So einfach kann es sein
Tiffany Dufu berichtet von ihrem eigenen Leben, ihrer eigenen Ehe, ihrer eigenen Mutterschaft. Ein Erfahrungsbericht par excellence. Keine Geschichte. Wer einen ausgearbeiteten Plot braucht, wird vom Leben ...
Tiffany Dufu berichtet von ihrem eigenen Leben, ihrer eigenen Ehe, ihrer eigenen Mutterschaft. Ein Erfahrungsbericht par excellence. Keine Geschichte. Wer einen ausgearbeiteten Plot braucht, wird vom Leben immer enttäuscht sein. Und am Anfang ihres Berichts steht sie wirklich alleine da. Ihr Mann arbeitet Vollzeit und sie ist mit der Erwartung nach der Geburt ihres Kindes in die Arbeitswelt zurück, dass sie das auch könne, und Haushalt und Kind gleich mit schaukeln. Die dramatische Situation, die Mutter mit zu vollen Stillbrüsten weinend auf der Toilette zu finden, eröffnet das Buch. Der Anfang vom Ende sozusagen, der erschütternde Moment der Einsicht, dass ein Mensch allein nicht die ganze Last der Welt auf den Schultern tragen kann. Auch eine Frau nicht.
Die Leser begleiten Tiffany dabei, wie sie lernt, Aufgaben abzugeben. Das sonntägliche Kochen, verschiedene Planungen, das Sortieren und öffnen der Post. Und dabei zu bleiben. Auch wenn das heißt, dass nach vier Wochen ein Postberg den gesamten Esstisch einnimmt. Der erste und wichtigste Schritt dabei ist der, um Hilfe zu bitten. Und nicht nur um externe Hilfe, sondern auch um die Mitarbeit des Mannes in Haushalt und Kindererziehung. Und dabei deckt die Autorin das Paradox auf, dass viele Frauen sich die Mitarbeit des Partners wünschen – und auch wissen, dass sie sie brauche – sie aber gleichzeitig torpedieren, indem sie alle Aufgaben an sich reißen.
Tiffany muss sich diese Erkenntnis schmerzlich erarbeiten. Auffallend dabei ist: Ihr Mann ist sofort bereit, seinen Teil beizutragen und freut sich sogar, wenn er seine Frau entlasten kann. Indem sie lernt, ihm mehr zu vertrauen, wird sein Selbstbewusstsein in häuslichen Aufgaben gestärkt, die Beziehung der Beiden wird ausgeglichener. Dazu gehört auch, dass Tiffany erkennen muss, dass ihr Gatte keineswegs NICHTS im Haus erledigt hat. Ohne, dass sie es großartig registriert hat, kümmerte er sich beispielsweise um Reparaturen, die Ferienplanung und Darlehensangelegenheiten. Diesen Aspekt fand ich sehr wichtig, denn er zeigt, wie selbstverständlich Tiffany als Ehefrau diese Aufgaben ignoriert hat und damit auch seinen Anteil am gemeinsamen Leben reduziert. Ein gesunder Blick darauf, welche Aufgaben tatsächlich existieren, welche ohne Probleme zu streichen sind und welche wirklich neu justiert werden müssen, ist essentiell für beide Partner.
Für meinen Geschmack startete das Buch aus einem Extrem um den Versuch zu wagen, ins andere zu wandern. So ganz klappt es nicht. Auch wenn Tiffany Dufu ihren Werdegang zu einer Frau, die von Arbeit bis Haushalt mit ihrem Mann gleichberechtigt ist, erzählt, dreht es sich allzu oft um die Ausgangsannahme der Frau, alles alleine stemmen zu müssen. Auch wird die Mitarbeit des Mannes gerade am Anfang als „Hilfe“ beschrieben, dann erst kommt das Umdenken zur gleichmäßigen Verteilung der Aufgaben. In vielen kleinen Momenten wird klar, dass die Autorin immer noch den Perfektionismus sucht. Der ist auch mit Partner nicht zu erreichen, weil unterschiedliche Ansichten in den Details existieren. Das wird angedeutet, die mögliche Problematik dahinter aber runtergespielt. Im Ganzen erscheint mit Tiffany Dufus Bericht fast zu rund. Die richtig große Krise bleibt aus und darauf kann sich eben keine*r verlassen.