- Verlag: Deutsches Jugendinstitut
- Genre: keine Angabe / keine Angabe
- Ersterscheinung: 30.06.2009
- ISBN: 9783935701433
Gender in Kindertageseinrichtungen
Ein Überblick über den Forschungsstand
Anknüpfend an Entwicklungen im Praxisfeld der Kinder- und Jugendhilfe und die aktuellen Diskurse sollen genderbezogene Fragestellungen künftig auch in den Arbeiten der Abteilung „Kinder und Kinderbetreuung“ ein stärkeres Gewicht erhalten. Dazu wurde in einem ersten Schritt die vorliegende Expertise in Auftrag gegeben,
um den Stand der Forschung zur Bedeutung und „Inszenierung“ von Gender in Kindertageseinrichtungen aufzubereiten. Dieser thematischen Fokussierung liegen zwei Annahmen zugrunde:
1. Untersuchungen haben gezeigt, dass die ersten Lebensjahre der Kinder für die Entwicklung ihrer Geschlechtsidentität und für Konstruktions- und Aneignungsprozesse von „Männlichkeit“ und „Weiblichkeit“ eine bedeutende Rolle spielen. Geht man davon aus, dass Kindertageseinrichtungen ein zentrales Strukturierungselement gege
nwärtiger und künftiger Kindheit(en)
darstellen, so sind sie auch ein zentra
ler Ort, an dem solche Konstruktions-
prozesse stattfinden. Die pädagogisc
hen Bezugspersonen und die von ihnen
gestalteten Umwelten haben einen Einfl
uss darauf, wie Kinder sich selbst
als Mädchen oder Jungen wahrnehmen
lernen. Zugleich sind diese Einrich-
tungen auch die erste öffentliche „Bü
hne“, auf der sich Kinder als Jungen
oder Mädchen inszenieren. Auf solche
Konstruktionsprozesse hebt der Beg-
riff des „doing gender“ ab, der zum A
usdruck bringt, dass Geschlecht nicht
etwas Feststehendes, von vornherein Festgelegtes ist, sondern in sozialen
Interaktionen, relational und kontextbez
ogen „hergestellt“ wird. Wie diese
Prozesse im Einzelnen verlaufen, ist bisher jedoch noch wenig erforscht.
2. Für die Konstruktionsprozesse von
Gender spielt hierbei die Tatsache
der Kodierung von Kindertageseinrich
tungen als „gendered institutions“
eine wesentliche Rolle. Diese geschl
echtsbezogene Kodierung kommt unter
anderem in der gesellschaftlichen Fu
nktionszuschreibung, der Dominanz
weiblicher Fachkräfte, der Professiona
lisierungsgeschichte der ErzieherIn-
nen und nicht zuletzt in der Gestaltung der Räume und des pädagogischen
Alltags zum Ausdruck (Rabe-Kleberg
2003). Nicht nur hierzulande, sondern
auch in anderen europäischen Ländern werden vor diesem Hintergrund seit
einiger Zeit kontroverse Diskussione
n insbesondere über die Bedeutung
männlicher Pädagogen in Kindertagese
inrichtungen geführt. Die weithin
fehlende Präsenz von männlichen Bezu
gspersonen wird vor allem als ein
Problem für Jungen gesehen, denen hä
ufig auch in der Familie männliche
Vorbilder fehlen. Dabei sind die Erwa
rtungen an männliche Pädagogen al-
lerdings sehr unterschiedlich, teilwei
se widersprüchlich und längst nicht
immer klar ausgesprochen. Forsch
ungsergebnisse, welche Erwartungen
möglicherweise gerechtfertigt sind un
d welche nicht, fehlen nahezu völlig.
Vor dem Hintergrund dieser skizzierten thematischen Zugänge sollten in
der Expertise drei Themenbereiche bes
onders berücksichtigt werden: (1) die
geschlechtsbezogene Entwicklung in de
r frühen Kindheit, (2) die Bedeutung
Vorwort
9
des Geschlechts der pädagogischen
Bezugspersonen für die Konstruktion
von Gender sowie (3) genderbezogene
Perspektiven sowohl in den Bil-
dungsplänen als auch in der Alltagsp
raxis und in neueren pädagogischen
Ansätzen in Kindertageseinrichtungen. Neben der Darstellung des aktuellen
Forschungsstandes bzw. eines Überblic
ks über den Stand der Praxisentwick-
lung sollten Forschungslücken identifiziert und mögliche Forschungsfragen
formuliert werden. Für die Erstellung der Expertise konnte mit Tim Rohr-
mann ein international ausgewiesener Fachmann gewonnen werden, der sich
nicht nur seit vielen Jahren in zahl
reichen Publikationen mit Genderfragen
in der Pädagogik von Kindertageseinri
chtungen auseinander setzt, sondern
auch engagiert dafür eintritt, männ
lichen Pädagogen den Zugang zum Be-
rufsfeld frühkindlicher Betreuung, Bildung und Erziehung zu erleichtern.
Mit der Veröffentlichung der Expertis
e verbinden wir die Hoffnung, dass
die fundierte Darstellung der unterschiedlichen Forschungszugänge und -
ergebnisse zu „Gender in Kindertage
seinrichtungen“ den Leserinnen und
Lesern nicht nur Orientierung in
einem zumindest in Deutschland noch
wenig systematisch erschlossenen Forschungsfeld bietet, sondern auch zahl-
reiche Denkanstöße für weiterführende Fragen liefert.
um den Stand der Forschung zur Bedeutung und „Inszenierung“ von Gender in Kindertageseinrichtungen aufzubereiten. Dieser thematischen Fokussierung liegen zwei Annahmen zugrunde:
1. Untersuchungen haben gezeigt, dass die ersten Lebensjahre der Kinder für die Entwicklung ihrer Geschlechtsidentität und für Konstruktions- und Aneignungsprozesse von „Männlichkeit“ und „Weiblichkeit“ eine bedeutende Rolle spielen. Geht man davon aus, dass Kindertageseinrichtungen ein zentrales Strukturierungselement gege
nwärtiger und künftiger Kindheit(en)
darstellen, so sind sie auch ein zentra
ler Ort, an dem solche Konstruktions-
prozesse stattfinden. Die pädagogisc
hen Bezugspersonen und die von ihnen
gestalteten Umwelten haben einen Einfl
uss darauf, wie Kinder sich selbst
als Mädchen oder Jungen wahrnehmen
lernen. Zugleich sind diese Einrich-
tungen auch die erste öffentliche „Bü
hne“, auf der sich Kinder als Jungen
oder Mädchen inszenieren. Auf solche
Konstruktionsprozesse hebt der Beg-
riff des „doing gender“ ab, der zum A
usdruck bringt, dass Geschlecht nicht
etwas Feststehendes, von vornherein Festgelegtes ist, sondern in sozialen
Interaktionen, relational und kontextbez
ogen „hergestellt“ wird. Wie diese
Prozesse im Einzelnen verlaufen, ist bisher jedoch noch wenig erforscht.
2. Für die Konstruktionsprozesse von
Gender spielt hierbei die Tatsache
der Kodierung von Kindertageseinrich
tungen als „gendered institutions“
eine wesentliche Rolle. Diese geschl
echtsbezogene Kodierung kommt unter
anderem in der gesellschaftlichen Fu
nktionszuschreibung, der Dominanz
weiblicher Fachkräfte, der Professiona
lisierungsgeschichte der ErzieherIn-
nen und nicht zuletzt in der Gestaltung der Räume und des pädagogischen
Alltags zum Ausdruck (Rabe-Kleberg
2003). Nicht nur hierzulande, sondern
auch in anderen europäischen Ländern werden vor diesem Hintergrund seit
einiger Zeit kontroverse Diskussione
n insbesondere über die Bedeutung
männlicher Pädagogen in Kindertagese
inrichtungen geführt. Die weithin
fehlende Präsenz von männlichen Bezu
gspersonen wird vor allem als ein
Problem für Jungen gesehen, denen hä
ufig auch in der Familie männliche
Vorbilder fehlen. Dabei sind die Erwa
rtungen an männliche Pädagogen al-
lerdings sehr unterschiedlich, teilwei
se widersprüchlich und längst nicht
immer klar ausgesprochen. Forsch
ungsergebnisse, welche Erwartungen
möglicherweise gerechtfertigt sind un
d welche nicht, fehlen nahezu völlig.
Vor dem Hintergrund dieser skizzierten thematischen Zugänge sollten in
der Expertise drei Themenbereiche bes
onders berücksichtigt werden: (1) die
geschlechtsbezogene Entwicklung in de
r frühen Kindheit, (2) die Bedeutung
Vorwort
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des Geschlechts der pädagogischen
Bezugspersonen für die Konstruktion
von Gender sowie (3) genderbezogene
Perspektiven sowohl in den Bil-
dungsplänen als auch in der Alltagsp
raxis und in neueren pädagogischen
Ansätzen in Kindertageseinrichtungen. Neben der Darstellung des aktuellen
Forschungsstandes bzw. eines Überblic
ks über den Stand der Praxisentwick-
lung sollten Forschungslücken identifiziert und mögliche Forschungsfragen
formuliert werden. Für die Erstellung der Expertise konnte mit Tim Rohr-
mann ein international ausgewiesener Fachmann gewonnen werden, der sich
nicht nur seit vielen Jahren in zahl
reichen Publikationen mit Genderfragen
in der Pädagogik von Kindertageseinri
chtungen auseinander setzt, sondern
auch engagiert dafür eintritt, männ
lichen Pädagogen den Zugang zum Be-
rufsfeld frühkindlicher Betreuung, Bildung und Erziehung zu erleichtern.
Mit der Veröffentlichung der Expertis
e verbinden wir die Hoffnung, dass
die fundierte Darstellung der unterschiedlichen Forschungszugänge und -
ergebnisse zu „Gender in Kindertage
seinrichtungen“ den Leserinnen und
Lesern nicht nur Orientierung in
einem zumindest in Deutschland noch
wenig systematisch erschlossenen Forschungsfeld bietet, sondern auch zahl-
reiche Denkanstöße für weiterführende Fragen liefert.
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