Augenzwinkernde Lebensphilosophie
REZENSION - "Nur zwei alte Männer" ist zwar der Titel des neuen Romans von Thomas Sautner (53). Doch dies täuscht. Denn wie in früheren Werken des österreichischen Schriftstellers geht es auch in seiner ...
REZENSION - "Nur zwei alte Männer" ist zwar der Titel des neuen Romans von Thomas Sautner (53). Doch dies täuscht. Denn wie in früheren Werken des österreichischen Schriftstellers geht es auch in seiner im Februar beim Picus Verlag veröffentlichten Geschichte um weit mehr als nur um zwei alte, seit 40 Jahren in einem Villenviertel am Stadtrand Wiens Garten an Garten lebende Freunde: Der Roman handelt vom gnadenlos unaufhaltbaren Altern, vom Leben im Alter und im Rückblick auch vom Sinn des Lebens, von den schönen Seiten des Lebens, die es zu erkennen und auch im Alter noch zu pflegen gilt.
Sautner macht uns mit zwei alten Männer bekannt, die in ihren Charakteren nicht gegensätzlicher sein können: Da ist der einst für seine „Fotografien aus dem Bauch heraus“ so gefeierte Starfotograf Joseph Wasserstein (83), inzwischen längst in der Öffentlichkeit vergessen, „mürrisch und stocksteif“ und von einem „Gefühl von Endlichkeit ergriffen“, der mit seinem hohen Alter hadert und schon etwas ungepflegt daherkommt. Schon mehrmals hat er über die möglichen Varianten eines Freitods nachgedacht, aber letztlich doch keine umgesetzt. Und da ist der aus Syrien stammende ehemalige Tänzer Hakim Elvedin (76), „freudig federnden Schrittes“, der einst „freien orientalischen Tanz“ lehrte und auch im Alter seine Lebensfreude, seinen grenzenlosen Optimismus und seine charmante Wirkung auf Frauen nicht verloren hat.
Eines Tages bekommen sie Besuch von Julia Stern, Anfang 50, allein lebend, Mutter einer erwachsenen Tochter. Sie hat erfahren, dass Wasserstein ihr leiblicher Vater sein könnte. Schüchtern wie sie ist, hatte sie sich zuvor unter dem Vorwand angemeldet, einen Bildband über Wassersteins Arbeit als Fotograf erstellen zu wollen. Es bleibt nicht bei einem Besuch. Nach und nach freundet sich Julia mit den beiden Alten an, die ihr langsam zur Ersatzfamilie werden, ohne aber jemals über den wahren Grund ihrer Besuche zu sprechen, den Wasserstein aber dann irgendwann zu spüren glaubt.
Erst nach der Ankunft eines Raumschiffs und der Kontaktaufnahme des „göttlichen Wesens“ Malina mit der Menschheit - „Ihr seid unsere Kinder“ - lässt Wasserstein, Hakim und Julia erkennen, wie unbedeutend der Mensch hinsichtlich der Weite des Universums ist und wie nichtig die Probleme jedes Einzelnen sind: „Nicht wir finden sie, sondern sie uns. Sie sind es, die primitives Leben entdeckt haben.“
Die Stärke dieses warmherzigen Romans „Nur zwei alte Männer“ liegt in den leisen Zwischentönen des Textes und den freundschaftlich-frotzelnden Dialogen der beiden Alten - wenn Hakim zum Beispiel über Wassersteins Telefonklingelton meint, „du hättest auch Ennio Morricones 'Lied vom Tod' nehmen können“, der aber trocken antwortet: „'Planet der Affen' schien mir passender.“ Oder wenn Wasserstein seinen syrischen Nachbarn mit "Arrrabba!" anblafft, dieser ihm dann "Weana!" an den Kopf wirft. Hakim ist es auch, der seinem todessüchtigen Freund beibringt, sein Herz zu öffnen, seinen Frust rauszulassen und einfach mal kräftig zu fluchen: „Kreuzkümmel, Herrgott, noch einmal!“ Doch es ist Julia, die mit ihrem unerwarteten Erscheinen gleich dem der Außerirdischen schließlich Wassersteins Lebenseinstellung verändert: Er zeigt ihr gegenüber gewisse väterliche Gefühle, die er selbst als „Zeichen von Torschlusspanik vor dem Abkratzen, irgendwas dieser Kategorie“ abtut. Doch: „Er schien nicht nur bestens gelaunt, auch seine Wangen waren rosiger als sonst.“ So lässt Sautners gefühlvoller, mit Humor und Augenzwinkern verfasster Roman schließlich auch uns Leser zuversichtlich auf unser Altwerden und Altsein blicken.