Bewegte Lebensgeschichte
Die Schülerin Anja jobbt bei Lili als Gesellschafterin, um ihr Taschengeld aufzubessern. Das Engagement hat ihr Vertrauenslehrer ihr vermittelt. Beide Frauen trennen viele Lebensjahrzehnte und dadurch ...
Die Schülerin Anja jobbt bei Lili als Gesellschafterin, um ihr Taschengeld aufzubessern. Das Engagement hat ihr Vertrauenslehrer ihr vermittelt. Beide Frauen trennen viele Lebensjahrzehnte und dadurch natürlich auch der Erfahrungsschatz des Lebens. Dennoch finden Beide nach und nach in Zuneigung zueinander, denn es gibt auch verbindende Elemente, sie plagen sich mit Schuldgefühlen und innerer Zerrissenheit herum.
In verschiedenen Handlungssträngen erzählt Tom Saller einfühlsam aus dem Leben der Frauen. Größtenteils geht es um ältere Lili, die als 6-jährige ihre Mutter verlor und allein vom Vater aufgezogen wurde. Durch den guten Freund der Familie (ein Halbjapaner) erhält Lili außergewöhnliche Lebenseinblicke und entwickelt besondere Vorlieben, unter anderem für Porzellan, Malerei, Tee und Gärtnern. Sie wächst in Berlin auf, macht eine Ausbildung zur Porzellanmalerin und flieht vor den Nazis nach Amerika. Nach persönlichen Verlusten kehrt sie zurück in das Haus der Familie in Charlottenburg.
Das Alles wird in einzelnen Abschnitten, die nicht chronologisch sind, erzählt, dabei werden viele unterschiedliche Details eingeflochten, z.B. zu dem Themen Porzellan, Religion, Nationalsozialismus, Teezeremonien. Die Sequenzen zu Lili wechseln sich mit denen über Anja ab, die als Schülerin und Tochter von Eltern in Scheidung Probleme hat, die sie u.a. mit einem Therapeuten bespricht.
Beide Frauen unterscheiden sich aufgrund ihres Alters und ihrer Bildung sehr durch ihre Sprache, die gut getroffen wurde. Dass sie von unterschiedlichen Sprecherinnen gelesen wurden, machte das Ganze perfekt. Tom Saller hat hier sehr authentische und interessante Charaktere geschaffen, denen man gerne zuhört und die man voller Neugier begleitet. Die vielen unterschiedlichen Sachthemen sind wirkungsvoll eingeflochten, jedoch so behutsam, dass sie die Handlung nicht überfrachten. Anja und Lili können aus der neu gewonnen Freundschaft einen Nutzen ziehen und sich weiterentwickeln, das zu Erleben war schön.
Eine schöne nachdenkliche Geschichte, die ich bei Gelegenheit ein zweites Mal hören werde und auch gerne weiterempfehle. Eva Meckback und Nina Lilith Völsch haben das Buch einfühlsam eingelesen und Lili und Anja wirklich mit Leben erfüllt.