5,00
€
inkl. MwSt
- Verlag: Germanwatch Nord-Süd Initiative e.V.
- Genre: keine Angabe / keine Angabe
- Seitenzahl: 24
- Ersterscheinung: 10.01.2013
- ISBN: 9783943704082
Schweine im Weltmarkt
... und andere Rindviecher. Klimawirkungen der exportorientierten Landwirtschaft in Deutschland
Die deutsche Agrarpolitik verfolgt seit einigen Jahren
ausdrücklich das Ziel, den Export landwirtschaftlicher
Produkte zu steigern. Angesichts weitgehend gesättigter
Märkte und damit stagnierender Nachfrage
im Inland sind zunehmende Exporte nötig, um ein weiteres
quantitatives Wachstum des Sektors zu ermöglichen.
Die wichtigsten Exportprodukte Deutschlands
sind Milchprodukte, Schweine- und Rindfleisch sowie
Getreide. Die deutschen (Netto-) Exporte von tierischen
Produkten sind in den letzten Jahren deutlich angestiegen.
Die deutsche Landwirtschaft ist auch eine wichtige
Quelle von Treibhausgasen wie Kohlendioxid, Lachgas
und Methan. Bei den letzteren, die um ein vielfaches
klimaschädlicher sind als Kohlendioxid, ist die Landwirtschaft
der wichtigste Emittent. Methan entsteht
überwiegend im Verdauungstrakt von Wiederkäuern,
das noch klimawirksamere Lachgas bei der Umwandlung
stickstoffhaltiger Dünger im Boden – dies gilt für industriell
hergestellte Mineraldünger wie für tierischen
Dung. Die wichtigste Quelle für Kohlendioxid
in der Landwirtschaft ist die Bewirtschaftung organischer
Böden wie Moore. Die gesamten Emissionen aus
der Landwirtschaft machen etwa 11% der deutschen
Treibhausgasemissionen aus. Die Landwirtschaftsministerinnen
und -minister des Bundes und der Länder haben
die Problematik
anerkannt und angekündigt, den
Ausstoß zu reduzieren. Anders als in anderen Sektoren,
gibt es aber keine klare Zielvorgabe.
Um die Emissionen aus der für den Export bestimmten
Produktion zu erheben, wurden zunächst die wichtigsten
Exportprodukte identifiziert und basierend
auf Daten des bundeseigenen Thünen-Instituts die bei
deren Anbau entstehenden Emissionen ermittelt. Dabei
wurden auch die Emissionen aus Vorprodukten wie
Futter- und Düngemitteln einbezogen. Nach dieser
Berechnung lassen sich drei Viertel der Gesamtemissionen
aus der Landwirtschaft der tierischen
Produktion zuordnen, weil sie ganz überwiegend für
die Methanemissonen verantwortlich ist und ihr auch
ein Teil der Emissionen aus dem Ackerbau zuzurechnen
sind, da fast 40% des in Deutschland produzierten
Getreides als Futtermittel verwendet werden. Damit
werden die bei dessen Anbau entstehenden Emissionen
der Tierproduktion ebenso zugerechnet wie die aus
importierten Futtermitteln.
Die Emissionen aus der Exportproduktion wurden ermittelt,
indem der Anteil der Nettoexporte (Exporte
– Importe) an der Gesamtproduktion der wichtigsten
Exportprodukte ermittelt wurde, und ein entsprechender
Anteil der gesamten Emissionen aus der Produktion
dem Export zugerechnet wurde. Für die fünf wichtigsten
Exporte: Milchprodukte, Rind- und Schweinefleisch
sowie Getreide und Kartoffeln ergeben sich damit
Emissionen in Höhe von 18,5 Mio. Tonnen CO2-
Äquivalente, was 14% der gesamten Emissionen aus der
Landwirtschaft entspricht. Angesichts der überragenden
Bedeutung der Tierproduktion für die Emissionen
aus der Landwirtschaft und für den Export überrascht es
nicht, dass über 80% der Emissionen aus der Produk-
tion
für den Export aus diesem Sektor stammen.
Um auf vielen Exportmärken konkurrenzfähig zu sein,
muss sich die Tierproduktion auf größtmögliche Kosteneffizienz
ausrichten. Dies ist einer der Faktoren, die
zu einer zunehmenden regionalen Konzentration der
Schweine- und Hühnerhaltung in Nordwestdeutschland
führen. Dort sind die Treibhausgasemissionen aus der
Landwirtschaft die höchsten in ganz Deutschland und
die Gewässer sind durch Nitrate aus Gülle und Mist belastet.
Hinzu kommt, dass gerade in dieser Region organische
Böden wie Moore besonders häufig vorkommen
und bewirtschaftet werden, was zu besonders hohen
Kohlendioxidemissionen führt.
Das Ziel, die Treibhausgasemissionen aus der Landwirtschaft
zu reduzieren, lässt sich kaum in größerem
Umfang verwirklichen, ohne dass die Tierproduktion
signifikant reduziert wird. Würde sie in einem ersten
Schritt auf ein Niveau begrenzt, das ausreicht, um die
inländische Nachfrage zu decken, ließen sich mit 14%
etwa so viele Treibhausgase in der Landwirtschaft einsparen
wie seit 1990. Wahrscheinlich bedeutender
ist, dass bei einer verringerten Produktion Spielräume
für nachhaltigere, klimafreundlichere landwirtschaftliche
Produktionssysteme entstehen. Ein wirksamer
Schritt wäre, die Bewirtschaftung organischer Böden
drastisch zu reduzieren und letztlich ganz einzustellen.
Der damit einhergehende Produktionsrückgang ließe
sich bei einem weitgehenden Verzicht auf Exporte
leicht verschmerzen. Eine geringere Tierproduktion
würde es zudem ermöglichen, den Import von oft klimaschädlichen
Futtermitteln zu reduzieren und sie
durch Eiweißfutterpflanzen aus heimischem Anbau
zu ersetzen. Da diese als Leguminosen Stickstoff aus
der Atmosphäre binden können, ließe sich auch der
Einsatz von synthetischen Düngemitteln verringern,
deren Produktion sehr energieintensiv ist. Schließlich
haben nachhaltig bewirtschaftete Böden, besonders
Dauergrünland, das Potenzial, als Kohlenstoffsenke zu
dienen. Eine weniger intensive Nutzung, die mit einer
reduzierten Fleisch- und Milchproduktion einhergehen
kann, schafft dafür Möglichkeiten.
5
Die Agrarpolitik muss diese Reduktion von Produktion
und Exporten aktiv vorantreiben. Dazu zählt, sämtliche
Subventionen zu beenden, die Exporte und
Kapazitätsausbau fördern. Dagegen muss die Integration
von Eiweißpflanzen in die Fruchtfolge ebenso effektiv
unterstützt werden wie die standortgerechte
Einleitung
Die deutsche Landwirtschaft und Lebensmittelindustrie
haben sich in den letzten Jahren stärker auf Exporte
ausgerichtet. Diese Entwicklung wird von der Bundesregierung
ausdrücklich begrüßt und unterstützt.
Anders als in den 1980er und 1990er Jahren werden
die Exporte nur noch in Ausnahmefällen durch direkte
Exportsubventionen gefördert. Stattdessen sollen
die deutschen Landwirte durch eine Kombination
aus von der Produktion unabhängigen Direktzahlungen
und Investitionsbeihilfen wettbewerbsfähiger werden.
Beide Instrumente führen dazu, dass die Betriebe
nicht die gesamten Kosten der Produktion aus dem
Verkauf ihrer Produkte decken müssen. Das ermöglicht
es, Agrargüter zu vergleichsweise niedrigen Preisen auf
internationale Märkte zu exportieren oder als Input an
die Lebensmittelindustrie zu verkaufen, die dann wiederum
wettbewerbsfähiger beim Export verarbeiteter
Lebensmittel wird. Seit 2008 sind zudem die
Weltmarktpreise für viele landwirtschaftliche Produkte
deutlich angestiegen, was deutsche Exporte zusätzlich
konkurrenzfähig und lohnend macht.
Ein weiteres Ziel der deutschen Agrarpolitik ist es, die
Emission von Treibhausgasen aus der Landwirtschaft
zu reduzieren. Der seit Beginn der 1990er Jahre zu beobachtende
Rückgang der Emissionen ist – wie in anderen
Sektoren auch – vor allem auf den Strukturwandel
nach der deutschen Wiedervereinigung zurückzuführen.
Um weitere Reduktionen zu erreichen, ist daher
zu prüfen, ob die Ausrichtung der Landwirtschaft auf
Konkurrenzfähigkeit am Weltmarkt und die damit einher
gehende Steigerung der Produktion der zu exportierenden
Produkte mit den Zielen des Klimaschutzes
kompatibel ist. Mit der vorliegenden Studie soll eine
entsprechende Diskussion in Gang gesetzt werden,
indem die derzeit verfügbaren Informationen zu den
Klimawirkungen der Agrarexporte zusammengestellt
und bewertet werden.
Weidehaltung. Langfristig sollte die Tierhaltung an die
im Betrieb verfügbaren landwirtschaftlichen Flächen
gebunden werden, um einer zu starken regionalen
Konzentration der Tierhaltung entgegen zu wirken, und
Nährstoffkreisläufe schon auf Betriebsebene besser zu
schließen.
ausdrücklich das Ziel, den Export landwirtschaftlicher
Produkte zu steigern. Angesichts weitgehend gesättigter
Märkte und damit stagnierender Nachfrage
im Inland sind zunehmende Exporte nötig, um ein weiteres
quantitatives Wachstum des Sektors zu ermöglichen.
Die wichtigsten Exportprodukte Deutschlands
sind Milchprodukte, Schweine- und Rindfleisch sowie
Getreide. Die deutschen (Netto-) Exporte von tierischen
Produkten sind in den letzten Jahren deutlich angestiegen.
Die deutsche Landwirtschaft ist auch eine wichtige
Quelle von Treibhausgasen wie Kohlendioxid, Lachgas
und Methan. Bei den letzteren, die um ein vielfaches
klimaschädlicher sind als Kohlendioxid, ist die Landwirtschaft
der wichtigste Emittent. Methan entsteht
überwiegend im Verdauungstrakt von Wiederkäuern,
das noch klimawirksamere Lachgas bei der Umwandlung
stickstoffhaltiger Dünger im Boden – dies gilt für industriell
hergestellte Mineraldünger wie für tierischen
Dung. Die wichtigste Quelle für Kohlendioxid
in der Landwirtschaft ist die Bewirtschaftung organischer
Böden wie Moore. Die gesamten Emissionen aus
der Landwirtschaft machen etwa 11% der deutschen
Treibhausgasemissionen aus. Die Landwirtschaftsministerinnen
und -minister des Bundes und der Länder haben
die Problematik
anerkannt und angekündigt, den
Ausstoß zu reduzieren. Anders als in anderen Sektoren,
gibt es aber keine klare Zielvorgabe.
Um die Emissionen aus der für den Export bestimmten
Produktion zu erheben, wurden zunächst die wichtigsten
Exportprodukte identifiziert und basierend
auf Daten des bundeseigenen Thünen-Instituts die bei
deren Anbau entstehenden Emissionen ermittelt. Dabei
wurden auch die Emissionen aus Vorprodukten wie
Futter- und Düngemitteln einbezogen. Nach dieser
Berechnung lassen sich drei Viertel der Gesamtemissionen
aus der Landwirtschaft der tierischen
Produktion zuordnen, weil sie ganz überwiegend für
die Methanemissonen verantwortlich ist und ihr auch
ein Teil der Emissionen aus dem Ackerbau zuzurechnen
sind, da fast 40% des in Deutschland produzierten
Getreides als Futtermittel verwendet werden. Damit
werden die bei dessen Anbau entstehenden Emissionen
der Tierproduktion ebenso zugerechnet wie die aus
importierten Futtermitteln.
Die Emissionen aus der Exportproduktion wurden ermittelt,
indem der Anteil der Nettoexporte (Exporte
– Importe) an der Gesamtproduktion der wichtigsten
Exportprodukte ermittelt wurde, und ein entsprechender
Anteil der gesamten Emissionen aus der Produktion
dem Export zugerechnet wurde. Für die fünf wichtigsten
Exporte: Milchprodukte, Rind- und Schweinefleisch
sowie Getreide und Kartoffeln ergeben sich damit
Emissionen in Höhe von 18,5 Mio. Tonnen CO2-
Äquivalente, was 14% der gesamten Emissionen aus der
Landwirtschaft entspricht. Angesichts der überragenden
Bedeutung der Tierproduktion für die Emissionen
aus der Landwirtschaft und für den Export überrascht es
nicht, dass über 80% der Emissionen aus der Produk-
tion
für den Export aus diesem Sektor stammen.
Um auf vielen Exportmärken konkurrenzfähig zu sein,
muss sich die Tierproduktion auf größtmögliche Kosteneffizienz
ausrichten. Dies ist einer der Faktoren, die
zu einer zunehmenden regionalen Konzentration der
Schweine- und Hühnerhaltung in Nordwestdeutschland
führen. Dort sind die Treibhausgasemissionen aus der
Landwirtschaft die höchsten in ganz Deutschland und
die Gewässer sind durch Nitrate aus Gülle und Mist belastet.
Hinzu kommt, dass gerade in dieser Region organische
Böden wie Moore besonders häufig vorkommen
und bewirtschaftet werden, was zu besonders hohen
Kohlendioxidemissionen führt.
Das Ziel, die Treibhausgasemissionen aus der Landwirtschaft
zu reduzieren, lässt sich kaum in größerem
Umfang verwirklichen, ohne dass die Tierproduktion
signifikant reduziert wird. Würde sie in einem ersten
Schritt auf ein Niveau begrenzt, das ausreicht, um die
inländische Nachfrage zu decken, ließen sich mit 14%
etwa so viele Treibhausgase in der Landwirtschaft einsparen
wie seit 1990. Wahrscheinlich bedeutender
ist, dass bei einer verringerten Produktion Spielräume
für nachhaltigere, klimafreundlichere landwirtschaftliche
Produktionssysteme entstehen. Ein wirksamer
Schritt wäre, die Bewirtschaftung organischer Böden
drastisch zu reduzieren und letztlich ganz einzustellen.
Der damit einhergehende Produktionsrückgang ließe
sich bei einem weitgehenden Verzicht auf Exporte
leicht verschmerzen. Eine geringere Tierproduktion
würde es zudem ermöglichen, den Import von oft klimaschädlichen
Futtermitteln zu reduzieren und sie
durch Eiweißfutterpflanzen aus heimischem Anbau
zu ersetzen. Da diese als Leguminosen Stickstoff aus
der Atmosphäre binden können, ließe sich auch der
Einsatz von synthetischen Düngemitteln verringern,
deren Produktion sehr energieintensiv ist. Schließlich
haben nachhaltig bewirtschaftete Böden, besonders
Dauergrünland, das Potenzial, als Kohlenstoffsenke zu
dienen. Eine weniger intensive Nutzung, die mit einer
reduzierten Fleisch- und Milchproduktion einhergehen
kann, schafft dafür Möglichkeiten.
5
Die Agrarpolitik muss diese Reduktion von Produktion
und Exporten aktiv vorantreiben. Dazu zählt, sämtliche
Subventionen zu beenden, die Exporte und
Kapazitätsausbau fördern. Dagegen muss die Integration
von Eiweißpflanzen in die Fruchtfolge ebenso effektiv
unterstützt werden wie die standortgerechte
Einleitung
Die deutsche Landwirtschaft und Lebensmittelindustrie
haben sich in den letzten Jahren stärker auf Exporte
ausgerichtet. Diese Entwicklung wird von der Bundesregierung
ausdrücklich begrüßt und unterstützt.
Anders als in den 1980er und 1990er Jahren werden
die Exporte nur noch in Ausnahmefällen durch direkte
Exportsubventionen gefördert. Stattdessen sollen
die deutschen Landwirte durch eine Kombination
aus von der Produktion unabhängigen Direktzahlungen
und Investitionsbeihilfen wettbewerbsfähiger werden.
Beide Instrumente führen dazu, dass die Betriebe
nicht die gesamten Kosten der Produktion aus dem
Verkauf ihrer Produkte decken müssen. Das ermöglicht
es, Agrargüter zu vergleichsweise niedrigen Preisen auf
internationale Märkte zu exportieren oder als Input an
die Lebensmittelindustrie zu verkaufen, die dann wiederum
wettbewerbsfähiger beim Export verarbeiteter
Lebensmittel wird. Seit 2008 sind zudem die
Weltmarktpreise für viele landwirtschaftliche Produkte
deutlich angestiegen, was deutsche Exporte zusätzlich
konkurrenzfähig und lohnend macht.
Ein weiteres Ziel der deutschen Agrarpolitik ist es, die
Emission von Treibhausgasen aus der Landwirtschaft
zu reduzieren. Der seit Beginn der 1990er Jahre zu beobachtende
Rückgang der Emissionen ist – wie in anderen
Sektoren auch – vor allem auf den Strukturwandel
nach der deutschen Wiedervereinigung zurückzuführen.
Um weitere Reduktionen zu erreichen, ist daher
zu prüfen, ob die Ausrichtung der Landwirtschaft auf
Konkurrenzfähigkeit am Weltmarkt und die damit einher
gehende Steigerung der Produktion der zu exportierenden
Produkte mit den Zielen des Klimaschutzes
kompatibel ist. Mit der vorliegenden Studie soll eine
entsprechende Diskussion in Gang gesetzt werden,
indem die derzeit verfügbaren Informationen zu den
Klimawirkungen der Agrarexporte zusammengestellt
und bewertet werden.
Weidehaltung. Langfristig sollte die Tierhaltung an die
im Betrieb verfügbaren landwirtschaftlichen Flächen
gebunden werden, um einer zu starken regionalen
Konzentration der Tierhaltung entgegen zu wirken, und
Nährstoffkreisläufe schon auf Betriebsebene besser zu
schließen.
Meinungen aus der Lesejury
Es sind noch keine Einträge vorhanden.