascha Ungeheuer sind sich in der Inselstadt Westberlin mehr als einmal freundschaftlich begegnet. Das vorgelegte Buch lässt Leser und Betrachter in gewisser Weise an der Fortsetzung eines Dialoges auf Augenhöhe zwischen zwei außergewöhnlichen Künstlern, zwischen Wort- und Bildkunst teilhaben.

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