"Das Meer ist zu schön für mich" (S. 10)
"Die Lichter unter uns" begleitet zwei Familien beim Sizilienurlaub und rückt dabei vor allem zwei in den Fokus: Anna, die den Boden unter sich schwanken spürt und die sich nach etwas sehnt, das sie nicht greifen kann, und Alexander, der vor sich selbst davon zu laufen scheint und der Anna um ihr Familienleben beneidet.
In diesem Roman wird eine Stimmung transportiert, die ziemlich intensiv ist, und das gelingt auch echt gut. Es ist ein Gefühl von Aussichtslosigkeit und Sehnsucht nach – irgendetwas, das nicht in Worte, das nicht einmal in Gedanken zu fassen ist. Mein Problem damit war nur, dass ich selbst mich mit diesem Gefühl in der Situation nicht identifizieren konnte, was vielleicht auch daran liegt, dass ich von einer eigenen Familie noch weit entfernt bin. Trotzdem würde ich von einem Buch erwarten, dass es in der Lage ist, mich selbst in die Gedankenwelt der Protagonisten zu versetzen, und das ist hier einfach nicht passiert.
"Gleichzeit fürchtete er das Todesurteil, das in einer offiziellen Ablehnung gelegen hätte. Denn so konnte er sich an guten Tagen der Illusion hingeben, dass er eines Tages wie durch ein Wunder plötzlich einen großen Spring machen würde in den Kreis der Auserwählten, dass er lediglich wartete, bis die Zeit und seine Ideen reif waren." (S. 80)
Die Sprache, die an vielen Stellen gelobt wird, kam mir stellenweise aufgesetzt und gewollt vor. Metaphern, die ich eigentlich ganz schön fand, wurden ein kleines bisschen zu lang ausgebreitet; die Sätze schienen manchmal kompliziert zu sein, nur um kompliziert zu sein. Gefallen hingegen haben mir Momente, in denen zwischenmenschliche Komponenten der Beziehungen ihre Entsprechung in der Sprache und Wortwahl fanden.
"Sie streckte die Hand aus und reichte Judith das glatte, verschlossene Päckchen." (S. 139)
"Im Moment stellte sich Zoe Alexanders Seele vor wie ein Kind, das in seinem Zuhause zum ersten Mal Haarrisse an der Decke bemerkte." (S. 141)
„Die Lichter unter uns“ steigt mitten in das Leben der Protagonisten ein und verlässt es ebenso unvermittelt wieder, ohne einen griffigen Abschluss gefunden zu haben. Das macht ihn beinahe so unbefriedigend wie das Leben selbst es ist.