Fehlende Tiefe(n)
Die Aufmachung vom Auftaktband "Genau jetzt mit dir" von Tine Nell ist wunderschön, vor allem, mit dem farbigen Buchschnitt. Bei der Covergestaltung habe ich mich auf imposante Landschaften und traumhafte ...
Die Aufmachung vom Auftaktband "Genau jetzt mit dir" von Tine Nell ist wunderschön, vor allem, mit dem farbigen Buchschnitt. Bei der Covergestaltung habe ich mich auf imposante Landschaften und traumhafte Naturschauspiele (wie den am Cover abgebildeten Polarlichten) gefreut und mich auf eine bewegende Liebesgeschichte eingestellt, im Laufe derer persönliche Traumata aufgearbeitet werden.
Und im Prinzip habe ich das auch bekommen, jedoch in der Light- Variante. Persönliche Traumata wurden aufgearbeitet und mit einem Fingerstrich (oder spätestens im nächsten Kapitel) ad acta gelegt.
Zusätzlich gibt es in dem Buch einige Aspekte, wo ich mangelnde Recherche vermute. Naturseife, zum Beispiel, die mit Natronlauge gekocht wurde, wird nicht "in den Kühlschrank gelegt und dann sofort nach Hause mitgegeben". Die Umwandlung des Fettes in Seife dauer einige Zeit, so dass Seifen meist nachgeschickt oder zumindest mit einem Warnhinweis versehen werden, damit es nicht zu Verletzungen kommt.
Die Charaktere sind mir auch zu oberflächlich und zu einfach geschickt. Auch, wenn sie große Traumata erlebt haben, so haben diese kaum Auswirkungen auf den Alltag. Ich hätte bei Alma zumindest regelmäßige Albtraume erwartet, Schlafstörungen, Essstörungen, Probleme mit Alkohol und / oder Drogen oder sonst ein ungesundes Verhaltensmuster, das bei verdrängten Problemen meist auftritt. Und dass sie so ein Trauma vor ihrer "immerweisen" Tante und Chefin dauerhaft verstecken kann, wirkt wenig plausibel für mich.
Ebenso gibt es terminliche Ungereimtheiten im Buch - der Hebammenkurs wird für "in einem halben Jahr" angekündigt, einige Kapitel weiter ist das halbe Jahr vergangen und der Kurs ist immer noch in Planung. Entweder habe ich da etwas falsch verstanden - oder das ist auch dem Lektorat durchgerutscht.
Der zweite Stern ist dafür, dass sich das Buch leicht lesen lässt, auch, wenn ich mich zwingen musste, nach der Hälfte noch weiterzulesen.
Das Spannendste an diesem Buch ist die Leseprobe für Band 2, wo auf 10 Seiten mehr Handlung ist als im gesamten Band 1.
Fazit: Eine gute Grundidee, bei der leider so ziemlich alle Chancen vergeben wurden.