Extrem, makaber, aggressiv - Pechmarie findet ihr trauriges Ende (Trigger Warning)
"Sie hatte sich im Gewirr des Lebens verfangen und musste sich befreien."
ICH MOCHTE DIESES BUCH. Wirklich. Es ist eine Anordnung von peinlichen, extrem makaberen, urkomischen, aggressiven Momenten; schräge ...
"Sie hatte sich im Gewirr des Lebens verfangen und musste sich befreien."
ICH MOCHTE DIESES BUCH. Wirklich. Es ist eine Anordnung von peinlichen, extrem makaberen, urkomischen, aggressiven Momenten; schräge Typen und kuriose Gestalten aneinander gereiht, die das Buch zu einer Schwarzen-Humor-Explosion machen. Gemischt mit einer Menge Zweideutigkeit und Vulgarität und Gewalt. Das konnte ich alles ertragen und zwischenzeitlich war das sehr unterhaltsam. Ich werde einfach das Ende ab Kapitel 32 verdrängen, um auch nur halbwegs objektiv zu bleiben.
Das Cover finde ich toll; originell und speziell und einfach mal nicht so 0815. Der Schreibstil war flüssig und leicht, du hast sofort in die Geschichte gefunden. Auch die Entwicklung, nach und nach wurde die Erzähler-Perspektive geändert, hat mich sehr angesprochen. Jede Szene war so absurd und hatte diesen deutschen Unterton - es war einfach so idiotisch komisch. Situationskomik hatte mehrere Höhepunkte in diesem Roman.
Auch die Tatsache, dass der Titel im Laufe der Story immer mehr Sinn ergeben hat ("Malheur" und "großes Mundwerk"), war toll eingearbeitet. Zwischenzeitlich kam mir der Titel wie die Aufmachung von Superhelden-Comics vor und auch das fand ich amüsant. Besonders wortgewandt fand ich Agathe's "Das hab ich gemerkt, du impotentes Arschloch!" und das ständige -boy von Zwerg. Von den Charakteren haben mir am meisten 'ß' und Herr Huck gefallen. Hubertus habe ich am Ende des Romanes so sehr gehasst, dass ich gedanklich 'Du hast noch mehr verdient, als nur den Fakt das Agathe mit dir Schluss gemacht hat!' geschrien habe.
Letztendlich jedoch frage ich mich, was ich mir denn als passendes und realistisches Ende für die Geschichte vorgestellt habe und komme einfach zu keiner Antwort. Meine rosarote Brille und meine Gutmütigkeit standen da wohl im Weg, denn so ein Ende hatte ich sicher nicht erwartet. Für mich, persönlich, war das sehr - um jetzt umgangssprachlich zu sein - krass. Sehr detailliert, sehr brutal und gnadenlos. Mir, als Vertreterin des weiblichen Geschlechts, wurde bei der Beschreibung mehr als nur ein bisschen übel. Ich weiß nicht genau, ob ich darüber hinweg sehen kann. Einerseits stelle ich mir die Geschehnisse als relativ realistisch vor, da so etwas wahrscheinlich passieren könnte, aber andererseits hasse ich es, wenn Frauen - auch wenn nur fiktional - so missbraucht und gedemütigt werden, nur um eine Geschichte in eine gewisse Richtung zu führen. Ein Teil meines Gehirns fragt sich dann immer 'Hättest du dir nicht eine andere Storyline ausdenken können, um deinen Charakter an diese Endstation, an diesen Punkt in der Geschichte zu bringen?'.
Ich weiß nicht genau, wie ich das Buch bewerten soll. Bis zum 32. Kapitel hätte ich es wahrscheinlich 4 Sterne gegeben - jetzt sind es eher 3, weil es einen wunden Punkt bei mir getroffen hat und ich - während ich diese Rezension schreibe - ein schlechtes Gefühl habe, einen unangenehmen Nachgeschmack. Sprachlich fand ich den Roman Eins A; sehr ausdrucksstark, einfach, verständlich, trotzdem anschaulich und nicht stockend, also bin ich ein bisschen im Dilemma und das wird sich wahrscheinlich auch nicht mehr ändern.
PS: I got a free copy in exchange for an honest review (das wollte ich schon immer mal schreiben.)