Die kleinen und großen Tücken des Erwachsenendaseins
Henriette Liebling ist mit allem nicht so ganz zufrieden – Job, Beziehung, Wohnung, Freunde, dem ganzen Leben. Immer wieder grübelt sie so vor sich hin und kommt nie in die Puschen. Das Leben geht weiter ...
Henriette Liebling ist mit allem nicht so ganz zufrieden – Job, Beziehung, Wohnung, Freunde, dem ganzen Leben. Immer wieder grübelt sie so vor sich hin und kommt nie in die Puschen. Das Leben geht weiter und sie steht herum. Doch eines Tages geraten die Dinge ganz langsam in Bewegung …
Es ist immer nett, wenn ein Autor sein Werk selbst liest. Aber hier stört mich das enorm, denn Tobi Katze spricht eine Frau, eben Henriette Liebling. Das jedoch so typisch männlich, dass ich immer wieder darüber gestolpert bin. Außerdem kommt mir „Henriette“ eine Spur zu depressiv vor. Nicht, dass ich das Problem Depression nicht nachvollziehen könnte und auch weiß ich, dass Tobi Katze unter Depressionen leidet. Nur kommt mir hier zu viel davon rüber und zu wenig „Galgenhumor“ oder Ironie, zu wenig Motivation, zu wenig Selbsthilfe. Der Auftrieb kommt mir persönlich einfach deutlich zu spät – nämlich eigentlich erst ganz am Ende. Möglicherweise wäre das bei einer weiblichen Sprecherin anders transportiert worden. Aber ganz extrem stört mich, dass Tobi Katze die männlichen Parts gern so vorliest, als seien das Frauen und Henriette besonders tief und männlich. Das bringt mich total aus der Spur.
„Frag doch mal Dich, statt irgendwen.“ Eine wunderbare Aussage. Wie so vieles, das der Autor gekonnt anspricht. Ob es nun ist, unsinnigerweise Gegenstände mit Gefühlen zu belegen (an der roten, röchelnden Kaffeemaschine hängen) oder das Telefonat mit dem Verlag oder die Erlebnisse auf dem Arbeitsamt – ja, da wird deutlich gezeigt, wie unschön das Leben sein kann, wie gewisse Positionen ausgenutzt werden und wie auch mal Machtspielchen gespielt werden. Dass aber auch diese Momente irgendwann vorbei sind und/oder witzige Momente oder Aspekte haben, klingt nur ganz ganz leise an. Aber dass man aus Zitronen, die einem das Leben schenkt, nicht zwangsläufig Limonade machen muss, sondern sie auch verschenken und sich Orangen besorgen kann, das ist eine wunderbare Aussage.
Obwohl die verschwurbelten Satzkonstrukte wirklich klasse sind und ihren ganz eigenen Witz haben, steckt ganz viel Depression in diesem Hörbuch. Das zieht runter, das beschwert – dabei würden viele der wunderbaren Wortspiele sich genial dazu eignen, lauthals rauszulachen. Doch die Stimmung ist arg düster. Das ist schade.
Ein Hörbuch, das zwar nicht schlecht ist, aber einfach nicht in meine Bestenliste gehört. Mehr als „gut“ kann ich nicht geben, deshalb drei Sterne.